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Die Markgrafschaft
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Hand. Als wieder einmal die Sturmglocke läutete
und der Großvater eiligst aus den Reben gelaufen
kam, traf er die Großmutter dabei, wie sie
ein Bündel ums andere auflöste und nur das
Allernotwendigste in kleine Bündelchen band.
Das andere verschloß sie wieder in Kommoden
und Schränken. Auf seine erstaunte Frage sagte
sie: „So, jetz mien si's wenigstens zämme sueche,
der ander Weg hätte si's numme neh chenne.
Alles chennte mer doch nit mitneh, wenn's an's
Vertlaufe goht". Lächelnd gab ihr der Großvater
recht, während die Kinder verängstigt herumstanden
, angesteckt von des Nachbars Mädchen.
Diese standen in ihren Sonntagskletdchen zitternd
am Hoftor, ihre Bündelchen in der Hand.
Da rief die kleine Hedwig weinend: „Mietterli,
gimer jetz no ne Ankeschnitte un derno schlahsch
mi dod". Ida Preusch-Müller
Die Zieglerfamilie Kammüller in Kandern
Im Markgräflerland kennt man verschiedene
Kammüller-Familien. 1617 erscheint in Kandern
ein Martin Kammüller von Egringen, der eine
Matte in der Wolfshüle hat. In Sitzenkirch leben
seit 1611 Kammüller auf der Mühle bis zum
Anfang des 19. Jahrhunderts. Nach einem Berain
von 1718 liegt hinter dem Kirchhof in Kandern
der Ziegelgarten, der vorne an Martin Kammüllers
Schmieds-Garten stößt. Dieser
Martin Kammüller begegnet uns
im Kirchenbuch, wonach der Bürger
und Schmied Martin Kammüller
dahier 1713 die Tochter des
Schmieds Kaspar Sütterlin heiratet.
Nach einem Berain von 1775 hat
ein Andreas Kammüller ein Stück
Feld bei der Kirche. Auch in Schallsingen
ist eine Kammüller-Familie.
Aber noch immer sind wir nicht
bei der Kanderner Zieglerfamilie
Kammüller.
Dank der jahrelangen, fleißigen
und gewissenhaften Arbeit von
Fräulein Gretel Krieg in Lörrach
können wir diese Familie in Kandern
zurückverfolgen bis etwa 1560.
Friedrich Kammüller heiratete eine
Anna Stich von Hertingen. Er muß
in der Hinteren Mühle gewohnt
haben, denn der Schlußstein über
der Tür zeigt die Anfangsbuchstaben
der Eheleute F K und S A. An sie erinnert
auch ihr Grabstein, der als zehnter von links in
der Mauer hinter der evangelischen Kirche eingelassen
ist. Ihr Sohn Matthias wird erstmals
Ziegler und Hintermüller genannt, und von nun
an sind alle Ziegler. Der Bruder von Matthias
war Zunftmeister der Schuhmacher. Sein Enkel
Johann Friedrich Kammüller heiratete eine
Enkelin von Matthias. Es sind Johann Friedrich'
Kammüller (1720—1793), der im Zieglerhaus
wohnt, und Elisabeth Dietrich, die von der
Hinteren Mühle kommt. Johann Friedrich war
27 Jahre Stabhalter. Vermutlich hat er das Haus
gebaut, an dessen Außenwand ein schöner Spruch
steht.
1718 wurden die Grundstücke der Gemeinde
neu aufgenommen. „Ein Garten, genannt der
Ziegelgarten, hinterm Kirchhof gelegen... Nota:
Es liegt zwar die Ziegelhütte auch zwischen diesen
Wänden. Es ist aber selbige vermog pergamenten
Kaufbriefs sub dato dem 9. Juni anno
1668 für freiledig und eigen verkauft, so folglich
der Zins der 5 Schilling auf diesen Garten allein
verblieben und gelassen worden, so zur künftigen
Nachricht allhier annotiert wird". Es werden
also seit beinahe 300 Jahren hier in Kandern
Ziegel hergestellt an der Stelle, an der heute die
Tonwerke Kandern AG. ihren Sitz haben.
Der Sohn Johann Jakob (1747—1822) heiratete
Schlußstein über der Eingangstüre zur Hinteren Mühle
Foto: W. Trenkle, Kandern
im Jahre 1774 die Elisabeth Hagin von Kirchen.
Er wohnte in der .Hinteren Mühle, die er 1780
umgebaut haben muß. Denn der Schlußstein, von
dem oben schon die Rede war, trägt auch noch
die Buchstaben H K und E H mit, der Jahreszahl
1780. Vermutlich gehen auch auf ihn die gekreuzten
Ziegelformen unter dem Kammrad
zurück.
Sein Enkel Johann Jakob (1803—1863), der
mit Ann^i Maria Kittler von Auggen verheiratet
war, hat wohl die bewegteste Vergangenheit der
Familie. 1844 wurde er Bürgermeister und 1849
Mitglied der konstituierenden Versammlung in
Karlsruhe. Nach der Revolution wurde er zu acht
Jahren Zuchthaus verurteilt, die er in Bruchsal
verbüßen sollte. Nach 15 Monaten wurde er aber
wegen seiner schweren Erkrankung entlassen.
Im folgenden Jahre verkaufte er die Ziegelhütte
an Michael Ruch, der schon vorher von ihm als
Zieglermeister eingestellt worden war. Ruch ließ
die Inschrift am Haus übermalen und dafür über
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