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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1954-09/0010
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Die Markgrafschaft

Arbeit — die Monstranz ist kupfervergoldet mit
reichlichem silbernen Zierat — steht noch aus,
immerhin darf gesagt werden, daß es sich um
ein sehr wertvolles und interessantes Werk handelt
, das durch die Kreuzung von gotischen
Formen mit Renaissance-Elementen besonders
beachtenswert ist. Es bleibt der wissenschaftlichen
Forschung auch vorbehalten, den Künstler
oder die Werkstatt zu bestimmen, dem diese
schöne Goldschmiedearbeit zu danken ist; einstweilen
freuen wir uns des für die Heimat geretteten
kostbaren Kultgerätes — dem Gönner
dankend, der in vornehmer Zurückhaltung nicht
genannt sein will. W. Z.

6m 6nbe mit ©ctjrttfen

Wie Hügelheim das Ende der Napoleonischen Kriege erlebte

Napoleon, unter dessen Befehl auch badische
Truppen kämpften, erlitt im Winter 1812 im
brennenden Moskau eine schwere Niederlage, die
ihn zum Rückzug zwang. Den Todesstoß gegen
seine Armee führten die zu einem Kampfbund
gegen Napoleon vereinten russischen, preußischen
, österreichischen und bayrischen Heere am
18. Oktober 1813 in der Völkerschlacht bei Leipzig
. Sie brachte unserem Volk die Befreiung von
fremder Unterdrückung. Baden stand bis zu dieser
Zeitx im „Rheinbund" auf der Seite Napoleons.
Jetzt erst löste Großherzog Karl (1811—1818)
das Bündnis mit Frankreich, so daß nun auch die
Badener in einer Front mit den übrigen deutschen
Stämmen kämpften.

Die Verfolgung des geschlagenen Feindes
durch die Verbündeten brachte jedoch vielen
Dörfern des Markgräflerlandes erneut große
Not. Es war beschlossen, daß die Hauptarmee
unter Fürst von Schwarzenberg über Basel nach
Frankreich ziehen solle. So wurde die Basler
Landstraße zur Hauptvormarschstraße der
Schwarzenbergischen Armee, deren Regimenter
seit dem 21. November 1813 durch unser Dorf
zogen. Da kamen preußische, bayrische, schwäbische
, österreichische und russische Infanterie;
ferner Kavallerie, Husaren, Dragoner und Kosaken
. Dazwischen wieder Artillerie und Wagenkolonnen
, von Knechten und Fuhrleuten geleitet.
Am 12. Dezember wurde sogar eine vollständige
Schiffsbrücke auf 52 Wagen landaufwärts geführt
. In den folgenden Wochen gab es keinen
Tag, an dem nicht Häuser, Scheunen, Schöpfe
und Ställe mit Einquartierung belegt waren.

Die Truppen, die ja nicht als Feinde, sondern
als Verbündete hier einzogen, benahmen sich
recht unterschiedlich. Während wir von einzelnen
Offizieren hören, daß sie gute Manneszucht
gehalten hätten, wurde über andere, besonders
über die Kosaken, bittere Klage geführt. Zwar
muß es mit ihnen anfänglich noch nicht so
schlimm gewesen sein, denn den ersten Truppen
in Stärke von 260 Mann wird bescheinigt, daß
sie sich gut betragen hätten und höflich gewesen *
seien. Durch ihre Ablösung wird aber das Dorf
bereits hart mitgenommen, da sich die Mann-

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schaft mit dem, was geordnet war, nie begnügte
und täglich dreimal Fleisch gegeben werden
mußte. Der damalige Pfarrer Ernst Maler, dessen
Aufzeichnungen im Kirchenbuch wir einen
genaueren Einblick in die Verhältnisse dieser
Tage und Wochen verdanken, berichtet, daß die
meisten von ihnen den ganzen Tag Wein und
Schnaps tranken und sogar noch Pfeffer hinein
taten. Daß das nicht nur in Hügelheim so war,
bestätigt uns der Müllheimer Chronist Sievert.
„Mutter Butter, Vater Schnaps!", das sei das
einzige Deutsch gewesen, das diese rauhen Gesellen
beherrschten.

Unter dem Einfluß des ununterbrochenen
Alkoholgenusses ist natürlich vieles geschehen,
was in nüchternem Zustand unterblieben wäre.
Die russischen Kosaken wurden am 6. Dezember
von einem österreichischen Regiment abgelöst.
Dann folgten Kroaten, württembergische Dragoner
, Pioniere und Fuhrleute mit Proviant- und
Pulverwagen. Für die vielen Pferde hatte die
Fourage (Futter) immer bereit zu stehen. Neben
Heu und Stroh mußte täglich ein halber Sester
(7V2I) Hafer pro Pferd gegeben werden. Außerdem
waren Heu und Gerste in die Magazine nach
Krozingen, Müllheim und Lörrach zu liefern.
Verwundert es da, daß 18 Tage nach Beginn der
Einquartierung der ärmere Teil der Bevölkerung
keine Frucht mehr hatte und am 14. Dezember
durch ein Kreisausschreiben bestimmt wurde,
daß für die Armen in der Gemeinde 1000—1500
Laib Brot zu backen und 10 Zentner Kochmehl
sowie Schlachtvieh zu beschaffen sei? Es sollte
jedoch noch schlimmer kommen. Die Einquartierung
wuchs auf das Maß des Unerträglichen. Die
Dörfer an der Landstraße lagen vom 17. bis 23.
Dezember 1813 so voll, daß in einigen Orten der
Begüterte über hundert und der Arme acht bis
zehn Mann und meist ebensoviel Pferde einquartiert
hatte und verpflegen mußte. Trotzdem
mußten immer noch Vieh und Lebensmittel abgeliefert
werden.

Als am 18. Dezember Häuser, Scheunen und
Ställe im Dorf überfüllt waren — es lagen bereits
1700 Soldaten und 1400 Pferde im Ort —
lagerten viele auf dem Felde. Ihnen mußte ebenfalls
Essen gebracht werden. Aus Mangel an
Gerste wurde den Pferden hie und da Roggen
und Weizen gefüttert. An manchen Tagen riß
der Zug der Kolonnen selbst in der Nacht nicht
ab. Die Landstraße war in ihrer ganzen Breite
besetzt und auf beiden Seiten der Straße rückte


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