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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1952-07/0006
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Die Markgrafschaft

Straße der Weg ins Paradies an, und sehnsüchtig
gingen jedesmal dort die Blicke in die Ferne.
Selbstverständlich, daß wir auch den Bruder besuchten
, der mit der Gestrengen Miene des einstigen
Soldaten als Schuldiener im Lörracher Gymnasium
waltete, wo vor Zeiten der Präzeptoriats-
vikarius das Schulmeisterszepter geschwungen
und seine Blicke oft zum Weiler Pfarrhaus und
seine Gedanken zur Jungfer Gustave hinübergeschickt
hatte.

In den späteren Tagen war der eigene Vater
der Begleiter. Nicht allzu viel Vergnügen bedeutete
zwar der sonntagnachmittägliche Spaziergang
bis zum Haltinger Hirschen, wo Jacob
Burckhardt gleichfalls so gerne zu Gast war und
später sein Bild in der Fensterleibung hing.
Glücklicherweise gab es für den Heimweg die

D' Childie im Wald

Unter Tanne, moosbehange,
bin-i hüte duregange,
Stilli gsuecht un Einsemkeit;
hör' i unsri Wälder rusche,
us de Felse Quelle brusche,
isch's mir grad as wurd-i trait.

Will me us der Frohn sich finde,
's Muedsi fröhlich überwinde,
Höchi gWinne, feste Halt,
usem lute Gwüehl un Chrose
wieder bessri Stimme loose —
Mueß me z'Chilene go in Wald.

Do isch nit vom lute Wese,
d' Predig wird eim still verlese
wo me goht, uf Schritt un Tritt,
un die alte Sänger singe,
un die alte Lieder klinge,
aber — keis „nach Hindemith".

Unter Tanne, moosbehange,
bin-i hüte duregange,
Stilli gsuecht un Einsemkeit;
hör' i unsri Wälder rusche,
us de Felse Quelle brusche,
isch's mir grad as wurd-i trait.

F. Wolfsberger

von allen Basler Ausflüglern benützten Kilometerhefte
, mit denen es sich so viel billiger
fahren ließ als mit den Billetten der alten Zentralbahn
. Schön wäre der Ganztägige über die
Chrischona nach Adelhausen und zum Hohen
Flum gewesen, wenn man nicht nüchtern von zu
Hause hätte aufbrechen müssen und auf der
Chrischona auf die Bitte um Milch für die Kinder
es nicht geheißen hätte: „Die Milch brauche
wir fir unsere Bryder". Da waren der Säckinger
See und die Hasler Tropfsteinhöhlen doch anders
schätzenswert und leuchtende Höhepunkte im
ganzen Jahr und jene Oster- und Pfingstmontage,
da die Gesellschaft sich um die Onkel und Tanten
vermehrte und man bequem mit dem Wiesental
züglein nach Steinen oder nach dem Brennet
zum Mittagessen mit Forellen fuhr. Auch für die%
Schulspaziergänge waren die nahen Schwarzwaldhöhen
beliebte Ziele, und als wir von

Badenweiler zum Blauen stiegen und hinüber
zum Belchen wanderten, da ging dem gefürchteten
Deutschlehrer das Herz auf, und in einem
der Schnadahüpferl, die er auf jeden von uns
Buben improvisierte, kam sogar mit seinem
Übernamen der verehrte Herr Rektor vor.

Wie wir von der Stadt hinaus ins Badische
gingen, so kam, auch abgesehen von den Diensten
und ihren Angehörigen, „das Badische" seinerseits
zu uns in die Stadt herein. Am Claragraben
standen die Wagen der Holzfuhrleute. Die Pferde
hatten sie eingestellt im „Goldenen Lamm" an
der Rebgasse oder bei der Dickenmänni und
ihrem alten Knecht Daniel in seiner Burgunderbluse
an der Ecke von Kirchgasse und Riehen-
torstraße. So und so viel Klafter wurden eingehandelt
und die Buchenspälter mit ihrer hellgrauen
Rinde vor dem Hause auf der Straße von
den unendliche Massen von Lindentee vertilgenden
und bald in die obere, bald in die untere
Wirtschaft wandernden Basler Holzmachern mit
Beil und Säge in die Scheitlein verwandelt, deren
Aufbeigen im Keller Amt der Kinder war. Auch
der Wein im Keller und in der Karaffe auf
dem Mittagstisch war, außer dem nach seiner
Provenienz nicht definierten Naß im „Diensten-
fäßlein", einem Vorläufer des Rubatellers unserer
Tage, goldgelber' Markgräfler. Als Neuer war
er, einen Blumenstrauß im Spundloch der Fässer,
in die Stadt geführt, und so und so viel nicht
Hektoliter, sondern Saum davon vom Küfer mit
einem Schlauch ins stattliche Faß in den Keller
hinuntergelassen worden. Aus dem seligen Kan-
dern kam aber auch zu Fuß die „Brombachere",
auf dem Kopf mit dem Tragkranz den großen
Korb tragend, in dem neben der Butter, den
dürren Kirschen oder Bohnen und dem Gemüse
auch die Ringe der Kandererbrezeli lagen, und
man drückte ein Auge zu, als sie im Alter
prosaisch den Zug nahm und die Kanderer Brezeli
beim Basler Bäcker an der Clarastraße bezog.

Dann kamen die Zeiten, wo andere Ziele
lockten und der Beruf von Basel wegführte.
Schon der erste Weltkrieg zerschnitt manches
Band über die Grenze hinüber. Wie die „Brombachere
" ausgeblieben war, so verschwanden allmählich
an den Aufsallstraßen jene Bänke mit
dem unteren Brett zum Sitzen und dem oberen
zum Abstellen des Korbes. Der Heimgekehrte ist
mit anderen Augen, aber wieder die alten Pfade
gewandelt. Er hat es auch J. P. Hebel zuliebe
getan, und unvergeßlich bleibt ihm ein Sommertag
auf der Beichenkuppe, wo Hebel und seinen
Lörracher Freunden der Proteus erschienen war
und mit ihnen seinen Schabernak trieb. Am
Hausener Mähli haben nach dem Ende des zweiten
Weitkrieges Basler und Wiesentäler sich wieder
zusammengefunden. Wie seit 1861 an jedem
10. Mai hat der Basel und dem Markgräflerland
gleichermaßen Zugehörige unsichtbar und doch
spürbar unter ihnen geweilt. Er möge weiterhin
als guter Geist über den nachbarlichen Beziehungen
stehen, daß auch unsere Kinder und Enkel
einmal von wohl anderen und doch gleich seligen
Jugenderlebnissen im „Badischen" berichten
können. W. A.


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