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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1954-05/0003
Die Markgrafschaft

Nr. 5 / 6. Jahrgang Monatszeitschrift des Hebelbundes Mai 1954

... Unb was batübzt ift. „.

Es kann einmal doch manchmal merkwürdig
gehen im Leben. Als ich eben in tiefen Gedanken
dahinschritt, nämlich in der ernstlichen
Überlegung, was ich als Thema des Leitartikels
für die „Markgrafschaff* wählen wollte, um es
wirklich zu einem Leit- und nicht zu einem Leidartikel
werden zu lassen, da stoße ich auf einen
lieben alten Herrn, der mich anspricht: '„Herr
Pfarrer, ich muß Ihnen doch gleich etwas Köstliches
erzählen, was dieser Tage in Schopfheim
passiert ist. Sollte da nämlich ein Schülerlein
der Volksschule den Spruch aus der Bergpredigt
nachsagen: ,Eure Rede sei: Ja, ja, nein, nein, und
was darüber ist, das ist vom Uber. Das Büblein
aber, dem offenbar dieser Spruch neu war und
das sich nichts dabei denken konnte, zitierte den
Nachsatz folgendermaßen: ,. .. und was darüber
ist, das ist vom Heber." Nun hat der1 kleine Mann
gewiß nicht etwa Übel und Hebel gleichsetzen
wollen — im Gegenteil. Er konnte sich nur offenbar
unter Übel nichts vorstellen — o mög's ihm
in seinem ganzen Leben nie eine zu deutliche
Vorstellung werden! — Mit Hebel dagegen verband
sich für ihn ein sehr konkreter Begriff, den
einer Persönlichkeit, die eben „darüber ist", die
überragend ist. Und so wollen wir jetzt einmal
mit dem Schülerlein den Satz auffassen und ihn
ganz losgelöst von seinem eigentlichen Zusammenhang
stehen und gelten lassen, und ich
kann gleich mein Versprechen einlösen, das ich
dankbaren Herzens dem alten Herrn gab: „Den
Satz kann ich brauchen".

„Und was darüber ist, das ist vom Hebel." —
Ist es denn nicht in der Tat so, daß uns Hebel
immer wieder in seinen alemannischen Gedichten
das schützende, helfende, stärkende Darüber
zeigen und geben will, das über der Enge, Niedrigkeit
und Mühsal unseres Lebens steht, und
daß er uns dazu helfen will, daß wir uns immer
an dies Darüber halten und dadurch lernen, statt
uns von den zermürbenden Mächten des irdischen
Daseins unterkriegen zu lassen, über den
Dingen zu stehen. Denn was über dem Alltag
und seinem Werken und Schaffen steht, das sind
die Sterne des Feierabends und die Sonne des
Sonntags, so lehrt uns Hebel im „Abendstern"
und in der „Sonntagsfrühe". Und was über der
Plage und den kleinen Nöten unseres täglichen
Lebens steht, das ist das schützende Dach des
Hauses und der Friede der Familie, sagt uns
Hebel in der „Glücklichen Frau" und im „Zufriedenen
Landmann". Was über allem ehrlichen
Fleiß und rechtschaffenen Handeln steht, das ist
für Hebel der sichtbare Segen des Himmels. (Lies
einmal wieder den „Statthalter von Schopfheim"
und „Riedligers Tochter".) Was über dem Drängen
junger Leidenschaft und ungestümen Begehrens
wie ein heiliger Engel steht, ist die
zarte, keusche Liebe, so lesen wir bei „Hans und
Verene" und in der „Überraschung im Garten".
Umgekehrt aber und warnend sagt er uns auch:
Was über der Zuchtlosigkeit und Unmäßigkeit
des Menschen wie ein drohendes Unwetter steht,
ist Verderben und Vernichtung — denke an den

2ln 7ot)ann 4)etec fjebel

/Dom OTölöerbueb jucm Z)iä)ter un flrälat77 —
ba& tjet ntemeö an öer tlüagle gfunge!
Jm (Begeteil: '6 tjet mengmol anöerft Flunge,
toenn'8 gange ifrfj um ®elfc un tf>eeregnab!

lf)etmtr>etj — Der^tctjt! Du tjefdj bz UOermet gdjennt,
tjefrfj fetjo as dtjinfc uö bere ©djale trunFe,
e menge Uöunfctj ifetj Z)tr ins Tüt aerfunFe,
e mengi lf)ojfntg tfdj Z)fr abebrennt

Z)oct) (Boib blibt (Boibl Uxzf s'innerft tjefrfj Z)u'6 gtja,
örum tjet Z)ir '6 IfteimtDetj fc'^unge glöft juem Oinge,
tjefctj'ö oo Der Iffaröt tjer uö Jbim d&müet lo Hinge
in Wort un Hieb, tuie'6 fünft e Feme dja!

Un b'OTuetterfprort)! — Du tjefdj fl uns uerFlärt!
lf)od) uffe %uz bz (Externe tjefdj fi Soge,
jDi Mm, ZM Utfort un HöerF tjän b' Qngel gtooge,
in Diu ifetj ILanö un Uolctj am Ktjy tjodj g'etjrt

Jn Hieb un TTreui ferner örum au Jb\,

jöu guete <3z\[t, in alle unfre TFage!

D\ UöerF un U0efe foll is t)eMg fl,

was Jöu is gletjrt tjefrfj, toämmer tofter fage.

Srifc Uöolföberger

„Karfunkel". Und was über allen Hochmut und
Stolz und alle menschliche Anmaßung bestimmt
ist, das ist der Kainsfluch der Unstetigkeit und
die Strafe der Unersättlichkeit — ich denke an
die „Häfnet-Jungfrau" und an die „Marktweiber
in der Stadt" mit der Schilderung der Stadtfrauen
. Dagegen was in Demut, Bescheidenheit
und Anspruchslosigkeit sich unter Gott stellt,
über dem steht der Lohn fröhlicher Zufriedenheit
, siehe „Das Habermus". Was beschützend
über allem Toben der Elemente steht, ist der
Kindersinn, so zeigt uns Hebel im „Gewitter".
Und schließlich was versöhnend und beglückend
über allem Weh und allen Wunden des irdischen
Daseins, über Scheiden und Tod und Tränen


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