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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1953-09/0005
Die Markgrafschaft

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lateinische Logik und Redekunst unterrichtet;
gelesen wurden Vergil, die Apologien des Justin,
Reden Ciceros und ausgewählte Dichtungen sowie
politische Texte. An diesen vorgeschriebenen
Lehrstoff hatten sich die Dozenten streng zu
halten. Daher die Mahnung: „Bei diesen Lectio-
nibus soll es sein Verbleiben haben und sich
niemand unterstehen, bei Straf von 10 Talern,
ohne unseres Consistorii Vorwissen etwas auszulassen
, zu ändern oder neuerdings einzuführen!"
Der Präzeptoratsdiakon und der Präzeptorats-
vikar hatten dazu noch mittags von 12 bis 1 Uhr
abwechslungsweise Musikunterricht zu erteilen
und jeden Samstagnachmittag ein Collegium
musicum zu halten mit Probe für die musikalischen
Darbietungen im Gottesdienst der Sonn-
und Feiertage. Vom Jahr 1767 an wurde dann,
wie später zu erwähnen sein wird, auch noch
französischer Unterricht am Pädagogium erteilt.

In den allgemeinen Anweisungen zur Lehrmethode
fällt uns die modernere Betonung des
verstandesmäßigen Lernens auf, im Gegensatz
zum reinen Auswendiglernen, wie es an den
mittelalterlichen. Schulen betrieben wurde. Auch
dieser Wandel in der Methode geht wohl aus
dem neuzeitlichen Geist hervor, wie er an den
thüringisch-sächsischen Schulen gepflegt wurde
und wie er in der Pädagogik eines Christian
Weise, der in Weißenfels und Zittau wirkte, und
August Hermann Franckes in Halle seinen Ausdruck
findet. So wenden sich auch die Statuten
des Lörracher Pädagogiums gegen totes Gedächtnislernen
und verlangen ein lebendiges Verständnis
des Stoffes: „Die Docentes unseres
Pädagogii haben sonderlich darauf zu sehen, wie
sie in allen lectionibus sacris et profanis, wie
selbige Namen haben, nicht soviel auf die Wort
der Praecepten und auf überflüssiges Memo-
rierungstreiben Wert legen als vielmehr den
wahren Sinn derselben explizieren und alles ad
usum applicationis et praxis bei der Jugend
bringen (d. h. die praktische Anwendung darlegen
sollen), denn dadurch sie die Sache viel
besser begreifet und zumalen das Judicium sehr
acurieret (d. h. die Urteilskraft schärft". Die
größte Bedeutung kommt dem Unterricht im
Lateinischen zu. Die Schüler sollen die Konstruktion
der lateinischen Sätze, den Aufbau des
lateinischen Textes erkennen lernen, sie sollen
sich einen eleganten lateinischen Stil aneignen,
sie sollen Auszüge aus lateinischen Schriftstellern
anfertigen oder eigene Texte im Stil eines
bestimmten lateinischen Klassikers verfassen. Im
Griechischen und Hebräischen soll mehr darauf
gesehen werden, „daß die Jugend einen Text
wohl analysieren lerne, als daß man sie mit
vielem Vertieren (Übersetzen) in solchen Sprachen
plage". Aber auch die deutsche Sprache
sollte, wie eingangs erwähnt, sowohl in Prosa
wie in Dichtung gepflegt werden. Sollte der
Lehrer einen Stoff behandeln wollen, dem nicht
alle Schüler zu folgen vermöchten, so sollten
diese aber nicht müßig und unbeschäftigt sein,
sondern entsprechende Aufgaben erhalten. Die
Lehrer sollen alle schriftlichen lateinischen Stilübungen
aufs Sorgfältigste im Unterricht oder —

£)*bds Sterben

Du warst auf einer strengen Prüfungstour,
Prälat, in den dir fremden Pfälzer Landen,
dem seKbst die schwerste Prüfung widerfuhr,
das Ja zu sagen zu des Schicksals Spur,
und siehe, Meister, du hast sie bestanden.

Dein letzter Weg führt dich in deine Welt,
in einen herbstlich farbenreichen Garten,
wo jedes Blümlein, freundlich dir gesellt,
dir einen Willkommgruß entgegenhält
aus jenem Lenz, dem längst von dir erharrten.

Dein Fürst, der einen Gruß dir noch entbot,
schickt dir den Hofarzt, der dich oft kurierte;
er traf dich schon in herber Sterbensnot.
Ein andrer Arzt trat zu dir ein, der Tod,
dein Kamerad, der oft von dir zitierte.

Sie haben dich mit feierlichem Wort
in jenem fernen Friedhof bald bestattet.
Ein einsam Grab im stillen Parke dort
zeugt noch von deinem letzten Ruheort,
von einer Trauerweide überschattet.

Den Lorbeer drückten sie noch auf dein Haupt,
eh' sie der Erde sanft dich übergaben.
Uns aber hat der Tod dich nicht geraubt.
Wer hat den besten Sohn je tot geglaubt,
den treusten Heimathüter, den wir haben?

R. N.

wenn die Zeit dazu nicht ausreicht — zu Hause
korrigieren. Sie sollen dann natürlich alle grammatischen
Fehler und alle „Germanismi bar-
barissimi", d. h. alle im Lateinischen stilwidrigen
wörtlichen Übertragungen aus dem Deutschen
mit den Schülern besprechen und verbessern. Die
Statuten verlangen auch vom Prorektor, er solle
darauf dringen, daß die Jugend sowohl während
wie auch außerhalb des Unterrichts soviel wie
möglich lateinisch rede, und daß die Unterlassung
dieser Vorschrift nach Gebühr bestraft werde.

Die Präzeptoren des Pädagogiums werden in
den Statuten von 1719 aber nicht nur als Dozenten
und Wissensvermittler angesprochen, sie
sollen auch, wie, ja schon einmal betreffs des sittlichen
Vorbildes erwähnt wurde, Erzieher ihrer
Schüler sein, sie sollen ihnen mit Zuneigung und
Geduld begegnen.

„Es wird einem jeden Praeceptori überlassen,
ja nach seinen Pflichten und Gewissen anbefohlen
, daß er auf die natürlichen Gemütsregungen
und Neigungen seiner Scholaren genau Achtung
gebe, diejenigen Laster, wozu mancher vor dem
andern am meisten inclinieret, ihnen vornehmlich
verhaßt mache, die Schüchternen und Furchtsamen
aufmuntere, die Frechen aber im Zaun
halte, wozu eine besondere, gute Klugheit erfordert
wird". Die Lehrer sollen ihre Schüler nicht
nur im Unterricht beaufsichtigen, sie sollen .sich
auch um deren Betragen in ihrer „Kost", d. h. in
der Familie, wo sie wohnen, kümmern. Sie sollen
sich vergewissern, wie sich die Schüler gegenüber
Älteren, Gleichaltrigen und Jüngeren ver-


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