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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1952-06/0016
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Die Markgrafschaft

an der linken Kopfseite von Skelett Nr. 2. Rest
eines kleinen Topfes, in dem der Tote wohl Speis
und Trank vorfinden sollte. — Immerhin, die
Ur-Einwohner (Ur-Chümmispalter) Niederweilers
sind gefunden. Sie mögen im 6. oder 7. Jahrhundert
gelebt haben. Dann wurden sie zum
Christentum bekehrt und die Priester verboten
die Bestattungen in Reihen- und Plattengräbern
sowie die Zufügung von Grabbeigaben. Die Toten
mußten bei der Kirche bestattet werden (Kirchhof
, Gottesacker). Ums Jahr 730 scheinen die
Alemannen alle (?) Christen gewesen zu sein und
die Siedler von Niederweiler mußten wohl ihre
Toten zur uralten Kirche von Badenweiler bringen
. Die Obereggener mußten um diese Zeit mit
ihren Verstorbenen nach Bürgeln hinauf.

Wir kommen zum Schluß. Maßgebende Rebbauern
von Niederweiler wünschen, daß das Reb-

Ortsschelle, Pudel und

„Belim, belim, belim", so klang vor Jahrzehnten
die Ortsschelle durch Kandern. Morgens um
acht Uhr fing der Ortsgewaltige an, die städtischen
Bekanntmachungen auszuschellen, von der
Oberstadt zur Unterstadt, von der Hinterstadt
zur Außerstadt. Niemand soll aber glauben, daß
der Ortsgewaltige etwa der Bürgermeister gewesen
sei. Der, den ich meine, war der „Polizei-
Meyer", kurzweg auch „der Polizei" genannt.
Ein großer, breitschultriger Mann mit buschigen
Augenbrauen, kleinem, rundem Bart und einem
mächtigen „Schnauz", so stand er da und ließ die
amtlichen Sätze schwer und polternd über die
Lippen fallen. Wir Kinder verstanden immer nur
„bram-, bram-, bram" und eilten dann zu Vater
oder Mutter: „Was het er uusgschellt?" Er stand
da, das ist aber nicht ganz richtig ausgedrückt;
denn er stand nicht ruhig und breitbeinig, sondern
wippte mit geschlossenen Füßen auf und
ab. Das machte uns Kindern einen Mordsspaß;
aber wir hätten nicht gewagt, ihn in seiner
Gegenwart auszuspotten.

Meyer hielt auf Ordnung und gesittetes Betragen
der Jugend. Wenn wir beim „Fangis" oder
„Suechis" allzusehr lärmten und tobten, brauchte
nur jemand zu sagen: „Dort chunnt der Polizei-
Meyer!", so stoben wir davon wie der Wind.
Abends nach dem Betzeitläuten, wenn wir nicht
aufhören konnten, einander „den Letzten" zu
geben, so durfte Meyer nur den Marktplatz
herabschreiten oder unversehens aus „'s Laguschte
Gäßli" auftauchen, so war die untere Hauptstraße
im Handumdrehen wie leergefegt.

Die Handwerksburschen kannten ihn landauf,
landab; denn er kontrollierte sie scharf. Da stand
er an der Rathausecke in seinem langen, zweireihigen
, dunkelblauen Uniformrock mit roten
Biesen und „goldenen" Knöpfen. Ein breiter,
gebogener Säbel, ein richtiges „Speckmesser",
baumelte an seiner Seite; der Griff sah großartig
aus der linken Rocktasche hervor. Der
glänzende Schild der Dienstmütze beschattete die
grauen, strengen Augen, denen nichts entging.
Wer ihn nur „dienstlich" kannte, hätte ihm nie

gewann „Rust", wo die Gräber gefunden worden
sind, in Zukunft „Alemannenstöck" heiße. Ob
sich noch andere Gräber in der Nähe finden, läßt
sich vielleicht bei künftigen Rebarbeiten feststellen
. Dann aber bitte Vorsicht; Sachverständige
abwarten. Zu achten ist auch auf alle Scherben,
die zu Tage kommen, es könnten sich römische
dabei befinden, also „Römerstück". Und sogar an
die vorrömische Bevölkerung ist zu denken, an
die Kelten, die als fleißige Bauern und Bergleute
in der Gegend wohnten und auch das heilkräftige
Wasser Badenweilers schon kannten.

Jedem Heimatfreund muß daran gelegen sein,
die Frühgeschichte unseres Markgräflerlandes
erforschen zu helfen. Ein Kleinfund oder eine
Fundmeldung zur rechten Zeit können viel hierzu
beitragen!

Dr. Scheffelt.

BeSdl ' Von Jda Preusch

das herzliche Lachen zugetraut, das im Privatverkehr
oft aus seiner breiten Brust hervorbrach.

Ein Handwerksbursche kommt ahnungslos
von der Hammersteinerstraße her. Meyer sieht
ihn. Er tritt in den Schatten des Torbogens zurück
, der zur Kornhalle führt. Der Handwerksbursche
klopft ahnungslos die nächstliegenden
Geschäfte nach einem Zehrpfennig ab. Wie er
vom Stolze-^/Eetzger kommt, empfängt ihn der
Polizei. „Woher des Wegs?" — „Von Lörrach".—
„Eure Papiere!" Der Handwerksbursche reicht sie
ihm, und Meyer studiert sie sorgfältig. „So so,
Maurer seid Ihr? Und da habt Ihr wohl beim
Metzger um Arbeit gefragt?" — Dem Maurer
wird's schwül zu Mute. Er weiß, daß das Betteln
verboten ist. Aber was will man machen? Es ist
Winter, da ist Maurerarbeit nicht gefragt, und
Arbeitslosenunterstützung gab es zu jener Zeit
noch keine. Er stammelt also etwas von Not und
Kohldampf. „Schon recht", sagt der Polizei,
„aber gebettelt wird bei uns nicht!" Doch war
er kein Unmensch und führte den Handwerksburschen
nicht ins „Hüüsli", sondern ins „Gmei-
huus", in die Herberge zur Heimat in dem hohen
Haus mit dem Staffelgiebel in der Hinterstadt.
Herbergsmutter war dort eine Frau Meier. Sie
hielt die Herberge sauber und stellte den Wanderern
ein gutes Essen auf den Tisch. Daher war
die Kanderner Herberge ebenso berühmt wie der
Ortsgewaltige gefürchtet. Wer kein sauberes
Brusttuch hatte, mied beide. Oft kamen wandernde
Buchdrucker zu uns in den Laden: „Gott
Grüß die Kunst!" Aber meist fragten sie auch
gleich, ob der „strenge Alte" noch im Dienst sei.

Ein milderes Regiment führte sein Nachfolger
Baumberger. Er trug schon eine modernere
Uniform mit kurzem Rock, und im Gegensatz zu
Meyer hatte er eine helle und hohe Stimme.
Aber er hatte eine Angewohnheit, die uns noch
viel mehr Spaß machte als das Fußwippen seines
Vorgängers. Wenn er ausschellte, veränderte er
nach jedem Satz seinen Standpunkt auf besondere
Weise: Standbein rechts, linker Fuß mit
hochgehobener Spitze vorgestellt; dann Stand-


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