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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1952-07/0016
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Die Markgrafschaft

Er het dene Buebe amel verzellt, wiener als
junge Rosser langi Johr bynere Witfrau dient
het ufeme große Hof. Menggi Fuehr Wy het er
uf Basel gfahre, der Schliengener Berg uf an der
Chalte Herberg vorbei.

„Am drei am Morge sind zwo Mägd ufgstande
go bache, alli drei Tag sechzeh Laib!" het der
Jörg amel verzellt. Z'zweit sin si in d'Muelde un
hen gchnetet. Do isch amel Betrieb gsi uf some
Hof!"

„Jetz verzelle no seil vu, sellem Muni, wu
verdloffe isch", bettle d'Buebe.

„Sei isch eso gsi", sait der Jörg. „Es isch emol
e großmächtige Muni vertloffe un in Auggener
Bann grennt. Im Beizacker bym Chüehberg
hinte het er e gwaltige Satz gnu un isch im Bode
versunke. Un wüssener, wu er use cho isch?
Z' Augge bym Rothuus isch er usechu. 's Muniloch
isch no dort im Beizacker, 's isch voll Wasser
un so tief, daß ihr kei Grund finde. Springe
halt emol dri, viellicht chömmen ihr au z'Augge
use.

Aber mir chönne jetz so viel phisoboliere
über die vergangene Sache as mir wenn.

E Auggener Vierteli wär mer jetz lieber. Wenn
der Neu nummen au öbbis wird. D' Herre Rek-
töre vu der Zytig schriebe jo auch scho lang
drum umme; selli wüsse au, was guet isch. Sone
Schoppe Auggener cha me all rezitiere (repitiere
het er sage welle). Gang jetz ein ine un sag der
Großmuetter, öb sie nit e Schluck Wy für mi
heb, ich heb sone trochene Hals vu dere Ver-
zellerei. Bringe mir au e Stückli Brot un e Zie-
bele druf mit eweng Salz. — Das chunnt vu dem
saudumme Wetter. Me cha jo nüt rechts schaffe
dusse umme".

D' Buebe göhn un chömme wieder. Der Willi
bringt der Wy, 's Nochbers Dölfi e Renkel Brot
un: „Do chasch dy Ziebele selber dufschnyde!"
sait der Hermännli us der Stadt, un druckt em
e gchochti Grumbiere in d'Hand.

„E so dunders chaibe Buebe!" Die sin aber
scho verschwunde un höre der Jörg nümmi
fuddere. Sie durne scho uf ihrem „Hochsitz" im
alte große Birbaum im Garte hinte umme. Dort
holt sie niemes abe. Un i glaub bis zobe pfifft
er ihne scho wieder italienisch.

Zufrieden sind sie nie

In der Driblisbacher Mühle haben sie immer
zu Sechs um den großen Eßtisch gesessen: der
Müller und Bauer Sebastian Lenggruber, der
trotz seiner siebzig Jahre das Regiment noch
nicht aus der Hand hat geben wollen; seine Frau,
das „Kätterle"; der einzige Sohn und Erbe Alois;
der Knecht Jobbi, der schon seit fast einem halben
Jahrhundert die Landwirtschaft versorgt;
Stefan, der Müllerbursche, und Vreneli, die Magd.

Ganz patriarchalisch ist es zugegangen in der
Mühle; denn der Müller-Baschi, wie der Leng-
gruber allgemein hieß, hielt auf Zucht und Ordnung
im Hauswesen, und bei allen Mahlzeiten
präsidierte er am Tisch.

Letzte Weihnachten nun hat der Sohn, der
Alois, in ein Nachbardorf geheiratet. Eine
schmucke, noch recht jugendlich wirkende Kriegerwitwe
, die mit ihrem kleinen ländlichen Anwesen
allein nicht recht fertig wurde.

Jetzt hat der Sohn Botschaft geben lassen,
daß er und seine junge Frau einmal übers
Wochenende die Eltern besuchen wollen.

Zu Ehren des neuvermählten Paares hat das
„Kätterle" in der „guten Stube" aufdecken lassen
, und wie sie da nun zu Vieren um den Tisch
sitzen und sich den Hasenpfeffer mit Spätzle so
recht munden lassen, sagt die junge Frau: „Ich
finde es so eine schöne Sitte, daß ihr sonst immer
mit den Dienstboten gemeinsam eßt. So wollen
wir es auch halten, habe ich zum Alois gesagt;
denn wo die Dienstboten gut gehalten werden
und zufrieden sind, da ruht des Himmels Segen
auf dem Haus".

Da mußte der Sebastian Lenggruber ganz
verschmitzt lächeln und er sagte halber ironisch:
„Gott bewahr dir den Glauben, Mathilde, aber
ich glaub' nicht daran. Wenn du erst so alt bist

wie wir es sind, wirst du herausgefunden haben,
daß die Dienstboten nie zufrieden sind. Wir sparen
gewiß nicht am Essen, denn keiner soll
hungrig aufstehen; aber einer oder der andere ist
doch jedesmal dazwischen, der die Nase rümpft,
oder ein schiefes Gesicht zieht, weil ihm irgend
etwas nicht in den Hut paßt. Dem einen ist der
Speck zu feist, und dem andern zu mager; der
Müllerbursch, der aus dem Preußischen stammt,
knurrt, wenn es keine Erdäpfel zu Mittag gibt,
und das Vreneli behauptet, den Quark nicht
mehr schmecken zu können. Das hätt' ich noch
zugute, daß alle einmal zufrieden wären. Und
wenn man ihnen den Schinken in Honig backen
würde, und wenn sie schon am Werktag zum
Znüni süße Weckli oder blaugesottene Forellen
bekämen, — sie wären doch nie richtig zufrieden
. Es ist wohl menschlich, daß es so und nicht
anders ist".

Die junge Frau will es nicht recht glauben.
Sie hat die ganzen Jahre ihren Hof allein umgetrieben
und keine Erfahrung mit Dienstboten
gesammelt. Zweifelnd meint sie: „Weißt du,
Vater, vielleicht kocht ihr zu eintönig. Die Leute
wollen vielleicht mehr Abwechslung haben. Ich
habe mal in einem Kalender gelesen, daß die
Basler Dienstboten extra ausmachten, daß sie
nicht häufiger als dreimal in der Woche Rheinsalm
zu essen bekämen. Und so wird es mit dem
Speck und Quark auch sein. Ich wette, wenn ich
mal ein Mittagessen kochen würde — mal so
ganz anders, als sie es gewohnt sind — dann
wären sie auch zufrieden. Natürlich müßte es
was Leckeres sein — wie unser Hochzeitsessen
vielleicht!"

„Die Wette halte ich!" lacht da der Müller-
Baschi. „Zugestanden, wie wir bei euch zur


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