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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1953-03/0013
Die Markgrafschaft

11

nichts Arges. Da sie aber auch am nächsten und
übernächsten Tag noch ausblieb, ohne irgend
eine Nachricht zu geben, ging der Theobald
schließlich auf Erkundung bei seinen Freunden
aus und mußte endlich von ihnen den ganzen
traurigen Vorfall erfahren. Nun war der gute
Singeisen wie aus den Wolken und allen Himmeln
gefallen, und die herzliche Zuneigung zu
seinem Weib verkehrte sich nun in einen ebenso
großen und ungebärdigen Haß. Und da man ihm
nun die Untreue von seiner Frau von allen Seiten
zuraunte und also alles publik und nichts
mehr zu verheimlichen war, brachte er vor dem
Ehegericht zu Basel Klage wegen
Scheidung ein. Die Herren des
Gerichts glaubten aber offenbar,
die Sache nicht so vordringlich
in Angriff nehmen zu müssen
und hofften wohl auf eine günstigere
Lösung durch die reumütige
Rückkehr der Entflüchteten
. Da diese aber nicht erfolgte,
so fand denn im Mai dieses Jahres
die Verhandlung statt, die,
wie das Protokoll aufweist, sehr
dezent und nachsichtig geführt
wurde. Der Schuldigste von allen,
der junge Lucas Fäsch, war nicht
erschienen und überhaupt weder
in Basel noch in Riehen zu ermitteln
; seiner Mutter konnte
der Vorwurf nicht erspart bleiben
, daß sie, die von der schlimmen
Veranlagung ihres Sohnes
wohl wußte, seinem bösen Treiben
im eigenen Hause Vorschub
geleistet hatte.

Der jungen Augusta, Maria
Sophia wurden ihre. Jugend, ihre
bei aller strengen, aber auch allzu
klösterlichen Erziehung offenkundige
Weltunerfahrenheit und
Menschenunkenntnis mildernd
zugestanden, von „öffentlicher
Prostitution" abgesehen, zu den
Kosten verfällt und ihrem Vater
zu seelsorgerlicher Betreuung zugewiesen
. In offenkundiger Reue
hatte sie um ein gnädiges Urteil
gebeten und dieses nun demütig angenommen
; ja, da der zwar noch recht erzürnte Theobald
auf Befragen ausgesprochen hatte, daß er
sie gleichwohl im Falle zusehender Reue und
Besserung in etwa fünf bis sechs Jahren wieder
zu sich zu nehmen gedenke, stand ihr doch noch
ein Hoffnungsstern über dem nächtlichen Himmel
ihres Daäeins. Aber sie begab sich nicht zu
ihrem Vater nach Rötteln, der darum über den
Fehltritt seiner Tochter doppelt empört war, weil
er kurz zuvor einen ähnlichen Fall in seiner
Röttier Gemeinde öffentlich gerügt hatte, dadurch
er sich viel Feindschaft zugezogen; und
nun geschah ihm das in der eigenen Familie. Die
Sophie blieb weiterhin in Stille und Zurückgezogenheit
bei ihrem hochherzigen und lieben Bruder
Friedrich Wilhelm, über dessen Lippen nie
ein Wort des Vorwurfs, wohl aber immer wieder

Trost und Stärkung kam. Aber es war für sie
dann doch ein großer Schmerz, als sie im Februar
des folgenden Jahres erfuhr, daß ihr Theobald
sich doch schnell eines anderen besonnen und
wieder geheiratet hatte, auch diesmal ein mark-
gräfler Maidli, die Katharina Barbara Bürgelin
von Muggardt bei Badenweiler. Aber es tat der
Protheuser Freundschaft durchaus keinen Abbruch
, daß der Vogt in Weil, der Tobias Günttert,
diese Trauung vornahm. Dadurch erfuhr der
Permenideus im fernen Karlsruhe von der ganzen
Geschichte, die ihm des Vogts Schwägerin,
die Gustave Fecht, in allen Einzelheiten mitteilte,

Röttier Chilft

wie das Frauen schon gerne in dergattigen Fällen
tun. Jedoch der Hebel ging in seiner weitherzigen
Weise und .mit zartem Humor auf diese
Sache ein in dem bekannten, reizenden Brief an
den Tobias, in dem er sich so köstlich über den
mittlerweile nach Durlach versetzten liederlichen
Bammert beklagt, der ihm sein zum Ausputzen
übergebenes Pfeiflein nicht mehr zurückerstattet.
Unter anderem las der Vogt in dieser Epistel
mit Ergötzen, und zeigte die Stelle auch dem
Zenoides Friedrich Wilhelm und der Gustave:
„Aber sone Pfifli isch wie ne schallos Eili, wie
ne Sechsmonetchindli (doch nit der Landvögti
ihres)!" und damit hatte der Sünder Lucas Fäsch
einen zarten Gingg bekommen — und weiter
unten stand zu lesen, wie man solchem Pfeiflein
wieder zum alten Glanz verhelfen könne: „un

(Fortsetzung Seite 13)


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