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Die Markgrafschaft
13
Ja, das ist schon lange her. Martin hat keine
Kinder. Das ist sein größter Kummer. Er
möchte, daß ihm ein Bub, es könnte notfalls
ja auch ein Mädchen sein, vormittags und
nachmittags das Vesper bringen würde, das
Stückchen Käse oder das Endchen Schwarzwurst
. Ja, das wollte er. Er wollte auch am
Sonntag mit seinem Bub an der Hand ein
wenig über den Berg gehen und ihm das und
jenes zeigen. Aber sein Vesper bringt die
Anna, und am Sonntag strickt sie Strümpfe
und steckt ihre spitze Nase nach jeder Nadel
zum Fenster hinaus. Ja, und was sie über
die jungen Mädchen sagt, kann Martin nicht
mehr hören.
„Sie ist wieder im Stier", sagt Martin und
nimmt bedächtig einen Schluck Schnaps. Dann
lächelt er verschmitzt die Agnes an. Er bestellt
natürlich immer einen „Gewöhnlichen", aber
er bekommt immer einen guten Kirsch. Dafür
hat er Agnes immer geholfen beim Brennen,
wenn es pressierte. Und es pressierte meist.
Agnes setzt sich ein wenig zu ihm. Man
spricht vom Wetter und von den Frühkartoffeln
, die nicht geraten sind. Und dann sagt
die Agnes etwas von einem Kind, einem vierjährigen
Büblein, das der Magd auf der Breite
gehört. Ja, und die Sophie ist letzte Nacht
im Spital gestorben. Und jetzt suchen sie eine
Stelle, eine Pflegestelle, sagt Agnes. Martin
trinkt bedächtig einen Schluck und nickt.
Das ist jetzt ein paar Wochen her. Martin
hat sich durchgesetzt. Um neun Uhr vormittags
, wenn er wieder eine Welle auf
den Stapel trägt, schaut er die Straße hinauf
. Und dann sieht er vielleicht den
kleinen Blondschopf von Peter, den Sohn
der Magd. Und ein wenig später ist er
da mit dem Vesper. Martin teilt redlich mit
ihm, und das ist für Peter die größte Freude, bei alten Körbchen. Anna versorgt ihre beiden
Martin auf einem Holzstamm zu sitzen und ein Männer gut, das muß man ihr lassen. Nur am
Stückchen Käse zu vespern. Ja, und das muß Samstag ist sie noch im Stier. Aber dann holt
noch gesagt werden, es ist immer genug in dem der Martin mit dem Peter Geißenfutter. L- B.
Partie bei Schweighof
Foto: CLr. Frenzel, Müllheim
Der Sündefall
Ihr chennet jo selli Gschicht vom Adam un
der Eva im Paradiis, wo si seile verbotten öpfel
gesse hän un derno vom Herrgott gschaßt worde
sin. Aber so goht's eim, wemme nit folgt: Der
öpfel isch gesse, un me het numme no e lumpig
Fiigeblatt.
Das isch en alti Gschicht, aber si chunnt alle-
wiil wieder vor, un ich ha si vor fufzig Johr scho
erlebt, un das isch so zuegange:
In uns'rem Dörfli deheim — 's isch 's schönst
Dörfli im ganze Markgräflerland, un lyt zwüsche
der Chalte Herbrig un der Engimühli — het's
viel Grasgärte gee, un in allene bini deheim gsi.
I bi sellemols no e chleine Chnopfli gsi, un do-
derwege simmer die Gärten alli vorcho wie Para-
•diisgärte. Tierer het's jo wenig drin gee, höchstens
ellimol e Chatz un au e Muus, aber Chäfer
un Summervögel un anderi Vögel, un öpfel un
5ust no Sache zuem Schneuge grad gnueg.
Ein vo dene Gärte het unserer Nochbere
ghört, der Jergene. I ha si guet möge lüde. Jede
Morge, wenn si an Brunne gangen isch go Wasser
hole, het si ammel gjomeret: „O, mir isch's emol
liederech, nei, wie isch's mir emol liederech!"
Derno het ere ammel der Schriiner oder mängg-
mol au mi Muetter e Schnäpsli gee, no isch's ere
besser worde. Aber 's het numme ghebt bis zuem
nächste Wasserhole. Isch das nit en armi Frau
gsi? Un wege dem het si mi halt duurt, un i
hanere ghulfe ihri öpfel esse.
Emol, woni im Grasgarte e weng no den Öpfel
gluegt ha, isch si au cho. Unter eme junge Bäumli
isch si stoh blibe un het gseit: „Lueg, Joggeli,
das Bäumli het dies johr der erst Öpfel. Vo alle
Bäum darfsch neh; aber dä losch mer hange, dä
möcht i selber esse". — Un derno isch si gange
un het mi stoh lo.
Si hätt gscheuter 's Muul ghalte. Aber wo
sogar der lieb Gott syni Mensche so verchehrt
iigschätzt het, wie hätt's do d'Jergene besser
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