http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1954-06/0006
4
Die Markgrafschaft
immer er weht, so ist auch das Museum keine
Sammlung von Sehenswürdigkeiten, kein Naturschutzpark
für überholte Kräfte und Gefühle,
sondern das Museum ist eine Stätte der
Andacht im höchsten Sinn, ein Ort des
Darandenkens, wie die Väter vor uns gearbeitet,
sich gefreut und gemüht, dem Alltag gedient, und
der Ewigkeit entgegengebangt haben. Diesen
Geist der Ehrfurcht vor der Vergangenheit möchten
wir durch das Museum erwecken und in
weiten Kreisen lebendig machen. Dazu soll uns
der Hebelbund helfen.
Namen sind uns, um mit Uhland zu reden,
Schall und Dunst. Und doch möchte ich einen
Namen mit Ehrfurcht nennen, weil sein Träger
hier unter uns weilt. Es ist Professor A11 w e g g
aus Basel. Wer Altwegg sagt, meint Hebel. Das
steht fest. (Aber wer Altwegg sagt, kennzeichnet
mit diesem Namen auch die Art, wie Hebel heute
am Leben erhalten blieb und weiter am Leben
erhalten bleiben muß. Altwegg ist Professor.
Professor heißt Bekenner. Von dem Bücherregal
herab schaut Altweggs Werk über Hebel, das
Buch, in dem er sich die wissenschaftlich gesicherte
Grundlage schuf, für seine Liebe zu
Hebel, die ihm, dem Gelehrten, auch in seinem
wissenschaftlichen Werk Zeile für Zeile die Hand
führte. Diese Liebe machte Altwegg zum Vater
der Hebelstiftung, zum Vater des Hebelmählis,
TTadjHänge
Ein braver Schullehrer aus der Umgebung
von Lörrach bereitet mit Hingebung und Liebe
seine vierte Bubenklasse, auf Hebels Geburtstag
vor. Er sagt ihnen einiges aus Hebels Leben und
vom Sinn des Hebeltages und der Kirschen als
Abzeichen zum Hebeltag und illustriert schließlich
seine theoretischen Erläuterungen durch eine
Fahrt nach Lörrach, wo er den Buben das schöne
Hebeldenkmal zeigt, sie vors Hebelgymnasium
und ins Heimatmuseum führt. Und dann sollen
sie einen kurzen Aufsatz mit nur vier Sätzen
darüber machen. Und ein Schüler schreibt:
„Hebel feiert jedes Jahr am 10. Mai seinen
Geburtstag. Er steht im Hebelpark, geht aber ins
Hebelgymnasium und ins Heimatmuseum. Er
hat die Kirschen besonders gern. Dieses Jahr
bekommt er sie zum Abzeichnen".
In diesem Jahr habe ich 98 Schülerpreise für
guten Vortrag alemannischer Gedichte an siebzig
Schulen im Landkreis Lörrach abgeschickt. Mancher
Klassenlehrer und Schulleiter hat mir
freundlich gedankt. Besonders freuen würde ich
mich über den Brief von der Hand eines der mit
dem Preis Ausgezeichneten. Der soll dann in der
„Markgrafschaft" abgedruckt werden.
Es waren diesmal nur zwei auswärtige Trachtengruppen
bei uns, aber gerade dadurch sind
diese beiden besonders zur Geltung gekommen.
Und sie haben es verdient. Das waren einmal die
quicklebendigen Biarritzer mit dem reichhaltigen
Repertoir ihrer alten Tänze und eigenartigen
und diese Liebe ließ ihn nicht ruhen: sein
Hebelbilderbuch ist ihr jüngstes Denkmal
, mit dem der Gelehrte zur visuellen
Sichtbarmachung heruntersteigt, in richtiger
Erkenntnis des Zeitgeistes, des Zeitbedürfnisses
, das nun einmal von der Sicht, vom Erfassen
durch das Auge, regiert wird. Diese Tat
Altweggs wird einmal die Geschichte würdigen
als den mutigen Schritt eines Gelehrten, seine
Wissenschaft nicht über und nicht gegen den
Zeitgeist zu setzen, sondern sie dem Zeitgeist
einzuimpfen als einen Wirkstoff der Gesundheit
und der lebenerhaltenden Freude. Der Weg Altweggs
ist für das Museum Beispiel und Ermunterung
.
„Ein Haus, in dem ein silberner Becher aufbewahrt
wird, ein solches Haus kann nie ganz zu
Grunde gehen". Dieses Wort Gottfried Kellers
möchte ich auf das Heimatmuseum anwenden.
Es steht aus geheiligtem Boden: der Burghof
beherbergte die Penaten der Stadt. Heute stehen
in den Räumen des Museums die Kunstwerke der
Vergangenheit. Ihre ehrfürchtige Bewahrung und
Pflege, ihr Lebendigwerden in den Herzen der
Gegenwart bannt gute Geister und wehrt den
Geistern der Zersetzung und Ehrfurchtslosigkeit
den Zugang. Gott schütze die Stadt Lörrach, Gott
schütze das Heimatmuseum, Gott segne die
Arbeit des Hebelbundes!
jum fiebeltag
Gesänge. Sie stellten mit ihrem lebhaften südfranzösischen
Temperament eine ganz andere,
uns schwerblütigen Alemannen unbekannte Welt
dar, in die zu schauen uns aber sehr interessant
war. Als wir ihre Darbietungen auf dem Festplatz
durch einen Marsch der Knabenmusik
unterbrechen wollten, gelang uns das nicht. Noch
ehe der Dirigent der Basler Knabenmusik den
Taktstock zum Einsatz erhoben hatte, kündigte
das Mikrophon bereits wieder an: „Maintenant
vous entendez..."
Und daneben die biederen Bräunlinger zwischen
Schwarzwald und Baar mit den langen
Fräcken der würdigen Männer und den Pelzkappen
der Burschen. Sie hatten vom Trachtentag
in Stuttgart, der ja am gleichen Tag war,
abgesehen und sich zu uns auf den Weg gemacht;
ja, sie hatten sich besonders auf uns eingestellt
mit dem Sextett des Hebelliedes: „Ne Gsang in
Ehre!" Ihre alten Schwarzwaldtänze waren
wunderschön. Wir grüßen unsere beiden Trachtengruppen
heute nochmals mit herzlichem Dank.
Die Basler Knabenmusik gehört ja schon ganz
zu unserem feststehenden Programm, und wir
könnten uns den Umzug und den Hebeltrunk gar
nicht mehr ohne sie denken. Und schön war diesmal
, daß zu dieser kräftigen Musik auch die zarte
und wohldisziplinierte der Hauinger Singschule
trat mit ihren vom Hebeldankträger Professor
Philipp vertonten Hebelliedern. Auch diesen
unsern Sängern und Bläsern gilt unser Dank.
R. Nutzinger
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1954-06/0006