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Die Markgrafschaft
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(Scofäjecgogin f)flba von Raiten
Am 20. September 1885 hat Erbgroßherzog
Friedrich von Baden der im 20. Lebensjahre
stehenden Prinzessin Hilda von Nassau, Tochter
des Herzogs Adolf von Nassau, Großherzogs von
Luxemburg, die Hand zum ehelichen Bunde
gereicht. Nahezu 43 Jahre ist sie ihm die treue
Lebensgefährtin gewesen in Freud und Leid. Die
Ehe blieb kinderlos. Das war für beide ein
schmerzliches, wohl nie ganz überwundenes Entbehren
. Um so inniger ward das Verbundensein
der Ehegatten untereinander. So kam es, daß
abgesehen von den militärischen Verpflichtungen
und den unmittelbaren Regierungshandlungen des
Großherzogs und der Inanspruchnahme der Großherzogin
durch soziale und karitative Tätigkeit
die beiden schlechthin alles miteinander teilten bis
in die kleinsten Geschehnisse des Tages hinein.
In solcher Herzens- und Lebensgemeinschaft
verwachsen die Menschen auch in der Hinsicht
miteinander, daß ihre Lebensanschauungen und
Einzelzüge ihres Wesens sich aneinander angleichen
, und sie trotz aller bleibenden Verschiedenheit
in Temperament und Anlage ein Herz und
eine Seele werden. So ist es auch bei Großherzog
Friedrich und Großherzogin Hilda geworden und
geblieben, bis der Tod sie auseinanderriß und die
letztere ihren Weg allein weitergehen ließ.
Aus den gemeinsam durchlebten Jahrzehnten
auch der Großherzogin Bild in kurzen Zügen
festzuhalten, ist geschichtliches Erfordernis und
inneres Bedürfnis. Wir schulden wahrlich Großherzogin
Hilda tiefen Dank für alles, was sie
ihrem Gatten und damit auch unserem Volke
gewesen ist.
In Schloß Hohenburg bei Lenggries im oberen
Isartal hatte die Hochzeitsfeier stattgefunden.
Unvergeßliche Erinnerungen verknüpften sich für
die Prinzessin mit diesem herrlichen, stolzen
Familienbesitz ihres Elternhauses, und bis in die
Gegenwart hinein war ihr das von den steilen
Höhen des oberbayerischen Hochgebirges umsäumte
mächtige Waldschloß ebenso wie das im
lieblichen Berggelände des Taunus gelegene
kleine Schloß Königstein ein vielgeliebtes immer
wieder einmal aufgesuchtes Stück alter Heimat
geblieben. Aber auch das Badische Land, das die
junge Erbgroßherzogin jubelnd willkommen hieß,
ist ihr schnell und ganz zur rjeimat geworden.
Ihr für alle Naturschönheit aufgeschlossener Sinn
fand ja auch da ein weites Gebiet zu Fahrten
und Wanderungen vom Bodensee bis zum Taubergrund
, im Markgräflerland und auf der Baar,
auf den Schwarzwaldbergen und im Neckartal.
Überall, wo Badens vielgerühmte Schönheit ausgebreitet
lag, war ja auch ein Besitz des Zähringer
Hauses, der zu wechselndem Aufenthalt
einlud. So begegneten sich des Erbgroßherzogs
und seiner jungen Gemahlin Liebe für den Heimatboden
. Freiburg im Breisgau, als die Stätte,
da ihr gemeinsames Leben begann, war unter
allen andern gerade auch der Großherzogin durch
alle Zeit bis in die Gegenwart lieb und vertraut
geblieben; daneben aber auch Badenweiler und
das kleine Waldschloß Zwingenberg am Neckar
mit seinen wilden Schluchten und seinem stürzenden
Bergbach. Was Großherzogin Hilda liebte,
dem hat sie die Treue gehalten. Das gilt von den
Dingen ebenso wie von den Menschen. In ihrem
Familienkreise, aber oft auch bei Persönlichkeiten
, die ihr nahegetreten waren, kam das zum
starken Ausdruck.
Über zwei Jahrzehnte lang hat sie als Erbgroßherzogin
ihres Gatten militärisches Leben
Großherzogin Hilda am Lebensabend in Badenweiler
geteilt mit seinen mannigfachen Stationen: Freiburg
, Berlin, wieder Freiburg, Koblenz, Karlsruhe
— aber auch die nicht seltenen Unterbrechungen
, die dasselbe durch längere Krankheiten
und Erholungsaufenthalte erfuhr.
Als im Anfang dieses Jahrhunderts Karlsruhe
der dauernde Aufenthalt wurde mit der Wohnung
im neuerbauten erbgroßherzoglichen Palais,
wurde der Erbgroßherzogin ausgiebiger, als es
vorher möglich war, die Einführung in das große
Gebiet der Liebestätigkeit zuteil durch Großherzogin
Luise. Diese hatte weitgreifend deren
Fäden in den Händen, insbesondere in dem von
ihr gegründeten und ausgebauten Badischen
Frauenverein mit seinen Zweigen und Anstalten.
Mit der auch ihr eigenen Gewissenhaftigkeit und
Pflichttreue übernahm die Erbgroßherzogin die
ihr daraus erwachsenden Aufgaben; aber zur
freien und vollen Entfaltung einer selbständigen
Arbeit konnte es dabei nicht kommen.
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