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Die Markgrafschaft

13

Geburtstagsfeier des Hebel, der sein 27. Lebensjahr
vollendete, da zu bleiben, worein er gerne
willigte. Und so klang dieser traurige Beerdigungstag
— natürlich fernab von den Augen
und Ohren des gestrengen, leidtragenden Pfarrherrn
— im Freundeskreis der Proteuser doch
noch recht fröhlich aus. Als Vogt präsidierte der
Vorgesetzte des Präzeptoratsvikarius Hebel am
Lörracher Pädagogium, der gemütliche Prorektor
Tobias Günttert. Der jüngste im Kreis, der
liederliche Aktuarius August Welper, der als
„Bammert" angeredet wurde, sprach
dem guten Markgräfler Wein am
meisten zu und war darum am
ersten recht fideler Stimmung. Des
Theobalds Aufmerksamkeit galt
freilich überwiegend dem freundlichen
, ab- und zugehenden Suffili,
das dann und wann auch vom Par-
menideus Hebel wegen seiner glatten
, glänzenden Bäcklein gerühmt
ward, das aber seinerseits immer
wieder zu gedämpfterer Unterhaltung
mahnen mußte, damit der
gestrenge Herr Vater von dem
nächtlichen und doch eigentlich an
solchem Trauertag unziemlichen
Trink- und Rauchgelage — das
Qualmen besorgten die beiden Erlanger
am ausgiebigsten — nichts
gewahr werde. Da zitierte in Weinlaune
das Geburtstagskind, das
man schon wiederholt hatte hochleben
lassen, aus Hamlet: ,Wirtschaft
, Horatio, Wirtschaft! Geback-
ner Leichenschmaus gibt kalte
Hochzeitsschüsseln!''

II.

Von zwei Hochzeiten und
einem S e c h s m o n a t s k i n d

Mit diesem prophetischen Ausspruch
sollte der Hebel recht bekommen
; zwar nicht sogleich, aber
doch nach drei Jahren, und auch
da verwirklichte sich die Vorhersage
erst an einem anderen Paar,
als der Parmenideus im Auge ge-'
habt hatte. Der 50jährige Pfarrherr
zu Rötteln, der in seinem Witwehstand schier noch
ernster und verschlossener geworden war, entschloß
sich plötzlich zu einer dritten Ehe mit
einer verwitweten Bäuerin aus Tüllingen. Als
solches der schon lange plangende Dr. Theobald
erfuhr, der in der ganzen Zwischenzeit seine
Besuche im Röttier Pfarrhaus nicht eingestellt
hatte, dieweil e r nun ein Patient, nämlich der
Liebe, war, hielt er eiligst um des Suffiiis Hand
an; und das Suffili, das keine Lust hatte, mit
seinen nunmehr zwanzig Jahren noch eine dritte
Mutter zu erleben, und seinen Vater und die
drei Brüder ja nun versorgt wußte, gab ihm
willig sein Ja; weniger gerne der Herr Vater,
der nach den Erfahrungen mit den Sterbefällen
seiner beiden ersten noch jungen Ehefrauen
gegen die Ärzte im allgemeinen und gegen den

etwas allzu stürmischen und aufsässigen Theobald
im besonderen ein nicht ganz unbegründetes
Vorurteil zu haben schien. Aber schließlich
mußte er sich trotz seiner Abneigung gegen
diesen Schwiegersohn doch gestehen, daß seine
erwachsene Tochter, die bisher das Regiment als
Hausmutter geführt hatte, neben einer neuen
Mutter wohl doch nicht gut tun würde und also
diese Lösung durch ihre Verheiratung nach auswärts
wohl die beste sei, und gab der dringlichen
Bewerbung des jungen Doktors nach; und also

Besuch bei der Großmutter

Holzschnitt von Hermann Schiebel

heiratete er selbst im Februar und das Suffili

*

im Juni des nämlichen Jahres und verzog in das
schöne, herrschaftliche Haus der Singeisen neben
der Riehener Kirche.

Und so ganz unrecht hatte'der welterfahrene
Pfarrherr von Rötteln mit seinen Ahnungen und
Bedenken doch nicht. Ohne Frage war zwar dieser
Eidam Theobald ein Mann von Fachwissen
und Geschicklichkeit — das mußte ihm selbst
der Neid der Kollegen lassen — und darüber
hinaus auch ein Kopf voll politischer Klugheit
und staatsbürgerlicher Weitsicht. Schon mit 25
Jahren war er in den Großrat in Baser und ins
Apellationsgericht berufen worden. Allein in
einem Punkte zeigte er, wie ein späteres
Protokoll es vorsichtig ausspricht: ,,nicht die
größte Klugheit". Führten ihn Beruf und Ehren-


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