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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1953-08/0014
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Die Markgrafschaft

Allerlei Sagen aus Sdoliengens Vergangenheit^

Das Prädikanten-Brünnle

Ungefähr 100 Meter unterhalb der „unteren
Wagenstelle", da wo die versumpften Weiden
stehen, liegt das Gewann „im Ugselt". Dort
sprudelte einst eine Quelle hervor, die man das
„Prädikanten-Brünnle" nannte.

In früheren Zeiten erschien bei der Quelle
jedes Jahr in der Neujahrsnacht um 12 Uhr ein
Zwerglein. Das hielt in der einen Hand eine
Traube, in der andern eine Ähre. War nun die
Traube groß und schön, dann durfte man einen
guten Herbst erwarten, — und war seine Ähre
voll und gelb, dann stand eine reiche Ernte in
Aussicht. Trug das Männlein aber eine kleine,
faule Traube und eine armselige Ähre mit
schwarzen Körnern dazwischen, dann gab es eine
magere Ernte und einen schlechten Herbst.

So war das Zwerglein schon seit Menschengedenken
Jahr um Jahr erschienen, und viele
Schliengener waren immer in der Neujahrsnacht
zum Prädikanten-Brünnle gegangen, um dort
zu erfahren, wie das kommende Jahr ausfallen
würde.

Da faßte man aber die schöne Quelle und
leitete das Wasser in den Ziegelhof. Das Zwerglein
ärgerte sich anscheinend darüber; denn seit
jener Zeit ließ es sich nimmer blicken.

Die Schliengener wissen aber seither auch
nicht mehr als andere Leute, und können heute
über einen zukünftigen Herbst oder die Ernte
auch keine bessere Auskunft geben als die
Mauchener und Bellinger. Weshalb haben sie
auch dem Zwerglein seine schöne, gute Quelle
genommen?

Der Lösch-Brunnen

Wenn man den Hohlenbach entlang und Liel
zu geht, sieht man rechts am Abhang ein Rebgelände
, „Lösch-Brunnen" geheißen.

Mitten in diesen Reben entsprang früher eine
Quelle. Wenn die Sonne heiß vom Himmel schien
und die Rebleute im Schweiße ihres Angesichts
schafften, dann gingen sie gerne aus den umliegenden
Reben zum Brünnlein und löschten
ihren Durst, erfrischten sich. So war die Quelle
eine Wohltat für viele und sie freuten sich über
das Gottesgeschenk.

Aber einer ärgerte sich auch darüber. Das
war der Bauer, dem das Rebstück mit dem
Brünnle gehörte. Es verdroß ihn, daß die Leute
durch sein Eigentum gingen. Wie er wieder einmal
darüber nachdachte, was er nur machen
sollte, damit die Quelle verschwinde, stand vor
ihm eine alte Frau. Die sprach: „Tue Quecksilber
in die Quelle, dann verlöscht sie!" — Der Mann
schlich sich ein paar Tage später gegen Abend
zu seinem Rebstück hinauf. In einem Gefäß trug
er Quecksilber. Das schüttete er in die Quelle.
Im selben Augenblick aber krachte ein fürchterlicher
Donnerschlag, und vor dem erschrockenen
Rebbauern stand ein gewaltiger Riese. Der rief
ihm zu: „Weil du deinen Mitmenschen das Wasser
nicht gönnst, mußli du in drei Tagen sterben!"

Der Mann kam elend heim und legte sich nieder.
Nach drei Tagen holte ihn der Schnitter Tod.

Die Quelle aber war tatsächlich aus den Reben
verschwunden. Ganz unten, nahe beim Hohlenbach
, tritt sie heute hervor.

Der Schatz auf der „Eckt"

Nach ihrer verlorenen Schlacht bei Schliengen
im Jahre 1796 hatten die Franzosen keine Zeit
mehr, ihren auf der „Eckt" vergrabenen Kriegsschatz
wieder herauszuholen. Sie mußten laufen,
was sie konnten, damit sie rasch an den Rhein
kamen.

Einige Bamlacher hatten nun später durch
Freunde aus dem Elsaß von diesem Franzosenschatz
gehört und das Versteck genau erkundet.
Sie fingen an der bezeichneten Stelle an zu
graben und stießen auch endlich auf eine große
eiserne Kiste. Während sie mit Feuereifer schafften
, tanzte ein Zwerglein um sie herum und
machte allerlei Possen. Die Männer waren gerade
dabei, die Kiste in die Höhe zu heben, als einer
von der Arbeit weg nach dem Teufelskerlchen
sah. Er mußte über seine Künste lachen. Sofort
verschwand die Kiste und sank in die Tiefe. Es
hat sie seither niemand wieder finden können.

Der Silberknappen letzte Schicht

„In Schliengen gräbt man Silbererz" — so
konnten in vergangenen Zeiten unsere Vorfahren
singen und sagen; denn in ihrem Bergwerk gab
es viel, viel Silber.

Im Löschbrunnen bei dem Felsen auf den
Matten links des Weges, der hinauf zu den Reben
geht, war der Eingang zum Stollen. Einigen
Bergknappen war der große Silberreichtum zu
Kopfe gestiegen und sie kamen in ihrem maßlosen
Übermut auf einen teuflischen Einfall. Ein
junger Muni wurde herbeigetrieben und gefesselt
in den Stollen geschafft. Dort wurde dem
armen Tier bei lebendigem Leib die Haut abgezogen
und auf den wunden Körper Salz gestreut.
Die furchtbaren Schreie und das ohnmächtige
Wehren der gepeinigten Kreatur ergötzte die
Herzlosen.

Da — plötzlich — ein Knistern, ein Knirschen
im Gestein, ein furchtbares Krachen, und der
Stollen war zusammengestürzt.

Als das Verschwinden der Knappen bemerkt
wurde, machte mari sich auf die Suche und wollte
ihnen zu Hilfe kommen. Vor dem verschütteten
Stollen hörte man dumpfe Hilferufe und eifrig
wurde gewerkt und geschafft, um zu ihnen
durchzudringen. Doch glaubte man, den letzten
Spatenstich getan und die Knappen gerettet zu
haben, so ertönten deren Rufe nur ganz schwach
in weiter, weiter Ferne. Die Arbeitenden sahen
die Nutzlosigkeit ihres Beginnens ein und überließen
die Frevler ihrem Schicksal, das sie sich
selbst verdient hatten.

Der Berg hatte sie nicht wieder hergegeben
und auch seine Silberschätze waren von dieser
Zeit an verschwunden. E.Jäger


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