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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1953-02/0014
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Die Markgrafschaft

während die kleinen Buben aus Leibeskräften
ihr Sprüchlein schmettern:

Hüt isch de Mitti, Mitti Faschte,
mer mueß im Hiskir Chüechli bache.
Dr Hiskir isch e völlige Narr,
er möcht' gern Eier in Anke ha.
Mer hört de Löffel gahre,
mer soll em Anke schare,
mer hört das Messer giire,
mer soll em Speck abschniide,
mer hört das Fäßli rumple,
der Hiskir soll ufgumpe!

Bei diesen Worten springt der Hiskir in die
Höhe, daß die Glocken hell erklingen. Dann
fallen die Buben mit dem „Sprechchor" wieder
ein:

Un wenn er (ihr) is keini Eier wann ge,

so mueß ich (euch) dr Hiskir d'Hüehner neh\

Holzschlegel über's Hus,

dr Hiskir hockt im Hüehnerhus!

Ist ein Eierkorb, ein Schmalzhäfeli oder ein
Mehlsäckli voll, so wird es gleich .in ein schon
vorher bestimmtes Haus getragen, wo die Hausfrau
die gesammelten Gaben zu Chüechli (Fas-
nachtsküchli, Scherben) und „Eier in Anke" verarbeitet
. Überall wird der Hiskir mit seinen
lustigen Sprüngen von groß und klein um jubelt,
nur den Maidli ist er nicht gut gesinnt und mit
lautem Gekreisch suchen sie vor ihm Schutz.
Vermutlich findet in diesem Gebahren der Kampf

des Winters (Hiskir) mit dem Frühling (Ufert-
brut der Maidli) seinen Ausdruck. Auch die
Kleinsten fangen natürlich mächtig an zu
schreien, wenn dieser ungehobelte Geselle durch
die Straßen und in die Häuser zieht. Ist das
ganze Dorf abgegrast, dann beginnt der Schmaus,
bei dem sich auch der Hiskir Luft machen darf
und seinen Winterpelz, das Strohgewand, ablegt.
Mit dem Auswickeln des Hiskirs ist des Winters
Macht endgültig vorbei.

Auch für die Teilnahme am Schmaus gelten
genaue Regeln. So dürfen die kleinen Buben bis
ins dritte Schuljahr nicht mit in das Haus hinein
zum Eier-in-Anke-Esse, aber Chüechli kriegen
sie in Hülle und Fülle, und auch die Maidli
bekommen davon. Ferner gilt als ungeschriebenes
Gesetz für die größeren Buben: nur der darf
zum Essen in das Haus vom 4. bis 5. Schuljahr,
der mindestens acht Wellen für das Fasnachtsfeuer
gemacht hat; ein Sechskläßler muß zehn
und ein Siebtkläßler zwölf Wellen zum Fasnachtsfeuer
aufbereitet haben.

Man kann sich vorstellen, wie es da in der
Küche zugeht, wenn so viele hungrige Mäuler
auf Küchli und Eier in Anke warten. Bald sieht
man auf den Dorfstraßen überall die Kinder mit
den nach Öl und Fett duftenden Küchli in den
Händen und eifrig am Vertilgen der knusprigen
Scherben und Kisseli, während sich die Buben
unter dem Präsidium des Hiskirs am Eier in
Anke gütlich tun. F.Fischer

S Süfßli I Richard N ut z in

ger

Die Lebensschicksale der letzten Zeugin aus Hebels Zeit

I.

„Wirtschaft, Horatio, Wirtschaft!"

Er muß schon ein recht bedeutender Arzt
gewesen sein, dieser Dr. Theobald Singeisen von
Riehen. Ob seiner geschickten Chirurgenhand
ward er von männiglich gerühmt und von vielen
begehrt, und das schon in jungen Jahren. Sein
Ruf erstreckte sich auch bald über die Grenze
und demzufolge weitete sich sein Kundenkreis
bald auch in die markgräfler Nachbarschaft. So
wurde er eines Tages in das Pfarrhaus nach
Rötteln gerufen zur Behandlung von des dortigen
Pfarrherrn Ernst Friedrich Hitzig zweiter
Ehefrau. An deren Krankenbett lernte er als
Pflegerin ihrer Stiefmutter die siebzehnjährige
Augusta Maria Sophia kennen, wie sie sich
gerne mit ihrem ganzen klangvollen Namen vorstellte
; zu Hause aber ward sie kurzweg nur das
„Suffili" geheißen, und so rief es gar oft den
Tag hindurch von oben und unten, von jung und
alt; das Suffili sollte überall zugleich sein. Denn
es war halt das einzige schaffenskräftige Weibervolk
im Pfarrhaus und hatte außer für die
leidende Mutter noch für vier Mannsleute zu
sorgen: als des Vaters Adjunkt und Vicarius
war ihr älterer Bruder Friedrich Wilhelm nach
seinen Studienjahren wieder daheim, der dreizehnjährige
Ferdinand stoffeite im Haus herum

und war in den besten Flegel jähren, und der
jüngste, der Karl Ludwig, bedurfte mit seinen
erst vier Jahren noch besonders ihrer mütterlichen
Aufsicht. Die Bewältigung solchen Um-
triebs und dazu noch die wahrlich nicht leichte
Pflege der bisweilen recht ungeduldigen Patientin
sah und bewunderte der Dr. Theobald an
dem Mädchen anläßlich seiner erstaunlich zahlreichen
Krankenvisiten. Und waren es dazu noch
die leuchtenden Augen und die glänzenden
Bäcklein, die den jungen Arzt an dem Suffili
anzogen? Kurz, er gewann es lieb, obwohl er
sich bei dessen Jugend und hausmütterlichen
Unentbehrlichkeit keine Hoffnung machen konnte
, es bald als sein Frauchen in sein stattliches
Anwesen in Riehen heimführen zu dürfen.

Bald darauf verstarb trotz des von Singeisen
durchgeführten chirurgischen Eingriffs die Röttier
Pfarrfrau. Bei deren Beerdigung fehlte auch
der Theobald nicht; und unter dem Leichengeleite
traf er zu seiner Freude einen früheren
Erlanger Kommilitonen, der ein Freund des
Hauses Hitzig, besonders des Friedrich Wilhelm,
war: den Vikarius Hebel. Die beiden Erlanger
Studenten tauschten alsbald alte Universitätserinnerungen
aus. Dadurch verspätete sich der
Doktor, was ihm aber nicht unlieb zu sein schien,
und er wurde eingeladen, zu der abendlichen


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