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Die Markgrafschaft

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Zur Erinnerung an Sanitätsrat Dr. Jutzier

Chefarzt a. D. des Krankenhauses Schopfheim und Ehrenbürger der Gemeinde Schopfheim

Am Karfreitag mittag wurde Dr. Jutzier plötzlich
aus engstem Freundeskreis, in dem er sich
daheim und glücklich fühlte, durch den Tod herausgerissen
. Mit ihm ist ein großer Sohn des
Markgräflerlandes dahingegangen. Er entstammte
einer alten angesehenen wiesentäler Familie. So
ist es nicht verwunderlich, daß er tief in diesem
Boden verwurzelt war. Es ist die Eigenart
dieses Landes am Oberrhein, daß es immer
wieder einmal einen Bedeutenden und Gro-
ßen hervorbringt: das war auch Dr. Jutzier.
Er war als Arzt ein Berufener, ein Meister
der Chirurgie mit einer „Meistergsinnig".

Der nach langer Ausbildungszeit gefaßte
Entschluß, große Chirurgie auf dem Lande
auszuüben, war mit den damit verknüpften
schwierigen Umständen ein großes Wagnis.
Daß seiner Niederlassung in seiner Heimatstadt
der Erfolg trotzdem beschieden war,
erwiesen die kommenden Jahre. Große
Chirurgie in diesem Ausmaße wurde sonst
in dieser Zeit nicht einmal an allen Universitätskliniken
ausgeübt. So war er lange
ein Einsamer und Unerreichter im weiten
Lande.

net, in sein Krankenhaus einwies, ist der Feind
von gestern vergessen, er sieht in ihm nur einen
Freund und zugleich die leidende Kreatur.

Wenn anfangs erwähnt wurde, daß Jutzier
seine Heimat über alles schätzte und ehrte, so
galt trotzdem seine ganze Liebe und sein Schmerz
einem großen und schönen Deutschland. Dafür

Aus jener Tätigkeit seien nur kurz seine
Operationen in der Brustchirurgie erwähnt,
die damals in den ersten Anfängen* standen
, wie auch die der Speiseröhre und
mancher Eingriff in die Bauchorgane. Es
wäre aber verfehlt, zu glauben, daß er an
diese Operationen nur mit einem Wagemut
heranschritt. Jedem dieser schwierigen Eingriffe
gingen reifliche Überlegungen voraus
, die alle Möglichkeiten mit in Erwägung
zogen. An Erfolgen berauschte er sich nie,
dagegen suchte er die Ursache eines jeden
Zwischenfalles oder Fehlschlages zu erforschen
. Sein ärztliches Handeln war stets
Von unbedingter Ehrlichkeit gegen sich
selbst bis zu den letzten Konsequenzen

geleitet. Und dies forderte er auch von all _

denen, die mit ihm arbeiteten. Daß dieser
immer sinnende und überlegende Mann
nach außen hin oft als ablehnend und
unwirsch galt, ist nur zu verständlich. Auch
seine nächste Umgebung hatte es nicht immer
leicht. Disziplin und Unterordnung waren Selbstverständlichkeiten
, subalterne Unterwürfigkeit
haßte er. Er war eine Herrennatur, bei der
Zornesausbrüche keine Seltenheit waren. Aber
immer wieder wurde seine impulsive Art
von einem versöhnenden Humor durchströmt;
dieser Humor konnte sich aber auch bis zum
beißenden Spott wandeln. Bei einem Gespräch
über das Buch „Die Heilige und ihr Narr"
erwähnte er beiläufig:, „So ist es, sie ist immer
die Heilige und er ist der Narr".

Am besten aber zeichnet doch Jutzier folgende
Begebenheit. Als man ihm seinen persönlichen
Feind und Widersacher, vom Tode gezeich-

Sanitätsrat Dr. Friedrich Jutzier

setzte er sich auch mit der ganzen Kraft seiner
Persönlichkeit ein, auch in solchen Zeiten, wo
dies Mut erforderte.

Jutzier war allen Fragen des Lebens aufgeschlossen
, er beschäftigte sich mit Wissenschaft,
Kunst und Philosophie, wußte aber trotzdem:
„Es git au no Sache ähne dra!".

So zog am Ostermontag ein Einspänner die
Leiche dieses großen Alemannen hinaus durch
die Stadt auf den Gottesacker, begleitet von
einer großen Trauergemeinde. Und wenn er auf
das alles noch einen Blick hätte tun können, so
hätte er sich gefreut über zwei junge Rappen,
die auf der Wiese aufhorchten und munter
wieherten, während der Leichenzug mit Trauermusik
sich an ihnen vorbeibewegte. G. Fa.


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