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Die Markgrafschaft
doch sofort ab und wirklich, auf diese in der
heiligen Nacht geschriebene Botschaft an unsere
Angehörigen, erhielten die meisten von uns die
erste Nachricht von zu Hause. Manch einem
brachte die Antwortkarte gute, manchem aber
auch recht traurige Nachricht. Als die Kerzen am
Baum niedergebrannt waren, krochen wir auf
unsere Holzpritschen. Manch einer schlich auch
noch zu diesem oder jenem Kameraden und beschenkte
ihn mit einem Stück Brot, das er sich am
Munde abgespart hatte, oder einer Pfeife Tabak.
Zu mir und einigen anderen Kameraden aus
dem Breisgau und dem Markgräflerland kam
der „Sepp Hierholzer" aus Waldkirch, der das
Glück hatte, in einer Zuckerfabrik zu arbeiten,
und brachte uns ein „Chrömli" in Form einiger
Gutseli: Trotz unserer Müdigkeit schliefen wir
in jener heiligen Nacht lange nicht ein. Ich und
mit mir wohl noch mancher andere Kamerad
erlebten an jenem Abend erstmals die echte
Weihnachtsbotschaft. Eine Botschaft, die in die
Tiefe des Herzens geht, die keiner lauten Worte
und keiner großen Geschenke bedarf, die aber
eine gewaltige Kraft ausströmt, eine Kraft, die
über alle Grenzen hinweg Völker verbinden
könnte. sch.
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Der Rbeinländisdhe Hausfreund spridft mit seinen Landsleuten und Lesern und wünsdbt ihnen das neue Jahr
Eigentlich aber ist nicht viel daran, zu wünschen
; denn es kommt wieder, wie allemal, von
selbst den 31. Dezember 1808, nachts um 12 Uhr,
wenn lose Vögel neben dem Durlacher Hofwirtshaus
zu Karlsruhe Petarden legen, und fast sehr
laut sind, die nicht wissen, daß das neue Jahr
kommt wie ein Geist, der nicht gern will beschrien
sein, wenn er soll viel Gutes bringen.
Andere Leute aber schlafen im Schutze Gottes,
und merken nicht viel davon, wenn die zwei
großen Schildwachen sich ablösen in der Mitternacht
, und geben einander Parole, die niemand
versteht. Dagegen streckt der rheinländische
Hausfreund seinen Lesern ins neue Jahr hinein,
das selber kommt, die Hand entgegen, und
wünscht gesunden Leib, gut Gewissen und Zufriedenheit
, und sagt, daß er dies Jahr seinen
Lesern einen Tag abbrechen muß, nämlich den
29. Februar, weil sonst der Zeug für diesen Monat
nicht zureicht, oder aber die Tage zu kurz ausfallen
könnten, wenn 29 wollten daraus gemacht
werden. Dagegen verspricht er, künftig keine
ferneren Subtraktionsexempel mehr an der Zeit
zu statuieren, sondern alle Jahre 365 Tage ungeschmälert
zu liefern und richtig einzuhalten, bis
bessere Zeiten kommen, die wieder einen Schalttag
ertragen können, und will von Jahr zu Jahr
auf allerlei Lehrreiches zu Spaß und Ernst, auch
schöne Figuren ferner bedacht sein, untereinander
, wie es in der Welt auch zugeht. Einer lacht,
der andere weint. Heute Regen, morgen Sonnenschein
, und unaufhörlich läutet hie und da die
Glocke, dem einen zur Hochzeit, dem andern ins
Grab. Und so will der rheinländische Hausfreund
tun zur Erkenntlichkeit, weil er gesehen und
große Freude gehabt, daß sein Kalender schon
zum erstenmal und fast an allen Orten ist fleißig
gelesen worden, und hat hie und da einer gesagt:
„Der meint's nicht schlimm mit uns", und hat in
einer Erzählung etwas wie ein kleines Goldkörnlein
gefunden und nicht verschmäht. Denn der
rheinländische Hausfreund geht fleißig am Rheinstrom
auf und ab, schaut zu manchem Fenster
hinein, man sieht ihn nicht; sitzt in manchem
Wirtshaus, und man kennt ihn nicht; geht mit
manchem braven Mann einen Sabbaterweg oder
zwei, wie es trifft, und läßt nicht merken, daß
er's ist.
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