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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1953-04/0005
Die Markgrafschaft

3

Künstler in Hebels Landen

i.

Karl Ramisch, Schlierigen / Von Hanns Bastanier, Müllheim

Im Jahr 1919 gründete der Maler Karl Ramisch,
Lehrer in einem kleinen deutschen Städtchen in
Böhmen, im Einvernehmen mit einer kleinen
Gruppe gleichgesinnter junger Männer aus Begeisterung
für Thomas kulturelle Sendung einen
„Hans Thoma - Bund" im Sudetengau und bat
den Meister, die Schutzherrschaft über diesen
kleinen deutschen Kulturbund zu übernehmen.
Hans Thoma nahm in herzlichster Form an und
erhielt alsbald zu seiner Freude als Ehrengabe
einen von sudetendeutschen Künstlern entworfenen
, von Glasbläsern und Schleifern geschaffenen
bernsteinfarbenen Deckelpokal, der noch heute
im Thoma-Museum in Bernau steht. Der Meister
vom Kaiserstuhl, Adolf Bühler, malte in einem
seiner berühmtesten Bilder Thoma mit diesem
Pokal, wie er als getreuer Eckehard der deutschen
Kultur diesen Gral in seinen Händen trägt, um
ihn durch alle Fährnisse hindurch für die Zukunft
des deutschen Volkes zu retten. — So geschehen
ein Jahr nach dem Zusammenbruch des deutschen
Volkes am Ende des ersten Weltkrieges.

Es gibt wohl in jedem Leben Handlungen,
die wie ein Querschnitt durch den Kristall
menschlichen Wesens wirken und die Haltung
des Menschen in zusammengedrängter, aber auch
einprägsamster Form widerspiegeln. Aber nicht
oft drängen sich solche Querschnitte dem Betrachter
eines Lebens so eindeutig auf wie hier bei
Karl Ramisch, dessen ganzer Idealismus, dessen
künstlerisches, politisches und menschliches Streben
in dieser von jugendlicher Begeisterung getragenen
Handlung wie in einer Knospe enthalten
sind. Diese seine Eigenschaften haben sich
dann entfaltet und werden sich noch weiter entfalten
: als Begeisterung für die Leistungen des
deutschen Geistes aller Zeiten, als Ehrfurcht vor
der Natur und vor den besten deutschen Meistern,
als ein Fußen auf handwerklichem Können und
als Streben nach dem höchsten- metaphysischen
Inhalt des menschlichen Lebens.

In diesem großen, weitgesteckten Rahmen bewegt
sich Ramischs Kunst, die ihn seit frühester
Jugend erfüllt hat, als er, ein Sproß alteingesessener
, ehrwürdiger deutscher Handwerkerfamilien,
in Böhmisch Kamnitz, in der sogenannten sudetendeutschen
Schweiz, im Jahre 1900 das Licht der
Welt erblickte. Schon als kleiner Junge wurde er
von den Eltern gebeten, den Nachbarskindern
Tiere und Menschen zu malen, „weil er es so gut
konnte". Es muß eine Urbegabung in ihm gewesen
sein, denn die Schule kann ihn auf diesem
eigentlichen Gebiet seines Wesens wenig angeregt
haben. Da hieß es nämlich auf einem mit
numerierten Punktreihen versehenen Blatt Papier
zum Beispiel „von Punkt 3 der 5. Linie nach
Punkt 7 der 4. Linie" usw. Striche zu ziehen, die
am Ende dieses Punktsystems vielleicht „ein
Haus" ergaben.

Aber, „wer mal so ist, muß auch so werden",
heißt es schon bei Busch, und so wurde es auch

bei Karl Ramisch. Zwar mußte er trotz aller
Liebe zur Kunst Lehrer werden, weil sein Vater
es so wollte, der den unsicheren Aussichten des
Künstlertums nicht traute, wenn Busch auch an
anderer Stelle behauptet: „Viel Geld kann der
verdienen, der Farben kauft und malt mit ihnen!"
So mußte also aus dem träumenden und malenden
Kinde ein Volksschullehrer werden, der zwar
einmal, von der Kunst verlockt, von der Lehrer-

Madonna K. Ramisch

bildungsanstalt Leitmeritz ausriß und zur Akademie
nach Prag pilgerte, der aber dann doch
bald wieder zurück mußte, um den Werdegang
eines wohlbestallten Erziehers der deutschen
Jügend schweren Herzens zu beenden.

So ist Ramisch zu seinem Doppelleben, seinem
zwiefachen Beruf gekommen, dem schicksalhaften
des Malers und dem bürgerlichen des Lehrers,
die sich aber bis heute nebeneinander vertragen
haben, weil in jedem etwas vom anderen mitgewirkt
hat: beim Lehrer das schöpferische Künst-
lertum, das an dem noch ungeformten Wachs der
Kinderseelen zu wirken sich berufen fühlte, beim
Künstler das zielstrebige, wohlbedachte Weiterbauen
an dem, was die geistigen Künstlerahnen
in ihren Werken als handwerkliches Vermächtnis
hinterlassen haben.

Nimmt 4es da Wunder, daß Ramisch schließlich
Lehrer für Kunsterziehung an der Komotauer
Lehrerbildungsanstalt wurde und in seinen Ferien


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