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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1954-08/0015
Die Markgrafschaft

13

Und so geschah es.

Über Berge von Toten
hin wurde eine Räuberleiche
nach der anderen
langsam zum Eingang geschafft
und "hinabgeworfen.

In düsterem Schweigen
verharrte drüben die Schar
der Hornissen auf der
Blautanne und sah die
Körper der Gefallenen
einen nach dem andern zu
Boden sinken. Es war
ein Bild von grenzenloser
Trauer, das die heraufsteigende
Sonne beschien.

Einundzwanzig Gefallene
, die einen ruhmvollen
Tod gestorben waren, häuften
sich im Gras unter
der geretteten Stadt. Kein
Tröpflein Honig ging in die

Hände des Feindes über. Die Hornissen ergriffen
ihre Toten und flogen davon, die Schlacht war
beendet, und das Volk der Bienen hatte gesiegt.

Aber welche Opfer hatte dieser Sieg gekostet!
Überall lagen Tote umher, in den Straßen und
Gängen und den dämmerigen Plätzen vor den
Brut- und Honigschränken. Es gab eine traurige
Arbeit im Stock an diesem schönen Sommermorgen
voll Blumenblühen und Sonnenschein.

Vor der Ernte auf dem Schwarzwald

Aufnahme: F. W

Die Toten mußten hinausgeschafft und die Verwundeten
verbunden und gepflegt werden. Aber
bevor der Mittag heraufzog, begann schon wieder
die gewohnte Arbeit im Stock. Denn die
Bienen feierten weder ihren Sieg, noch trauerten
sie lange um ihre Toten. Ein jeder trug seinen
Stolz und seinen Schmerz still mit sich herum
und ging seiner Pflicht und Arbeit nach,. Es ist
ein seltsames Volk, das Volk der Bienen.

tlöacum 5et alte ©djtüenbi jung blieb

Kürzlich war ich wieder einmal in Blauental
und saß in einer gemütlichen Stube dem alten
Schwendi gegenüber. Nicht mehr ihm persönlich,
aber seinem Bild, das auf mich herunterschaute,
als lebte er. Die helle Haut, die roten Bäckchen,
die klaren blauen Augen und das kindlich-verschmitzte
Lächeln könnten einem Jungen gehören
, wenn nicht Haar und Bart das gute Gesicht
weiß umrahmten.

Der lebhafte, kleine Mann mit der hohen
Stimme war überall gern gesehen. Wenn er ins
Erzählen kam, vergaß man darüber die Arbeit
und ging im Geiste mit ihm die Straßen, die er
in jungen Jahren auf der Wanderschaft unter die
Füße genommen hatte. Man rastete mit ihm bei
den Meistern, die ihm Arbeit gegeben hatten und
erlebte seine Erlebnisse mit.

Aber so schön es auch in der Fremde war, die
Heimat, das Markgräflerland und das liebe, alte
Blauental waren stärker. Eines Tages war der
Schwendi wieder daheim.

Am Kußmaulplatz betrieb er sein Handwerk,
ein Gewerbe, bei dem er stets rückwärts ging
und es doch stetig vorwärts brachte. Als er es in
hohem Alter seinem Sohn übergab, konnte er
auf eine gesegnete Lebensarbeit zurückblicken.

Aber aufs Altenteil setzte er sich noch nicht;
er blieb Herr im Hause. ,,Jetz bini so mängg

Johrzehnt hintersi gange, jetz will i nomol fürsi
goh, wie in junge Johre. Wer rastet, der rostet".
Und der Schwendi hatte recht.

Dahin und dorthin machte er seine Wanderungen
und Reisen. Als er aber die Zweiundachtzig
hinter sich hatte, wollte er den Jungen noch einmal
zeigen, was wandern heißt.

„I gang morn uf d'Höchi", sagte er so nebenbei
. Mit seiner gefüllten Provianttasche und seinem
getreuen Wanderstock marschierte er am
andern Morgen in aller Frühe los, der Scheideck
zu. Wir können nicht Seite an Seite mit ihm
wandern, denn er verriet keine Einzelheiten.
Aber durchs Wiesental ging er bis ans Ende. Am
Abend fragte er in Fahl im „Adler", ob er dort
übernachten könne. Er aß, trank und schlief wie
ein Junger.

Der andere Morgen traf ihn schon auf dem
Hebelwegle bergauf. Was sind schon Stunden,
wenn man im herrlichen Tannenwald im Zickzack
auf vielen schmalen Brücklein über die zu
Tal hüpfende kinderjunge Wiese auf den Feldberg
wandert und unbeschränkte Zeit vor sich
hat!

Ich könnte mir den alten Schwendi denken,
wie er oben an der Hebelquelle sein Käppiein
lupfte und schelmisch sagte: „Grüeß Gott, du
Jungi, du Schönsti" und den Anfang von Hebels


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