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Die Markgrafschaft
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ihm mit synere Ruete noghulfe het, wyl er so
bockig gsi isch un derzue no glacht het. Heimli
hämerems gunnt.
Jetz het ufern Tisch heiße Glüeihwy dampft
un derzue sin Zuckerbrötli gesse worde. D'Muetter
het d'Zither gholt, un mir hän die schöne Wieh-
nichtslieder gsunge, hän Spieler gmacht, d'Büe-
cher bschaut un probiert wieme d'Puppi a- un
abzieh cha. Im Roß het me Heu müesse in d'Raufe
ge. Der groß Bauchaste isch agluegt worde un die
schöne neue Sache zuem alege. Nit emol ins Bett
hän mer müesse, bis uns d'Auge vu selber zue-
gfalle un d'Liechtli abebrennt gsi sin. Wie glückli
Elsässisdhe Weihnacht
Straßburg beansprucht für sich, im Jahre 1603
den ersten Weihnachtsbaum in seinen Mauern
geschmückt zu haben. In der Tat ist dies der
geschichtlich nachweisbar älteste Christkindelsbaum
.
„Auff Wihnachten richtett man Dannenbäum
zu Straßburg in den Stubben auff, daran hunket
man rossen auß vielfarbigem Papier geschnitten,
Äpfel, Oblaten, Zischgold, Zucker. Man pflegt
darum ein viereckent ramen zu machen*
Es wettert der gestrenge Herr Professor der
evangelischen Theologie, der Münsterprediger
Konrad Dannhauer, in seiner Predigtsammlung
„Katechismusmilch" (1642—1646) gegen Lapalien,
„damit man die alte Weihnachten oft mehr als
mit Gottes Wort zubringt". Und der Weihnachtsbaum
, mit Puppen und Zucker behängt, den man
„hernach schütteln und abblümen laßt", ist ihm
„ein rechtes Kinderspiel", von dem er nicht
weiß, „wo die Gewohnheit herkommen".
Um bei der Forschung über den Christbaum
zu bleiben: Zunächst trug die Straßburger Weihnachtsstubentanne
keine Lichter, und überdies
machen zünftige Volkskundler Straßburg den
Rang streitig. Sie behaupten, der Ruhm, den
ersten Weihnachtsbaum geschmückt zu haben,
käme Schlettstadt zu. Bereits das ganze 16. Jahrhundert
hindurch sei die „Weihnachtsmaie" in
Schlettstadt ein allgemeiner Volksbrauch gewesen
. In der Tat bucht die Stadtrechnung unter
dem 21. Dezember 1521 als Ausgabe zwei Schillinge
„den ferstern, die meyen am sand Thomastag
zu hieten". Gemeint ist damit, was auch das
Stadtbuch von Schlettstadt 1546 verzeichnet:
„drei Schilling für zwei Männer, so meigen auff
die wihnacht gehauwen." Ja, am 17. Dezember
1555 kommt es in Schlettstadt sogar zu einem
Magistratsbeschluß wegen der „wyhnachtmayen."
Lassen wir also den Streit zwischen Straßburg
und Schlettstadt fallen. Wir haben den
Weihnachtsbaum. Unsere Empfindungen durch
ihn und unser Glück um ihn und unter ihm,
sollen nicht durch volkskundliche Untersuchungen
getrübt werden.
Ein zweifelsohne älterer Brauch als der Weihnachtsbaum
ist die alemannische Becht. Die
mittelalterlichen Bechtumzüge — auch hierin
war Schlettstadt treueste Bewahrerin — gehen
auf die vorchristliche Verehrung der Göttin
Bechta und die ihr zu Ehren gehaltenen Um-
hämer unseri Puppi an is druckt un wie selig sin
mir de guete Eitere am Hals ghängt. Im Schlofe
hämer betet un so lebhaft träumt vu alle wunderschöne
Sache unterem Wiehnichtsbaum. In)
Hemeli sin mer am früeihe Morge in d'Stube
gschlupft, hän gluegt, öb no alles do isch un mir
nit numme dervu träumt hän.
So hän au mir's ufgnu, hän nit lang gfrogt
un dütlet, un hän glaubt. Es het-is in syne Wunder
gfange, un sie hän is begleitet wiene heilige
Trost dur alli Lebesnot, wie e feine Duft, wo nit
eweggwüscht werde cha, wo uns d'Herze all
wieder mit Dank un Zueversicht z'fülle vermag.
/ Angelika Merkelbach-Pinck
züge zurück. Diese Umzüge nahmen ihren Anfang
mit dem Andraesabend, dem 30. November
, und endeten mit dem Dreikönigstag, dem
6. Januar. Sie hatten ihren Höhepunkt in den
heute noch mit Volksbräuchen angefüllten heiligen
Zwölfnächten, den „wihen nächte".
Wir wissen längst, daß der Geburtstag unseres
Herrn, „des Lichtes der Welt" mit dem
Geburtstag der unbesiegten Sonne, der vorchristlichen
Julfeier, dem Fest der Wintersonnenwende
zusammenfällt. Es * war eine weise Einsicht
der Kirche, eine behutsame und duldsame
Rücksichtnahme auf alteingewurzelte, lärmfrohe
Wintersonnwendfeste der Römer und der Germanen
, das christliche Fest in diesen Zeitpunkt
zu legen.
Sebastian Brant gibt in seinem „Narrenschiff"
den Ursprung der Bechtumzüge an, indem er
von Bacchus und seinem Gefolge spricht: „Von
denen kumen ist sithar, das man im land umb
bechten far". Gailer von Kaysersberg ergänzt in
seinem Predigtzyklus über das Narrenschiff:
„Die ander schel (an der Narrenkappe) ist
putzenantliter (Larven) tragen, das sein Ursprung
hat von den Heiden... da muß man bechten,
wurst sammeln, von Baccho kumpt das her".
Die elsässischen Humanisten aber hätten statt
der Bacchanalia die Saturnalia der Römer anziehen
müssen, die in Straßburg und andern
elsässischen Orten ihre Fortsetzung in dem
Narrenfest der Schüler xmd der* niederen Geistlichkeit
fanden.
Nach dem im Jahre 1135 von dem Sänger des
hohen Stiftes, Balduf, aufgeschriebenen Münsterrituale
wurde der Stephanstag von den Diakonen
, der Johannestag von den Priestern, die
Oktav des Epiphaniafestes von den Subdiakonen,
und das Fest der unschuldigen Kindlein von den
Chorknaben feierlich begangen. Wie sonst die
Kanoniker, sangen nunmehr die Chorknaben das
Hochamt auf dem hohen Münsterchor und der
Scholaster sang die Messe.
Später entartete das Fest. Die Münsterchorknaben
wählten den Kinderbischof, der sich am
Fest der unschuldigen Kinder im bischöflichen
Ornate auf dem Bischofsstuhl in Positur sezte,
die üblichen Gebete sprach und zum Schluß über
die wenig andächtige Gemeinde den bischöflichen
Segen erteilte.
Die Chorschüler saßen unterdessen im Chor-
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