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Die Markgrafschaft
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Wie oft haben wir schon eine Mauer gesehen
in unserem Leben! Alte Mauern, wie wir sie
vielfach noch draußen in abgelegenen Orten
treffen, aus einfachen Feldsteinen aufeinander-
gesetzt. Zwischen den Steinen grünt und blüht
es im Sommer, und wir haben gar nicht den
Eindruck, daß eine solche Mauer schwer sei. Sie
paßt in die Landschaft und erfüllt ihren Zweck
seit alten Zeiten. Anders die Mauern, die heute
aus Zement errichtet werden. Sie wirken meist
kalt und schwer, wie das Wort selbst einen
dumpfen, schweren Klang hat. Wer etwas fest
begründen will in seiner Rede, der gebraucht
deshalb die Redensart, daß er seine Worte
„untermauert". Unsere Vorfahren kannten das
Wort nicht. Es ist aus der Sprache der Römer
übernommen; von ihnen erst lernten die Germanen
die Steinmauer kennen. Sie selbst haben
ihre Wand geflochten. Friedrich Kluge setzt
mhd. want und gotisch vandus und anord. von der
„Rute" gegeneinander und schreibt: „Die Bedeutungen
vereinigen sich auf „Gewundenes": die
Ableitung zu winden wurde westgermanisch zur
Bezeichnung des Flechtwerks, aus dem die Hauswände
hergestellt wurden". Wer auf den Wortklang
achtet, merkt den Unterschied in der Aussprache
: wie weich und geschmeidig klingt das
Wort „Wand" im Gegensatz zum harten „Mauer".
Wir wohnen mit unseren Freunden „Wand an
Wand", aber die Mauer trennt uns voneinander.
Wer mit offenen Augen durch unsere Landschaft
wandert, sieht häufig eine Mauer, deren
Notwendigkeit außer Zweifel steht. Deshalb fällt
sie uns fast nicht auf. Betrachte einmal unsere
Dorffriedhöfe! Welcher Unterschied ist in den
Umfassungsmauern. Aber auch im Dorf selbst
welch ein Unterschied. Ich denke an ein kleines
Dörflein, in dem der Hofraum zwischen zwei
Häusern durch eine hohe Zementmauer geteilt
ist, so geteilt ist, daß eine Verständigung der
beiden Anwohner unmöglich wird. Vielleicht ist
heute das gegenseitige Verhältnis besser; aber
die Mauer steht. Das gegenteilige Beispiel: wer
von Niedereggenen nach Obereggenen wandert,
sieht gleich rechter Hand einen großen Hof, der
dadurch auffällt, daß er zwar durch eine Mauer in
zwei Teile geteilt ist, daß aber dennoch der Eindruck
entsteht, beide Teile gehören zusammen.
Die Ortsgeschichte von Pfarrer Trenkle gibt uns
folgende Auskunft: das Wohnhaus ist laut Inschrift
im Jahre 1810 gebaut worden von J. Georg
Weiß und M. Cath. Rösin, sowie deren Eltern
Vogt Jos. Rösin und Cath. Linz, die Scheunen
1739 und 1826 von S. Koch und M. B. Blanken-
horn. Joseph Rösin war von 1799 bis 1802 Vogt.
Später kam das ganze Anwesen in den Besitz der
Familie Bermeitinger, deren Vorfahren aus Niederemmendingen
stammen. Christian Bermeitinger
wurde 1828 Lehrer in Obereggenen, war
aber von 1833 bis 1848 nur noch Ratschreiber
und Organist. Auch sein Sohn war Ratschreiber,
und der Urenkel war von 1919 an Bürgermeister.
Beide Teile des Anwesens sind heute im Besitz
von Angehörigen der Familie. Aber die Familien
sind durch die Mauer nicht getrennt. Als sich
die Notwendigkeit herausstellte, die beiden Teile
durch eine Mauer zu trennen, wurde ein Türlein
freigelassen, daß man von einem Teil zum andern
gehen konnte, ohne zuerst auf die Straße
zu laufen. Und gerade durch den Anblick des
Türleins in der Mauer ist das Interesse am Anwesen
geweckt worden.
Umgibt aber nicht auch eine unsichtbare
Mauer viele Menschen? Möge sich überall ein
Türlein finden, durch das der Verkehr mit der
Umwelt möglich ist. A. E.
Z)cc WtarFgüäfler jöanFbcunnen ju 3afel
Am 2. Oktober wird der Dankbrunnen auf
dem Klaraplatz zu Basel eingeweiht werden, den
das Markgräflerland in dankbarem Gedenken
für viele und gütige Hilfe in schweren Nachkriegsjahren
der Stadt Basel gesetzt hat und
übergibt. Der Gedanke eines solchen Denkmals
in Gestalt eines Brunnens tauchte erstmals im"
Präsidium des Hebelbundes auf, weil wir aus
eigener Anschauung am besten wußten, wie in
jenen Notjahren 1946—1948 gerade an den
Hebeltagen unendlich viele freundliche Spenden
aus Basel und auch aus der inneren Schweiz ins
Markgräflerland geflossen sind, welch ergreifende
Szenen des Wiedersehens wir miterlebt
haben — und nie ging's bei diesem Wiedersehen
ohne ein „Chrömli" ab, ja wie mitleidige Basler
an ganz Unbekannte ihre guten Strümpfe und
Schuhe umtauschten für herabgekommene Fußbekleidung
. Damals entstand jene Umdichtung
von Hebels Gedicht vom freudigen Stündli: „Ne
Schwizer Pfündli, isch's nit e Fündli?" So floß
ein Brunnen der Erquickung in „jener Mangelzeit
aus Basel herüber ins Markgräflerland — und er
hat unaufhörlich „gröhrlet", und wir glaubten,
einen Dank für diese nachbarliche Hilfe, die über
alle vorausgegangenen Vorkommnisse großzügig
hinwegsah, in der Form eines Dankbrunnens
erstatten zu müssen, und der damalige Herr
Staatspräsident Wohleb hat unsern Gedanken
aufgegriffen und beim wieder eingetretenen
Währungsstand eine Zehnpfennigsammlung in
den Schulen des Oberlandes ausgeschrieben.
Tropfenweise floß es nun zusammen von den
Scherflein der Schulkinder, und nun endlich
steht der Dankbrunnen da, und wir freuen uns,
daß er steht als ein freundlich Sinnbild für das
Herüber und Hinüber, ja für die alte Zusammengehörigkeit
vom Markgräflerland zur „Stadt",
wie Hebel Basel kurzweg nennt. Und wenn ein
Markgräfler mit Frau und Kind jetzt an den
Brunnen vor der Klarakirche zu Kleinbasel
kommt, so möge er einen Augenblick stehen
bleiben und seiner Familie erklären, wofür der
Brunnen erstellt wurde, und dazu sagen: „Un
mir wenn's nit vergesse, was üs Basel in böse
Zite Guets too het". Richard Nutzinger
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