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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1952-04/0015
Die Markgrafschaft

13

Unser Turnhälleli

In dem Aufsatz „An unsere Auslandsmüllemer"
(Heft 1/52) wurde auch das Turnhälleli „gestreift".
Heute soll es nun wieder einmal zu Ehren kommen
. Der Fischer Fritz hat diesmal zwar den
Stichel mit dem Kohlenstift vertauscht, aber er
versteht sein „Metier" so gut, daß er sich's wohl
leisten kann, das Handwerkszeug zu wechseln.

Was uns Müllemer das Turnhälleli bedeutet,
braucht eigentlich keine besondere Unterstreichung
. Uns Untermüllheimern ist es
schlechthin das Wahrzeichen der Heimat.
Im Schatten der mächtigen Kastanienbäume
haben wir als Kinder gespielt
oder den Turnern bei ihren Übungen
zugesehen. Das heimelige Kirchlein mit
seinem eigenartigen Zwiebeltürmchen und
dem schönen Platz ist ein Schmuck
unserer Stadt, und wir könnten uns gar
nicht denken, daß es einmal anders sein
könnte.

Gerade jetzt, wo der Frühling seinen
Blütenschleier über unser Tal gelegt hat
und in verträumten Gärten die Nachtigallen
mit ihrem sehnsuchts- und liebevollen
Lied die Nächte füllen, will auch
das Turnhälleli sich schmücken. Die
Kastanienbäume auf dem Platz haben
sich in zartes Grün gekleidet und schik-
ken sich an, ihre weißen und rosafarbenen
Blütenkerzen aufzustecken. Auch die
Fliedersträuche den Hag entlang haben
sich herausgeputzt, und es wird nicht
mehr lange währen, bis sich ihre feinduftenden
Blütentrauben dem Licht erschließen
. Wie im Märchen schaut alles
unter den alten Kastanien drein. Ganz
verträumt, aber auch ganz vertraut.

Das Turnhälleli selbst ist freilich nicht
mehr ganz dasselbe. Es ist mit uns älter
geworden, und sein Aussehen läßt sehr
zu wünschen übrig. Der Verputz ist z. T.
abgewaschen und verwittert und das
Türmli und das Dach haben es dringend
nötig, sich beim Zimmermann und Maurer
ein neues Gewand zu bestellen. Die
langen Deckenbalken hat der Wurm rund
gefressen und am Gebälk des Dachstuhls
haben zwei Jahrhunderte ihre Spuren
hinterlassen.

Js Huus wird alt und wüest:

Der Rege wäscht der's wüester alli Nacht,

und d'Sunne bleicht der's schwärzer alli Tag,

und im Vertäfer popperet der Wurm.

Es regnet no dur d'Bühni ab,

es pfiift der Wind dur d'Chlimse ..."

sagt J. P. Hebel in dem Gedicht „Vergänglichkeit".

Das Glöcklein schweigt schon einige Jahre
und steht verstaubt unter dem Dach, weil
der morsche Glockenstuhl es nicht mehr tragen
will; auch die Räder der Uhr sind
stehen geblieben. Gerade als wäre mit der alten'
Uhr und dem noch älteren Glöckle die Zeit
stillgestanden, so totenstill ist's nun im Türmchen.

Das handgeschmiedete Schild am Uhrengestell mit
dem Namen des Meisters Samuel Gise 1794, dem
ersten Uhrmacher in Müllheim, dem Ortswappen
in rot und einigen weiteren großen Buchstaben,
die wohl die Namen der Stifter angeben, ist
leider verschwunden. Bald werden sich vielleicht
auch unberufene Hände am Uhrwerk vergreifen,
wenn nicht in Bälde von Seiten der Stadt Vorkehrungen
getroffen werden, dieses Kleinod uns

zu erhalten. Auch der Klöppel fehlt, aber der
eiserne Hammer, der einst die Stunden schlug,
ist noch da und auch die dazugehörige einfache
Hebelvorrichtung ist vorhanden. Die schlicht verzierte
Krone, in der das Glöcklein hing, trägt die
Inschrift:

„Herr Christian Willin, Vogt,

Herr Christoffel Frei, Stabhalter in Millen.

Onofrion Roth goß mich in Basel 1691".

Was hat doch dieses Glöcklein seit seiner
Geburtsstunde in Basel nicht alles erlebt! — In
Krieg und Frieden hat es sein ehernes Stimmlein
erschallen lassen und hat Katholiken und
Protestanten in gleicher Weise und Treue gedient.


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