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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1954-06/0005
Die Markgrafschaft

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Z>ec Lfybelbunb im F)eimatmufeum Orradj

Ansprache des Museumsleiters

Am Hebeltag 1954 besuchte der Hebelbund das
Heimatmuseum Lörrach. Die Ansprache, die der
Leiter des Museums, Professor Alfred Holler,
dabei hielt, scheint uns von so grundsätzlicher
Bedeutung, daß wir sie den Lesern der „Markgraf
Schaft" nicht vorenthalten möchten. D. R.

Meine Damen und Herren!

Ich danke Ihnen herzlich dafür, daß Sie heute,
am Hebeltag, der Einladung des Museums gefolgt
sind1 und uns mit Ihrem Besuch beehren.

Daß die Anregung zu diesem Besuch nicht
vom Heimatmuseum selbst, sondern vom Präsidium
des Hebelbundes ausging, in dieser Tatsache
sehe ich einen Vorgang von großer Symbolkraft,

Nun ist der Hebelbund da, und ich freue midi
dessen von ganzem Herzen. Und doch wartet für
manche von Ihnen eine Enttäuschung. Gerade der
Hebelbund sucht vielleicht im Heimatmuseum
Reliquien von Hebel, wie einst die Kreuzfahrer
Reliquien des! Heilandes suchten im Grabe
des Herrn. Das Grab des Herrn warf leer, und wir
haben hier von Hebel weder die museal vorgeschriebene
Haarlocke, noch ein Kleidungsstück,
noch die Tasse, au® der er getrunken, noch die
Pfeife, aus der er geraucht hat. Ich möchte fast
sagen, Gott sei Dank, daß wir es nicht haben. Wie
sich aus dem leeren Grab des Herrn jene tiefste

Aus dem Festzug vom Hebeltag 1954 in Lörrach

eine Begegnung, aus der sich für beide Teile viel
an fruchtbaren Erkenntnissen, an Entschlüssen
und an Erfolgen in die Tiefe und Breite unserer
gemeinsamen Tagesaufgabe ergßben wird.

Das Heimatmuseum, gegründet von Ernst
Schultz und Julius Wilhelm, ist noch mitten auf
dem Wege des Ausbaues und Aufbaues, das Heimatmuseum
muß sich erst sein Heimatrecht —
ich meine sein geistiges Heimatrecht — erwerben.
Die Stadt Lörrach, im Sog der benachbarten
Großstadt, wirtschaftlich im Bann einer totalen
Industrialisierung, gesellschaftlich uneinheitlich
und auseinanderstrebend, ist der denkbar ungünstigste
Boden für den Geist, von dem die
Einrichtung eines Museums getragen, und sein
Bestand gepflegt und gesichert werden muß. Die
Stadtverwaltung — es muß dankbar anerkannt
werden — hat ihr Möglichstes getan, um dem
Museum seine äußere Form, seinen greifbaren
Inhalt zukommen zu lassen. Aber in den
Herzen der Bürger besitzt das Museum keine
Stätte, und wären nicht die Jugendlichen, die
zahlreich und mit Begeisterung das Museum
besuchen, man müßte Mut und Freude sinken
lassen.

Hinwendung zu Gott entwand, die Mystik, so
kann und muß aus der rechten Betrachtung der
hier gezeigten Kunstwerke und Gegenstände die
ehrfürchtige Hinwendung zu dem
Geist erwachsen, der diesen Gegenständen aufgeprägt
ist. Hier haben wir die Denkmäler, in
denen zwar nicht Hebel selbst, aber die, die seines
Geistes waren, ihre Liebe, ihre Sehnsucht, ihr
Heimweh gestalteten, von diesen Madonnen des
späten Mittelalters, von diesen Bildern Hermann
Daurs, von diesen Plastiken Max L ä u g e r s
— um nur einige Kostbarkeiten zu nennen —
schaut Sie der Geist Hebels an als die gestaltgewordene
Sehnsucht überhaupt.

Hebel war kein „Heimatdichter", der Titel
klingt fast wie eine Beleidigung, er war der
Menschheit, war dem Weltall verpflichtet. Die
Sonne Homers liegt auf allem, was er schrieb.
Und so geht auch von dem, was Sie hier sehen,
der Hauch des Großen, des Bleibenden, immer
Währenden und immer Gültigen des menschlichen
Wesens aus. Wie der Hebelbund sich
errichtete, nicht als eine Gemeinschaft zu
retrospektiver Pflege der Tradition, sondern zur
Vertretung und Verteidigung des Geistes, wo nur


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