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Die Markgrafschaft
1452 hat Konrad Koch von Markgraf Rudolf
einen Garten hier zu Erblehen (die Herrschaft
Badenweiler war inzwischen markgräflich
geworden).
1471 fand ein Vergleich statt zwischen dem
Kaplan zu Unserer lieben Frau in Badenweiler und
einem Neuenfelser Ritter über den Zins einiger
Güter, die zum Gütchen „Schulers Lehen" in
Niederweiler gehörten. Der Ritter verpflichtet
sich, in die Schulpfründe zu liefern jährlich zwölf
Sester Korn, einen Sester Nüsse und drei Batzen
Rappen.
Zum Kaplan „zu unserer lieben Frau" wäre zu
bemerken, daß in der Peterskirche von Badenweiler
auch ein Marienaltar stand, für den ein
besonderer Geistlicher angestellt war.
Im Jahr 1538 wird eine Ziegelei (Ziegelhof)
in Niederweiler erwähnt.
In verschiedenen Kriegen hat unser Dorf
schwere Heimsuchungen erlitten; hierüber wäre
in den Ortsgeschichten von Müllheim und Badenweiler
nachzulesen, die ja mehr oder weniger
auch eine Geschichte der Herrschaft Badenweiler
sind. Scheffelt
Dm alte Otammbüdjlein
Ein altes kleines Stammbuch liegt vor mir. Es
gehörte Anna Maria Glaubrecht, einer Freundin
meiner Großmutter Louisa Eckerlin geb. Daler.
Das erste Blatt trägt die Widmung:
Souvenir de votre amie Marie Chabrut
Cormondreche, le 10. Mai 1838,
und sagt aus, daß das Meieli in jungen Jahren in
der welschen Schweiz war, wo es, laut Stammbucheintrag
, eine Cousine, Rosa Ernestine Glaubrecht
, hatte.
Ein folgendes Albumblatt zeigt die Uber-
schwenglichkeit des Franzosen in seiner Beteuerung
der Freundschaft und Liebe:
Peut-on vous oublier quand on vous a connue;
Peut-on vous voir partir sans former des regrets.
Pour la premiere fois, des que je vous ai vue,
Je sentis dans mon coeur, combien je vous aimais.
Veuillez croire a la sincerite de
Adele Bonnet *)
Diese Schrift ist wie lithographiert, heute
eine Seltenheit.
In dem Stammbuch finden sich viele Müll-
heimer Namen, die als Freunde und Freundinnen
eingeschrieben wurden. Es sind verschiedene
Willin, Dreher, Ruprecht, Tschopp, Heiß, Fark,
Krauß, Schwab, Cuny, Wagner, Bürgelin u. a. m.
Ein Neffe, Albert Friedrich, scheint die Tante ins
Herz geschlossen zu haben, denn er schrieb sich
1842, 1870 und 1883 in Treue ein.
Um 1838 scheint Meieli ihr Herz verloren zu
haben, denn ihr Bruder Fritz Glaubrecht neckt
sie mit einem Vers, der um ein Bildchen geschrieben
ist, das Amor und ein Liebespaar zeigt:
„Amor treibt mit seinem Pfiel, manchmal wunderlich
sein Spiel. Nimm dich in Acht, daß Amor
dich nicht trifft, er zielt schon, Marie!"
Viele der heute so altmodisch anmutenden
Albumverse tragen doch einen tiefen Sinn und
lassen in der Auswahl oft auf das Wesen des
*) Wie kann ich dich vergessen, da ich dich kannte,
Wie kann ich dich Abschied nehmen sehen, ohne
meinen Kummer zu sagen.
Beim ersten Male, als ich dich sah
fühlte ich in meinem Herzen
wie sehr ich dich liebte.
In aufrichtiger Freundschaft
Adele Bonnet
Schreibers schließen. So lesen wir den Spruch
eines Freundes Wilhelm Willin:
Nütze die Tage, sie fliehen so schnell;
liebe die Tugend, sie glänzet so hell!
Ehre das Alter, befolg seinen Rat,
säe viel Edles zur himmlischen Saat.
Die nächste Seite schon trägt einen Nachruf
von Karl Muser, der vom Wesen des Verstorbenen
aussagt:
Dein Tagewerk hienieden ist vollbracht,
Vorbei der Kampf, die letzte Leidensnacht.
Nun ruhst du aus im engen Haus:
Es trauern um dich die dich treu geliebt,
die Freunde alle folgen dir betrübt
zum Grab hinaus. Schlaf wohl!
Du warst ein Mann von ächtem deutschem Schlag,
warst treu und wahr, wie's nur ein Herz vermag.
Dein Sinn war nie von eitlem Schein.
Drum rufen dir auch die Getreuen zu:
Ruh' sanft in Gott!
O mögest droben du recht selig sein!
Dieser Eintrag stammt wohl von Meieles
Hand.
Auf der letzten Albumseite schrieb sich 1844
meine liebe Großmutter Louisa Daler ein. Eine
lose Einlage 'trägt die Schriften meiner Mutter
und meiner Tanten Emma und Ida. Es ist ein
eigenes Gefühl, nach vielen Jahrzehnten Niederschriften
zu entdecken, die aus jungen Jahren
geliebter Menschen stammen, die am engsten zu
einem gehörten, aus einer Zeit, in der man noch
gar nicht war. Und wenn die Schrift in Briefen
der Altgewordenen auch zitterig ist, im Grunde
blieb sie sich doch gleich in der Sorgfalt, mit der
sie in der Jugend geübt wurde.
Doch wieder zur Familie Glaubrecht. Das
Meieli wohnte in seinen letzten Lebensjahren, als
es gebrechlich wurde, bei meinen Großeltern.
Meine Mutter und ihre Schwestern mußten es
pflegen, denn es liebte, kränker zu sein, als es
wirklich war. Wenn die Pflegerinnen unten in
der Stube saßen, hörten sie oft, wie es mit einem
Hopser aus dem Bett sprang, ans Fenster vor. Es
kramte in seiner Kommode oder schaute auf die
Straße. Lag es wieder im Bett, klopfte es mit
einem Stock auf den Boden, damit eines der
Mädels herauf käme. Dann jammerte das Meieli,
es könne nicht gehen und nicht stehen, und sie
mußten ihm die Glieder mit Schnaps einreiben.
Im selben Augenblick konnte es aber eine Frau
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