http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1952-06/0007
Die Markgrafschaft
5
Die deutschen Männer hält Antonio de Beatis
für recht kriegerisch. Sie seien in der Regel groß,
stark und von lebhafter Gesichtsfarbe und trügen
von Jugend an Waffen. Jede Stadt und jedes
Dort habe seinen Schießplatz, wo man sich an
Festtagen im Armbrust- und Büchsenschießen
übe. — Rühmend hebt der Italiener den eifrigen
Kirchenbesuch von Frauen wie Männern hervor.
Man spreche in Deutschland während des Gottesdienstes
nicht von Geschäften oder unterhalte
sich sonst miteinander, wie es in Italien üblich
sei; man richte vielmehr seine Aufmerksamkeit
mehr auf den Gottesdienst, und beim Gebet kniet
man nieder. Mehrfach stellt so de Beatis Vergleiche
an zwischen dem religiösen Leben in
Italien und in Deutschland. Besonders aufgefallen
sind ihm die schönen deutschen Kirchen mit
ihren hohen, spitzen Kirchtürmen, mit schönen
Glasfenstern und den mit verschiedenfarbigen,
glänzenden Tonplättchen gedeckten Dächern. Er
vergleicht mit diesen schön erhaltenen deutschen
Kirchen die italienischen, welche häufig recht
baufällig waren, und bricht in die Klage aus:
„Wenn ich daran denke, wieviele arme Kirchen
in Italien ganz in Verfall geraten, so beneide ich
diese Länder nicht wenig und empfinde im
innersten Herzen Schmerz über das geringe Maß
von Religion, das man bei uns Italienern findet!"
Den deutschen Landstraßen entlang sind dem
italienischen Reisenden die vielen steinernen,
hölzernen oder eisernen Kreuze aufgefallen, sowie
Bildstöcke und Marterl. Besonders in der
Nähe von Ansiedlungen standen hohe Kruzifixe
mit den Schächern zur Seite, was — wie Antonio
de Beatis berichtet — zugleich Schrecken und
Andacht erweckte. Und neben den Kreuzen standen
auf den Hügeln im Umkreis der Städte und
Dörfer unzählige Galgen und Räder. Die Galgen
waren nach Angabe unseres Berichterstatters
recht prunkvoll hergestellt! „Sie waren aber
nicht nur mit Zieraten versehen, sondern auch
mit gehenkten Männern und Frauen!" Der
Italiener lobt bei dieser Gelegenheit die äußerst
strenge Rechtspflege, die in Deutschland gehandhabt
werde. Ohne dieselbe könne man aber auch
im Reiche gar nicht existieren, da freches Raubgesindel
sich auf dem Lande herumtreibe und
die Reisenden belästige. So bekam die Reisegesellschaft
denn auch bei ihrer Abreise aus Ulm
eine starke Bedeckung mit auf den Weg, welche
sie gegen eine Räuberbande schützen sollte, die
damals gerade die Umgebung der Reichsstadt
unsicher machte.
Die wenigen, mitgeteilten Auszüge aus der
Reisebeschreibung des Antonio de Beatis haben
gezeigt, wie scharf des Italieners Blick die
Eigenart deutschen Landes und deutscher Sitten
erfaßt hat. Besonders interessant ist das unparteiische
Urteil über das religiöse Leben in
Deutschland im Reformationsjahr 1517.
Was der Oberforstmeister Karl Ludwig Magnus Freiherr von Stetten
in seiner Vaterstadt Kandern erlebte (1756—1818)
Die Markgrafen hatten ihre v Residenz nach
Sulzburg und später nach Durlach verlegt. In der
alten Heimat vertrat sie der Landvogt, der auf
Rötteln wohnte, bis nach der Zerstörung der
Burg Rötteln die ganzen Behörden nach Lörrach
zogen. Nur der markgräfliche Forstmeister hatte
schon früh seinen Wohnsitz in Kandern, wo 1589
ein Bauplatz für einen Forstmeister gekauft worden
war. Unter den Schlössern, die Markgraf
Friedrich VI. nach dem 30jährigen Kriege wieder
in bewohnbaren Zustand setzen ließ, befand sich
auch das Kanderner Forsthaus. Es waren durchweg
Herren von Adel, die als Forstmeister damals
einen weit größeren Bezirk zu verwalten hatten
als heute. Tage hoher Weidmannsfreuden und
Nächte männerfällenden Armbeinkrümmens hat
das alte Kanderner Forsthaus gesehen; die „goldene
Sau" und das zu ihr gehörende ,,Willkommbuch
" legen Zeugnis davon ab. Dieses Willkommbuch
gab auch z. T. die Unterlage für die folgenden
Darstellungen.
Im Jahre 1748 kam Carl Ernst Ludwig von
Stetten als Forstmeister nach Kandern. Ein späterer
Eintrag im Kirchenbuch bezeichnet ihn als
Ihro Gnaden Herr Baron C. E. L. von Stetten,
Kammer - Junker und Forstmeister und Oberbergwerksinspektor
. Seine Gattin war die Hoch-
wohlgeborene Frau Hadriana Friderica geborene
von Goeler. Unter den neun Kindern des Ehepaares
sind zwei Söhne gewesen: der am 19. Juni
1756 geborene Carl Ludwig Magnus und der am
19. Januar 1764 geborene Friedrich Gustav. Von
1750 bis 1776 gab der Spezial Welper den Kindern
der Dienerschaft und mehrerer Bürger von
Kandern Unterricht nicht nur in Latein, sondern
auch in andern Fächern, um sie auf das Studium
vorzubereiten. Ob die beiden Söhne des Herrn
Baron daran teilgenommen oder ob sie einen
Privatlehrer hatten? Jedenfalls kam Karl Ludwig
Magnus schon mit 12 Jahren in Markgräflich
Baden-Durlachische Dienste als Page. Mit achtzehn
Jahren kam er zum Forstwesen und zehn
Jahre später war er Forstmeister zu Kandern.
Das kam daher, daß der Forstmeister von Adelsheim
, der Nachfolger seines Vaters, schon 1784
im Alter von 42 Jahren starb. Es kam unverhofft
für den jungen Forstmeister. Deshalb schrieb er
in das Willkommbuch als ersten Eintrag die
Worte: ,,Unverhofft kommt oft. Da ich mich
zwölf Jahre nach dem Tode meines seligen Herrn
Vaters als dermaliger Oberforstmeister in dieses
ehrwürdige Altertum einschreiben konnte".
Sein jüngerer Bruder Friedrich Gustav hatte
die militärische Laufbahn eingeschlagen. Er war
Kommandeur des 4. Inf.-Regiments 1806 in den
Kämpfen gegen Preußen und erhielt als erster
badischer Offizier das Ritterkreuz des Karl
Friedrich Militärverdienstordens und später das
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1952-06/0007