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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1952-09/0013
Die Markgrafschaft

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der, kaum seine Nase in die Akten gesteckt, eine
Fichte kaum von einer Lärche unterscheiden
könne und im Stand sei, einen Spießer mit
einem Rehbock zu verwechseln, und doch schon
alles besser wissen wolle, als ein alter Grünrock,
— er hatte die Gunst des Alten gründlich verscherzt
.

Man war eben daran, die Ratsstube zu verlassen
, als ein Expresser von Zwingenberg anlangte
und Astor ein versiegeltes Schreiben vom
Oberamt Mosbach überbrachte. Dasselbe enthielt
nicht mehr und nicht weniger, als daß der graue
Henner in der letzten Nacht Mittel und Wege
gefunden habe, aus dem Mosbacher Amtsgefängnis
auszubrechen, weshalb die Amtsvogtei dringlich
gebeten werde, auf den Gauner zu fahnden,
und denselben wieder an's Oberamt einzuliefern.

Der Förster ließ wieder einen seiner ellenlangen
Kernsprüche los; er spektakelte auf der
Rathausstaffel so gewaltig, daß die noch in Haufen
dastehenden Bauern aufmerksam wurden
und erfuhren, was geschehen sei. Einer aus der
Menge kam auf den Förster zu und bat ihn und
Astor, nochmals in die Ratsstube zu kommen.
Dort eröffnete er den beiden Herren, daß, als er
heute den Weißbacher Wald passiert habe, er
von weitem eines Mannes ansichtig geworden sei,
von dem er geschworen hätte, es sei der ausgerissene
Gauner, hätte er nicht bestimmt geglaubt
, derselbe sei zu Mosbach eingetürmt. Er
könne aber wetten, der Schelm halte sich zu
Robern in dem und dem Haus verborgen.

Der Vogt Damian war indessen mit dem Expressen
in eine Fensternische getreten und nahm
sichtlichen Anteil an der Erzählung des Boten.
Astor erfuhr nun mit klopfendem Herzen, der
Zustand der Schloßmamsell habe sich in den letzten
Stunden so sehr verschlimmert, daß der um
zehn Uhr angelangte Amtsmedikus geäußert
habe, es sei fraglich, ob sie das Leben durchreiße
.

Jetzt war auch dem Inzipienten der graue
Henner auf einmal eine höchst gleichgültige Person
. Er gab daher dem Förster den Auftrag, in
Gemeinschaft mit mehreren zuverlässigen Männern
alles zu unternehmen, wodurch der Gauner
könne dingfest gemacht werden; er, Astor, habe
als Stellvertreter des Herrn Amtsvogts unbedingte
Freiheit, alles aufzubieten, um die Sache
zum erwünschten Ende zu bringen. Das sagte er
so laut und nachdrücklich, daß es auch der Vogt
und der Expresse wohl verstanden.

Hierauf empfahl sich Astor, dem Damian die
Hand reichend, und eilte, seine Mappe unter dem
Arm, so schnell er konnte, Zwingenberg zu.

JDem Förster kam dieser Abschied Astors ganz
unerhört und himmelschreiend vor; so trocken
war, seit Vogt Damian seinen Ungsteiner ausschenkte
, kein Kanzlist oder gar ein Stellvertreter
seiner Gestrengen von hinnen gegangen.
Der Grünrock hatte jetzt noch den letzten Rest
Respekt vor dem jungen Manne verloren, der
seine Nase immer in den staubigen Akten habe,
alles besser verstehen wolle, als alte Leute und,

wenn er fünf Stunden auf einem Fleck gesessen
sei, nicht einmal sich und anderen einen vernünftigen
Schoppen gönne.

Der Vogt suchte den Erzürnten zu beschwichtigen
, indem er ihm mitteilte, wie schlimm es in
Zwingenberg stehe, fand aber den Waidmann
bezüglich der Krankheit Nättelchens eben so ungläubig
, wie in anderen Stücken. Ein Mädel, das
einen Schatz habe, sterbe nicht so leicht; des-

f-:-^>

Gottwil&e, Herbst i

Gottwilche, Herbst! Bisch endli cho!
Hesch is de wüetig Summer gscha&st.
Wie hännmer uf die blangt und paßt
und unsre Maue lampe lo!

Zwor het der Fritz zuem Lina gsait:
„'s isch nit vertiert im Reckehag;
e jede heiße Summertag,
er het is Gold in d'Rebe trait!"

Und was is d'Sunne präglet het,
chochsch du im Nebel weich und zart
und gis ehern rechte Güu und Art. —
E guete git's, i mach e Wett!

Und zwischeniine gohsch in Wald
und molsch dort Bäum und Hürstli a;
e Moler, de so mole cha,
brucht nieme z'froge, öbsem gfallt.

Jetz 's Leitgschirr uf der Wage glait,
der Bockte briecht und d'Bücki dri
„und au e Logel guete Wii
und Chäs und Brot!", het's Marie gsait!

Hü, Bleß! De holsch e süeßi Fracht,
e Johrgang mit-me Sunnegsicht,
e Tränkli gege Chalch und Gicht,
aß 's Herz eim untrem Gilet lacht!

O Herbst, wie meinsch du's doch so wohl!
Du füllsch is Cheller, Faß und Hurt,
tribsch menggem gwiß au d'Sorge furt.
Gottwilche! sag i nonemol.

wegen hätte der Astor ruhig dableiben können
und auf ihre Gesundheit trinken.

Nach dieser Expektoration verfügte sich der
Förster mit dem Vogt in dessen Haus, ließ von
dort aus etliche vertraute und entschlossene
Männer des Orts entbieten, mit welchen er für
die kommende Nacht einen Plan verabredete,
wie man den grauen Henner zu Robern einfinge.
Der Einrede des Vogts und anderen, daß man
nicht so ohne weiteres ins Kurmainzische einrücken
dürfe, begegnete der Förster mit der
Ausrede, der Gauner sei ja schon lange vogelfrei,


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