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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1953-07/0008
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Die Markgrafschaft

Vom Erzbergbau in Sdoliencjen

(Von der Wiederaufnahme im ersten Weltkrieg bis zum Ende)

Wenn man vom Weinort Schliengen über den
Ortsausgang hinaus in Richtung auf das tausendjährige
Liel marschiert, entdeckt man bald zur
linken Hand Gebäudereste, die lebhaft an einen
Bunker erinnern. Beim Nähertreten kann man
dann feststellen, daß es sich um einen türgestell-
ähnlichen Eingang handelt, der allerdings in
jüngster Zeit zugemauert wurde. Eingebaut in
den hohen Rain, scheint dieser Eingang direkt in
den Berg zu führen. Was hat es nun mit diesem
Bauwerkrest auf sich, der hier, in der Einsamkeit
, ein vergessenes Dasein zu fristen scheint?

Nun, wenn man in den Akten der Schlienge-
ner Gemeindeverwaltung blättert, erfährt man,
daß dieses Überbleibsel einer vergangenen Zeit
manchen Menschen noch gut in Erinnerung ist,
wenn auch wohl nur wenige wissen, was sich
hinter dem jetzt verschlossenen Eingang verbirgt
. Jedenfalls bewarb sich noch vor nicht zu
langer Zeit ein unternehmungslustiger » junger
Handwerker um die Erlaubnis, auf diesem Grundstück
eine kleine Schraubenfabrik einrichten zu
dürfen. Es blieb aber nur Projekt, weil der
Betreffende es dann vorzog, jenseits des Ozeans
sein Glück zu versuchen.

Sonderbarerweise aber hat an der Stätte, wo
er zuerst sein Glück versuchen wollte, manch
einer das gleiche gesucht; denn diese Gebäudetrümmer
zeigen den Ort an, wo sich früher die
Schliengener Erzgrube befand.

Schon manchmal, wenn ich an dem verwitterten
Eingang vorüberging, reizte es mich, mehr
zu erfahren über Art und Schicksal des Gemäuers
; aber die Auskünfte, die ich bei meinen
Erkundigungen erhielt, formten sich doch nicht
zu einem richtigen Bild.

Da lernte ich endlich in dem Schliengener
Schreinermeister Leopold Senft den Mann keinen
, der nicht nur großes Interesse für die Vergangenheit
Schliengens bewies, sondern der auch
selbst in seinen Jugendjahren in dem Bergwerk
gearbeitet hatte. Einschränkend sei allerdings im
voraus bemerkt, daß es sich damals, als er seine
Tätigkeit begann, um eine Wiederinbetriebnahme
einer verlassenen Erzgrube handelte.

Doch lassen wir einmal meinen Gewährsmann
selbst erzählen: „Als ich als Knabe einmal im
„Unteren Lai" — einem Gewann — das Vieh
hütete, fand ich, von Gesträuch teilweise verdeckt
, am Fuße eines hohen Rains, einen türähnlichen
Eingang, der in eben diesen Rain zu
führen schien. Natürlich zerbrach ich mir den
Kopf darüber, was dieser waagerecht in den Berg
führende Gang wohl zu bedeuten habe. Meine
Eltern, denen ich meine Entdeckung mitteilte,
erzählten mir, daß es sich hier um einen alten,
verlassenen Erzgrubenstollen handle, aus dem
man früher Eisenerz gewonnen habe. Der Stollen
sei früher durch den ganzen Berg hindurchgegangen
und bei der sogenannten „Kutzmühle"
wieder ins Freie getreten. Gleichzeitig warnten

mich aber die Eltern, je in diesen Stollen hineinzugehen
, da die Einsturzgefahr groß sei. Einige
Zeit erfüllte mich die Möglichkeit, auf solche ^Art
lebendig begraben zu werden, mit dem nötigen
Respekt, und stets machte ich einen Bogen um
den Eingang; aber als ich dann älter wurde und
gleichaltrige Kameraden fand, die ebenfalls auf
Entdeckungen ausgingen, gab ich ihnen mein
Geheimnis preis und, bewaffnet mit Stallaternen
oder den Resten von Christbaumkerzen, drangen
wir in den Stollen ein, um der Erzgrube ihre
Geheimnisse zu entreißen und womöglich noch
verborgene Schätze zu finden. Nun, was wir
entdeckten, vermochte die Welt nicht aus den
Angeln zu heben, obwohl wir Buben uns bei
unserer Forschertätigkeit sehr wichtig vorkamen
und alles wie in einem romantischen Schimmer
sahen.

Die nüchternen Tatsachen ergaben folgendes
Bild: Der Anfang des Stollens war ausgemauert
und mit Platten gedeckt. Etwa 40 Meter weiter
hinten hörte das Mauerwerk auf. Die Höhle
führte dann noch einige Meter über abgefallene
Lehmbrocken weiter — und damit war auch
unserem Unternehmungsgeist — vielleicht zu
unserem Glück — ein Ende gesetzt, weil nur
noch fuchsbaugroße Spalten den weiteren Verlauf
des Stollens andeuteten.

Ältere Burschen, die von unseren „Höhlenforschungen
" hörten, verrieten uns, daß sie vor
Jahren noch über die Stellen, die jetzt durch
Stolleneinbrüche ungangbar geworden waren,
hatten hinwegklettern können. Damals förderten
sie noch haufenweise Rötelsteine — eine weiche,
rote Felsmasse, mit der man die Wände beschmieren
konnte — zutage. Ein zehn Jahre
älterer Nachbarsohn hatte noch solche Rötelsteine
im Besitz.

Dies sind so meine ältesten Erinnerungen an
die Erzgrube oder wie man auch in Schliengen
sagte, an den „Altinger Stollen". Denn er befand
sich ja in jener Gegend, wo einmal die
Siedlung mit Schloß Altikon gewesen sein soll.

Einige Jahre später sollte es mir beschieden
sein, mit dem verlassenen Stollen in engere
Beziehung zu treten. Und dies kam so: ungefähr
in der zweiten Hälfte es ersten ^Weltkrieges kam
ein älterer Mann namens Schanz in unsere Gegend
. Wie man hörte, sollte er aus dem Rheinland
stammen und später in Badenweiler eine
Gaststätte besessen haben. Es ging auch das
Gerede um, daß er vor dem ersten Weltkrieg in
Rußland an Erdölquellen beteiligt gewesen sei;
während der Kriegswirren aber dieses Land verlassen
habe. Kurz und gut, dieser Herr Schanz
hatte sich nichts mehr und nichts weniger vorgenommen
, als die alte Erzgrube wieder in
Betrieb zu nehmen.

Unter Assistenz eines alten Bergbau-Fachmannes
, Tröndlin aus Oberweiler, sowie dessen
Schwager, ließ Schanz den Eisenerzstollen wieder


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