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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1952-05/0007
Die Markgrafschaft

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Johann Peter Hebel als Schulmann

Von Oberstudiendirekor Dr. Josef Kiek

Die einzige in ihrer ursprünglichen Form noch
erhaltene Erinnerungsstätte an Hebel in Lörrach
ist das heute nach ihm benannte humanistische
Gymnasium in der Baslerstraße 143; denn die
Stadtkirche in ihrer heutigen Anlage stammt erst
von 1817. In dem schlichten Bau, ehemals
Kapitelhaus genannt, wohnte und lehrte unser
Heimatdichter von 1783 bis 1791 und bildete sich
hier zu der Lehrerpersönlichkeit, die später
immer wieder die liebevolle Anhänglichkeit seiner
Schüler zu wecken verstand.

Der Lörracher Präzeptoratsvikar war ein
Mann mit hellem Verstand, ein Lehrer, der die
Fähigkeit hatte, alles vom Kinde her zu sehen,
auch schwierige Gegenstände einfach zu erhellen
und faßlich darzustellen. Das beweisen uns die
bemerkenswert klugen Gedanken, die der Dreißigjährige
im Oktober 1790 auf Anregung des
Prorektors Zandt über den Lateinunterricht niedergelegt
hat, und die dem Oberkirchenrat zwar
eingereicht wurden, aber in dessen Akten verschwanden
, ohne Folgen zu zeitigen. Da lesen
wir denn, daß man dem jugendlichen Schüler
„alles so einfach als möglich machen sollte", daß
dann aber auch ,,die lateinische Sprache eine der
leichtesten sei wegen ihrer großen Regelmäßigkeit
". Der Verfasser hebt darauf ab, daß Kinder
mit jedem neuen Wort auch einen neuen Begriff
erwerben, und daß also ihr Interesse vom bekannten
auf den unbekannten Gegenstand und
dann erst auf das Wort gelenkt werde. Vom
Deutschen muß man in jedem Falle ausgehen,
vom Vertrauten zum Neuen fortschreiten. „Es
wäre wohl ein demütigender Vorwurf für unser
pädagogisches. Zeitalter", wenn das nicht gelänge.
Diesen Grundsätzen ist Hebel später als Professor
wie als Lyzeumsdirektor treu geblieben. 1804
berichtet er an Schneegans, er lerne schwedisch,
„weil es für einen Lehrer der Jugend gar heilsam
ist, wenn er sich von Zeit zu Zeit wieder
die eigene Erfahrung macht, daß es doch schwerer
sei, etwas Unbekanntes zu lernen als etwas Bekanntes
zu lehren". Hebel hat immer mit seinen
Schülern gelernt, ja von ihnen gelernt. Noch kurz
vor seinem Tode beschäftigt er. sich eingehend
mit seinem elfjährigen Hausgenossen Oswald
Hauffe und berichtet „wir lernen viel voneinander
". Unterrichten war seine Leidenschaft, so

Mißverstand

V

Im 90er Krieg, als der Rhein auf jener Seite
von französischen Schildwachen, auf dieser Seite
von schwäbischen Kreissoldaten besetzt war, rief
ein Franzos zum Zeitvertreib zu der deutschen
Schildwache herüber: „Filu! Filu!" Das heißt
auf gut deutsch: Spitzbube. Allein der ehrliche
Schwabe dachte an nichts so Arges, sondern
meinte, der Franzose frage: Wieviel Uhr? und
gab gutmütig zur Antwort: „Halber viuri!"

J. P. Hebel

daß er 1804 an Engler schreibt: „Wenn man das
Informieren einmal angefangen hat, ist man wie
behext und kann sich nimmer von der süßen
Plage losmachen". Daher macht ihn als Direktor
die Beschäftigung mit Papier und Aktenkram
auch so unzufrieden (an Hitzig 1811). Hebels
Lieblinge waren nicht die Musterknaben, sondern
die munteren Naturburschen, die auch einmal
einen Streich verübten; ja, schwieriger und
gefährdeter junger Leute nahm er sich besonders
verständnisvoll an. Den Fehler vieler Lehrer,

Hebelmähli - Hebeltag

Z' Huuse hennt ihr 's Hebelmähli:
Basler Stiftig, alte Bruuch;
in dem Heimetdorf im Täli
gspürt me heimelige Huuch
vo der Muetter, wo-n-allei isch
un ab ihrem Büebli froh.
Un sowie drum zehte Mai isch,
mueßi halt uf Huuse choo.

Z' Löörech, wo-n-er als Vikari
gsi isch, henn sie Hebeltag.
Isch das öbbe Larifari?
großi Tön un Trummleschlag?

Do im Stille, dort im Wite,
wie de Hebel wachst un wirkt.
Freu' di, daß in schwere Zite
's Volch an's Hebels Chaare'schürkt.
Isch das öbbe zuem Vergruuse?
Umzug, Trachte, Volch un Gäst?
's Hebelmähli lön mer z'Huuse —
z' Lörrech hemmer 's Hebelfest.

Richard Nutzinger

den Autoritätsfimmel und die übertriebene Ichbezogenheit
, kannte er seiner ganzen Natur nach
nicht; er konnte sich selbst ironisieren. Das
Glimpfliche, Gütige und Vermittelnde zog er
allzeit dem Schroffen und Strengen vor. So erwarb
er sich Liebe und Verehrung allenthalben.
Dem bedeutenden Philologen Nüßlin, seinem,
Schüler, hat Hebel „das Beispiel eines frohen
Schulmannes" gegeben. Daß er mehr war als
ein Schulmann, daß er ein Lehrer des Volkes
war wie selten einer, zeigen seine Gedichte und
Kalendergeschichten. Als das Konsistorium in
Karlsruhe Hebel zum Redaktor des Kalenders
bestimmte, der ihn weit bekannt machen sollte,
bescheinigte ihm dieses Gremium (14. 1. 1807)
„daß er insbesondere die seltene Gabe, das Volk
auf eine angenehme und faßliche Art zu belehren
, in einem vorzüglichen Grade besitzt".


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