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Die Markgrafschaft
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Bilder aus einer merkwürdigen Stadt i k. Schäfer
Von der merkwürdigen Entstehung der merkwürdigen Stadt
(2. Fortsetzung.)
Auch das Interdikt konnte die Stadt in
ihrer Stellungnahme nicht beeinflussen. Ein
neuer Gegenkönig, Graf Wilhelm von Holland,
wurde gewählt. Auch er erkannte am 12. Mai
1251 die Forderung des Grafen Konrad auf
die Stadt Neuenburg an. Am 13. Dezember
1250 war indessen Friedrich II. gestorben; der
unglückliche Konradin hatte auf dem Schafott
zu Neapel sein junges Leben geendet. Auch
König Konrad war im Jahre 1254 seinem
Vater in den Tod gefolgt. Der Rheinische
Städtebund aber, dem auch Neuenburg angehörte,
hatte als Nachfolger den Gegenkönig Wilhelm
von Holland als rechtmäßigen Kaiser anerkannt.
Dies war für Neuenburg ein schwerer Schlag,
denn nun trat dessen Anerkennung der Forderung
des Grafen Konrad auf den Besitz der Stadt
in Wirksamkeit. Sie stand nun ohne Rückhalt
und mußte sich in die Unterwerfung fügen. Des
neuen Kaisers Herrschaft war nicht von langer
Dauer. Im Kampfe mit den Friesen war er schon
1256 gestorben. Dem Grafen Konrad hingegen
war eine lange Herrschaftszeit beschieden. Mehr
als dreißig Jahre hatte seine Regierungszeit gewährt
, als er gegen Ende des Jahres 1271 starb
und durch den Tod davor bewahrt blieb, den
Zusammenbruch des Erfolges seines viel jährigen
Kampfes um Neuenburg zu erleben.
Drei Söhne hinterließ er. Der jüngste schied
als Erbe aus, da er sich dem geistlichen Stande
widmete. Der ältere, der sich Egeno III. nannte,
übernahm die Herrschaft Freiburg bis Heiters-
heim. Graf Heinrich aber erhielt die Herrschaft
Badenweiler mit der unglücklichen Stadt Neuenburg
.
Es war das Frühjahr 1272. Der Tag war angesetzt
, an dem die Bürgerschaft Neuenbürgs
unfreudigen Herzens dem neuen Herrn huldigen
sollte. Es war ein prächtiger Vorfrühlingstag im
Märzen. Die Wasser blinkten wie Silber, auf und
ab lag die Ahnung des kommenden Frühlings
über dem Lande, als Graf Heinrich von Badenweiler
her an der Spitze seiner Herren in die
Ebene hinausritt, der Stadt am Rheine entgegen.
Sein Herz war voll Ubermut. Er kannte den
zähen Kampf der Stadt um ihre Reichsunmittel-
barkeit und wollte sie's fühlen lassen. Die Bürger
sahen aber mit Groll dem morgigen Huldigungstage
entgegen. Es herrschte eine gewittrigschwüle
Stimmung in^ der Stadt. Manch aufrührerisch
Wort wurde an den Familientischen
und in den Stadtschänken gesprochen. Und auch
im Rathaus an den Lauben waren die Gesichter
nicht von Festesfreude erhellt. In diese Stadt
ritt Graf Heinrich ein mit seinem Gefolge. Er
fühlte wohl nicht die Gewitterwolke über der
Stadt hängen, er hätte anders gehandelt, als er
tat. Er verlangte Jubel um sich und Huldigung.
Als die klare Vorfrühlingsnacht von der jungen
Saat der frischen Äcker sich erhob, und mit
ihrem berauschenden, kühlen Hauche sich über
die türmereiche Stadt breitete mit ihren Markt-
und Gerichtslauben, ihren Brunnen und spitz-
giebeligen Dächern, begegnete Heinrich einer
jungen Bürgersfrau. Vielleicht war sie liebreizend
wie die frühlingsahnende Nacht, wir wissen es
nicht. Vielleicht war es freventlicher Ubermut,
vielleicht war es auch Liebe, wir wissen es nicht.
Er hing ihr an, und er führte sie in die nächtlichstille
Stadtmetzig, wie die Chronik berichtet,
und er besaß sie dort. Ihr Mann, ein ehrbarer
. Hur t flkgd!
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Metzgermeister, der sie suchte, fand sie in den
Armen des Grafen. Nun brach der Blitz aus der
Gewitterschwüle hernieder. Der Meister alarmierte
die Stadt. Aus allen Häusern und Gassen
strömten die Bürger zusammen. Geschrei erhob
sich, Waffen blitzten. Die helle Empörung brach
aus. Mit Not nur konnte Graf Heinrich sich der
heißen Huldigung der Neuenburger Bürger erwehren
) und in seine feste Burg am oberen Stadttor
flüchten. Hoch gingen die Wogen in Neuenburg
. Es war eine denkwürdige Vorfrühlingsnacht
. Männertrotz, Bürgermut und -stolz erhoben
sich. Wahrlich, ein Polterabend sondergleichen
für den morgigen Huldigungstag, ein Polterabend
, der die Ehe zerschlug. Indessen tagte der
Rat der Stadt. Es war den Männern klar, daß
Graf Heinrich sich rächen würde. Aber dies war
ihre Sternenstunde, in der sie sich dem Schicksal
stellten, um das Gesetz des Handelns an sich zu
bringen. Und sie fanden folgenden Rat: Der
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