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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1954-09/0012
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Die MarkgrafSchaft

Wk einmal rin (ttjönes Kofc um fünf Brägel feü getoefen ift

Wenn nicht in Salzwedel, doch anderswo, hat
sich folgende wahrhafte Geschichte zugetragen,
und der Hausfreund hats schriftlich.

Ein Kavallerieoffizier, ein Rittmeister, kam
in ein Wirtshaus. Einer, der schon drin war und
ihn hatte vom Pferd absteigen gesehen, ein
Hebräer, sagte: „Daß das gar ein schöner Fuchs
ist, wo Ihro Gnaden drauf hergeritten sind".

„Gefällt er Euch, Sohn Jakobs?" fragte der
Offizier.

„Daß ich hundert Stockprügel aushielte, wenn
er mein wäre", erwiderte der Hebräer.

Der Offizier wedelte mit der Reitpeitsche an
den Stiefeln. „Was braucht's hundert", sagte er,
„Ihr könnt ihn um fünfzig haben".

Der Hebräer sagte: „Tun's fünfundzwanzig
nicht auch?" — „Auch fünfundzwanzig", erwiderte
der Rittmeister — „auch fünfzehn, auch fünf,
wenn Ihr daran genug habt".

Niemand wußte, ob es Spaß oder Ernst ist.
Als aber der Offizier sagte: „Meinetwegen auch
fünf", dachte der Hebräer: Hab' ich nicht schon
zehn Normalprügel vor dem Amthaus in Günz-
burg ausgehalten und bin doch noch koscher? —
„Herr", sagte er, „Sie sind ein Offizier. Offiziersparole
?" Der Rittmeister sprach: „Traut Ihr
meinen Worten nicht? Wollt Ihr's schriftlich?"

„Lieber wär's mir", sagte der Hebräer.

Also beschied der Offizier einen Notarius und
ließ durch ihn dem Hebräer folgende authentische
Ausfertigung zustellen: „Wenn der Inhaber dieses
von gegenwärtigem Herrn Offizier fünf Prügel
mit einem tüchtigen Stocke ruhig ausgehalten
und empfangen hat, so wird ihm der Offizier
seinen bei sich habenden Reitgaul, den Fuchs,
ohne weitere Lasten und Nachforderung alsogleich
als Eigentum zustellen. So geschehen da
und da, den und den".

Als der Hebräer die Ausfertigung in der
Tasche hatte, legte er sich über einen Sessel, und
der Offizier hieb ihm mit einem hispanischen
Rohr mitten auf das Hinterteil dergestalt, daß

der Hebräer bei sich selbst dachte: Der kann's
noch besser als der Gerichtsdiener in Günzburg,
und lautauf Auweih schrie, so sehr er sich vorgenommen
hatte, es zu verbeißen.

Der Offizier aber setzte sich und trank ruhig
ein Schöpplein. „Wie tut's, Sohn Jakobs?" Der
Hebräer sagte: „Na, wie tut's, gebt mir die andern
auch, so bin ich absolviert".

„Das kann geschehen", sprach der Offizier
und setzte ihm den zweiten auf, dergestalt, daß
der erste nur eine Lockspeise dagegen zu sein
schien; darauf setzte er sich wieder und trank
noch ein Schöpplein.

Also tat er beim dritten Streich, also beim
vierten. Nach dem vierten sagte der Hebräer:
„Ich weiß nicht, soll ich's Euer Gnaden Dank
wissen oder nicht, daß Sie mich einen nach dem
genießen lassen. Geben Sie mir zum vierten den
fünften gleich, so bin ich des Genusses los, und
der Fuchs weiß, an wen er sich zu halten hat".

Da sagte der Offizier: „Sohn Jakobs, auf den
fünften könnt Ihr lange warten", und stellte das
hispanische Rohr ganz ruhig an den Ort, wo er
es genommen hatte, und alles Bitten und Betten
um den fünften Prügel war vergebens.

Da lachten alle Anwesenden, daß man fast
das Haus unterstützen mußte, der Hebräer aber
wandte sich an den Notarius, er solle ihm zum
fünften Prügel verhelfen, und hielt ihm die
Verschreibung vor. Der Notarius aber sagte:
„Jekeffen, was tu' ich damit? Wenn's der Herr
Baron nicht freiwillig tut, in der Verschreibung
steht nichts davon, daß er muß". Kurz, der
Hebräer wartet noch auf den fünften und auf
den Fuchs.

Der Hausfreud aber wollt' diesen Mutwillen
nicht loben, wenn sich der Hebräer nicht angeboten
hätte.

Merke: Wer sich zu fünf Schlägen hergibt um
Gewinns willen, der verdient, daß er vier bekommt
ohne Gewinn. Man muß sich nie um
Gewinns willen freiwillig mißhandeln lassen.

J. P. Hebel

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Nur die Einheimischen kennen den romantischen
Fußpfad, der am östlichen Ausgang des
Dorfes Niederweiler bei der Gärtnerei Ruser von
der Hauptstraße abbiegt. Am stattlichen Anwesen
Reif vorbei, wo der heute fünfundachtzig-
j ährige weit und breit bekannte Mechanikermeister
Hermann Reif früher eine gutgehende
mechanische Werkstätte betrieb, führt der Pfad
am Mühlenbach und einem kleinen Wäldchen
entlang. Leider hat dieser Mühlenbach seine
Bestimmung verloren. Da, wo das kleine Wasserrad
dem „Grether-Draiher" die Kraft für seine
Drehbänke lieferte, lackiert und poliert heute
der Sichler-Max die Kapitäne der Landstraße,
und in dem großen Ökonomiegebäude der mittleren
Mühle, wo, wie früher in der Meyer-Mühle,
vier Zugpferde und ein Stall voll der schönsten
Kühe standen, ist heute das Elektro-Großhandels-
geschäft Blank & Sehringer untergebracht. Und
da, wo der nun arbeitslose Mühlenbach seinen
Lauf beginnt, führt ein kleiner Steg über den
Klemmbach. Wenige Schritte vom Bach entfernt
steht die alte Gipsmühle (heute Töpferwerkstätte
Baier). Links davon gelangt man durch den heute
so stillen Meyerhof auf die Straße, die nach
Badenweiler führt.

Vor etwa vierzig Jahren, als wir noch Schulbuben
waren, da war uns dieser Weg besonders
ans Herz gewachsen, führte er uns doch vorbei
an den Wunderwerken der damals modernen


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