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Die Markgrafschalt
weiter nach Frankfurt und nach Aachen zur
Krönung. Nicht lange danach ritt Heilwig, des
Königs Gemahlin, durch das Tor der Stadt, ebenfalls
auf dem Wege zur Krönung. Es war eine
hoffnungsvolle Freude, die sie da empfing und
wieder weitergeleitete zum Ausgang der Stadt.
Auf dem Rückwege fuhr Rudolf mit seiner Gemahlin
von Straßburg aus mit dem Schiff und
legte am Rheintor der Stadt an. Wieder wurde
er mit Gepränge und Glockengeläute empfangen.
Im Ratssaale trug man ihm die Klage gegen den
Grafen Heinrich vor, verbunden mit der Bitte,
die Stadt nicht an Heinrich auszuliefern, sondern
sie in seinen gnädigen Schutz zu nehmen. Dies
lag nunmehr ganz im Interesse des Kaisers. Er
fällte seinen Spruch am 13. Januar 1274, am Tage
vor seiner Weiterreise: er nahm die Stadt in seinen
Schutz. Dem Grafen Heinrich aber mußte
eine Genugtuung geboten werden. Er durfte
seine Gefangenen bis auf die Haut ausziehen und
ihr Lösegeld nach Belieben einschätzen. Außerdem
erhielt er den zehnten Teil aller Güter der
Stadt. Schon im März des gleichen Jahres trug
Kolmar der Stadt ein Schutz- und Freundschaftsbündnis
an. Es war auf die Anordnung des
Königs geschehen, der dem Grafen Heinrich nicht
traute. Der Graf begleitete den König auf allen
Fahrten. Zäh bat er immer wieder um die Zuteilung
der Stadt, forderte schließlich immer
dringender ihre Rückgabe. Ja, er schloß sogar in
Gemeinschaft mit seinem Bruder Egeno am
18. Juli 1280 ein Bündnis mit dem Landgrafen
im Elsaß gegen den König und legte als Bedingung
fest, daß ihm Neuenburg zufallen solle.
Rudolf mußte mit Waffengewalt gegen ihn vorgehen
und belagerte Freiburg. Es kam zur Aussöhnung
in Kolmar am 21. Oktober 1281. Heinrich
unterschrieb an diesem Tag den endgültigen
Verzicht auf die Stadt Neuenburg. Von 1219 an,
dem ersten Jahre der Freiheit der Stadt, war der
Kampf gegangen bis zu diesem Herbsttage des
Jahres 1281. Sechs Jahrzehnte einer inneren
Bereitschaft zur Selbstbehauptung schienen ihren
Lohn erhalten zu haben. Neben Freiburg und
Breisach war Neuenburg zum bedeutendsten Ort
am Oberrhein geworden. (Fortsetzung folgt.)
Die Kirdoe von
Wir kamen von Feldberg. An Weinbergen
vorbei über große Obstwiesen hatte unser Weg
hügelan geführt, bis wir schließlich von der
Höhe auf das Dorf Niedereggenen hinabblickten.
Eng schmiegt es sich an den mit Rebstöcken
bewachsenen Hang. Das Eggener Tal ist, wie das
ganze Markgräflerland, uralter Kulturboden.
Eine wechselvolle Geschichte liegt hinter ihm,
von der noch manche sichtbare Zeugen künden.
Das alte Kirchlein von Niedereggenen gehört
dazu. Es liegt an einem Abhang und ist fast ganz
von dichtem Blattwerk umhüllt. Der romanische
Holzschnitt von Ludwig Barth
Niedereggenen
Turm mit dem schlichten Satteldach überragt
das Schiff nur wenig.
Die niedrige Eingangstür im Turm, neben
der rechts und links zwei gut erhaltene Grabplatten
in die Mauer eingelassen sind, führt in
einen kurzen, gewölbten Gang. Man hat in ihm
den Eindruck, eine Burg zu betreten. Erst darnach
beginnt die eigentliche Kirche. Der Blick
schweift durch das Mittelschiff zum gotischen
Chor. Durch die schmalen, teilweise mit farbigen
Scheiben versehenen Chorfenster fällt das Licht
auf die im Chorrund eingefügten Orgelpfeifen
und auf den schlichten Altartisch.
Das Kirchenschiff wird von einer Holzdecke
abgeschlossen. Unser Blick geht zu dem gotischen
Netzgewölbe empor. Es ist mit vorreformatori-
schen Malereien geschmückt, die erst um 1900
entdeckt und freigelegt wurden. Ein feinsinniger
Restaurator hat sie ganz im alten Stil aufgefrischt
. Bevor man Einzelheiten dieser Malereien
unterscheiden kann, wird man beeindruckt von
dem harmonischen Farbenzusammenklang der
zarten Pastelltöne. Beim Betrachten der einzelnen
Bilder wird einem bald ein tiefer Zusammenhang
klar, der zwischen ihnen besteht. Gegen
die Kirche zu halten im Netzgewölbe zwei Engel
das Schweißtuch der Veronika; auf dem Mauerstück
darunter sieht man die fünf törichten und
die fünf klugen Jungfrauen. Als Zeichen für das
Leiden und die Auferstehung Christi schwebt
das Tuch zu ihren Häupten. In den folgenden
Feldern schließen sich dieser Darstellung die
Symbole der vier Evangelisten an: der Adler des
Johannes gleicht mehr einer großen Taube (vielleicht
wollte der Maler in diesem Vogel die
Kühnheit des Adlers und die Unschuld der Taube
ausdrücken); außerdem sieht man deutlich den
Engel des Matthäus, den geflügelten Löwen des
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