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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1954-02/0003
Die Markgrafschaft

Nr. 2/6. Jahrgang

Monatszeitschrift des Hebelbundes

Februar 1954

Ffcrmann 3ucte 75 7at)te

„Heute stehst du fest und groß,
Morgen schwankst du auf der4 Welle".

Diese Inschrift am Stuttgarter Schicksalsbrunnen
legt sich jedem Vorübergehenden auf
die Schulter wie eine niederfallende Hand. Im
verlangsamten Schritt und am deutlich gesenkten
Haupt wird die Erschütterung sichtbar, die
die hohe Meinung vom eigenen Verdienst am
augenblicklichen Glück und Wohlergehen erfährt,
man merkt etwas vom
Anteil auch des Zufalls
an jedem Erfolg, man
wird bescheidener und
geneigter zur Anerkennimg
auch fremden
Verdienstes. Die Anerkennung
fremden
Verdienstes ist immer
schwer, doppelt schwer
beim persönlichen und
politischen Gegner, dreifach
schwer, wenn es
sich um D e u t s ch e

untereinander
handelt, denen die
Nichtanerkennung oder
wenigstens die Verschweigung
fremden
Verdienstes von alters-
her nachweisbar im
Blute liegt.

Die Lauten im Lande,
denen der Prominenten
-Kult obliegt, und
den sie unter reichlichem
Aufwand propagandistischen
Scheinwerferlichtes
besorgen,
können mit Hermann
Burte wenig anfangen.
Als geistiger Mensch
ohnehin nicht empfohlen
, trägt er das Stigma von „der Zeiten Spott
und Geißel" noch zu sichtbar an sich.

Es bedarf nur einer mutigen Besinnung auf
das Menschliche. Wir wollen ihm heute ganz
einfach danken dafür, daß er, während wir
unserer Tagesarbeit nachgingen, Zwiesprache
hielt mit den höchsten Dingen, daß er uns an
diesen Dingen teilnehmen, uns an ihnen immer
wieder neu werden ließ. Und wir danken auch
der Vorsehung, daß sie dem Markgräflerland
diesen Mann schenkte, unter dessen geistigem
Schaffen wie einst unter Johann Peter Hebels
Hand die Seele des markgräfler Volkes ein Stück
weiter in ihr ewiges, sagen wir mit Luther, von
Gott gemeintes Gepräge hineinwuchs.

Die Literaturgeschichte wird es einmal nicht

Hermann Burte

Tonmodell der Büste von Professor Schließler (1944)

leicht haben, Burte einen endgültigen Platz in
einem ihrer Schubfächer anzuweisen. Uns aber,
den jahrzehntelang von ihm Beschenkten, liegt
heute nichts ferner als unter Herbeischleppung
unendlichen Materials einen literarischen „Überblick
" über Burtes Werk zu geben. Wir wollen
uns nur kurz Burtes dichterische Kraft und Kunst
vergegenwärtigen, mit der er die Welt im Kleinen
und die Welt im Großen dem Wort unterwarf
, wobei wir erstaunt
und erfreut auch
die Arbeit des Dichters
an der Sprache bewundern
wollen, mit
der er Unsagbares sagbar
machte, die es ihm
ermöglichte, den seit
Hebel keineswegs kleiner
gewordenen neuzeitlichen
Sprachstoff
und das neuzeitliche
Lebensgefühl in die
Sprache Hebels, in die
Mundaftdichtung, einzuschmelzen
. Wie und
daß Burte dies vollbrachte
, gehört zu seinen
unvergänglichen
Taten.

Mehr als e i n „Wetter
Gottes" steht über
Burtes Dichterweg. Was
seiner Kunst in erster
Linie die dramatische,
oder sagen wir sogar
tragische Spannung gab,
war seine Stellung auf
der Grenzscheide zweier
Zeitalter, dem patriarchalischen
Zeitalter
Hebels mit dem ruhigen
Ablauf seiner Gezeiten
, und der technisch - industriellen Formung
des Lebens, wie sie sich greifbar im
Markgräflerland offenbart, wenn Burte vom
Webland und vom Rebland spricht, zwischen
beiden der Luckepaß, für Burtes Dichtung sozusagen
der Schicksalsweg, auf dem ihm die
Gestalten, die Spannungen und Lösungen seiner
dichterischen Schau begegneten. Hier sah
er M a d 1 e e , die hohe, noble, liebe Gestalt, wie
sie die schmalen Hände in den Brunnen der
Heimat taucht und mit erhobenen Armen Äcker,
Felder und Reben segnet, und wie unter ihrer
segnenden Gebärde die Fülle der Heimat b i 1 d e r
und Heimat w o r t e erblüht, vom Rhein umhaucht
und umkränzt, — da tritt Ursula
neben sie, einen Kopf größer, hoch und behend,


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