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Die Markgrafschaft
Eisenzeiten wären noch zu machen. Für die Ortsgeschichte
wäre es außerordentlich wichtig, feststellen
zu können, ob die Römer hier schon
Reben gepflanzt haben. Fecht vermutet es und
auch Professor Müller (siehe Literaturverzeichnis)
glaubt an römischen Weinbau in der Grenzacher
Gegend und in der Nähe der römischen Straße,
die von Efringen nach Schliengen, Auggen und
Müllheim führte. In letztgenannten Orten fanden
sich römische Münzen und andere Spuren (Ziegel
, Mauerreste).
Die älteste Urkunde, die Bellingen (Bollinga)
erwähnt, stammt aus dem Jahr 828; ein gewisser
Perkart gibt Güter an das Kloster St. Gallen. Im
Jahre 1005 schenkte Kaiser Heinrich II. dem
„Probst" zu Basel einen Hof in „Zebellikon" im
Breisgau; wahrscheinlich sollte es „ze Bellikon"
heißen. Zeitschrift Bd. 4. Reben sind fürs Jahr
1132 nachweisbar, es sind 24 Mannwerk (etwa
1,3 Hektar) und gehören dem Kloster Muri im
Aargau. In dieser Zeit ist auch die erste
Rebordnung entstanden, die älteste
Deutschlands. Sie schildert, welche Arbeiten
der Klosterwinzer an den Reben des Klosters
zu verrichten hat. Wir geben diese Rebordnung
nach Müller und Fecht wieder:
„Jeder (Bauer, welcher Klosterreben schafft)
soll jährlich auf sein Mann werk Reben sieben
Wagen Mist führen, dann die Reben schneiden
und binden, zweimal den Boden hacken und, wo
es nötig ist, die Reben durch Einlegen oder auf
andere Weise vermehren, den Weingarten um-
zäumen oder bewachen, sowie Rebpfähle herbeischaffen
. Wenn die Trauben herangewachsen
sind, soll er die Reben säubern und auf seine
Kosten einen Wächter bestellen. Wer an Ostern
die Reben nicht geschnitten und gehackt hat, verfällt
in Strafe, ebenso wer an Johanni nicht zum
zweitenmal gehackt und aufgebunden hat. Wenn
die Zeit der Lese gekommen ist, so soll er seine
Gehilfen mit den nötigen Geschirren versehen
und natürlich auch mit Imbiß, Getränke und
Lohn. Nach der Lese und Kelterung ist der Most
in den Klosterkeller zu legen, wobei der Bauer
dann jeweils den sechsten Teil für sich behalten
darf. Der Most ist mit richtig geeichten Maßen
zu messen und die Wächter sollen gewissenhaft
darauf achten, in den Weinbergen, auf den
Wegen und im Keller. Wer dies alles getreulich
erfüllt hat, mag in Frieden heimkehren, soll
aber dabei dem Hofmeier zwei Brote, zwei Immi
(Maß) Haber oder Gerste und ein Viertel Maß
Wein geben. Diese Nutzung und Ehre erhält der
Meier, wie es üblich ist, damit immer ein frommer
, umsichtiger und kluger Mann sich des
schwierigen Amtes unterziehe".
Fecht setzt hinzu: So streng diese Ordnung
auch gehandhabt wurde, so wird dennoch fortwährend
über den Betrug der Bauern geklagt.
Nun lernen wir einige Herren kennen, die
neben und nach Muri hier begütert waren. Im
Jahre 1286 überläßt der Abt von Murbach
(Benediktinerkloster im Oberelsaß) dem Domprobst
Lutold, Freiherrn von Rötteln, einen Hof
zu B. Zu Murbach gehörte das Chorherrenstift
„St. Leodegar im Hof" in Luzern. Dieses Stift
hat hier Besitz und das wichtige Recht des
Kirchenpatronats. Sein Probst Jakob Bunss nennt
sich noch im Jahre 1544 „rechter kilcher (Kirchherr
) und warer patron des gotzhus und pfar zu
Bellicon im Brissgow". Aber 1547 verkaufen
Probst und Kapitel des Luzerner Stiftes an
Junker Jakob von „Rottperg", Landvogt zu Rötteln
, den Hof zu Bellicon und insbesondere auch
den „kyllchensatz".
Im Jahre 1567 lernen wir wieder neue Herren
kennen: „ich Wolf von Klingenberg, der zeit seßhaft
zu Ach im Hegew" verkaufe an den Abt
Caspar des Gotteshauses St. Blasien das Lehen
und die Mannschaft (Eigenleute) der Höfe zu B.,
Hertingen und Schliengen.
Eine große Rolle spielte im ausgehenden
Mittelalter und bis in die Neuzeit hinein Bel-
lingens Grundherrschaft, die Herren von Andlau,
eine aus dem Elsaß stammende und dort angesehene
und reichbegüterte Familie. Fecht sagt,
die Andlau hätten die Grundherrschaft von Muri
übernommen. Sie war früher Reichslehen, doch
mit wachsender Macht des Hauses Österreich
(Habsburg) wurde sie österreichisches Lehen. Im
Jahre 1368 wurde Freiburg österreichisch, bald
dehnte sich sein Machtbereich auf die Herrschaft
Staufen und auf die Städte Breisach und Neuenburg
aus, besonders der Adel war dem Erzhaus
gewogen, man darf wohl sagen „unterwürfig".
Im Jahre 1527 empfing Ruehard von Andlau für
sich und seine Brüder Bellingen von Österreich
zu Lehen. Zehn Jahre später lesen wir, daß
Bellingen „dem von Andlau" gehöre. — Und
jetzt hören wir Fecht:
Für unser Dörfchen brachte die Gutsherrschaft
keinen Segen. Willkürliche Junkerherrschaft
nach unten, ein widerspenstiger Trotz
nach oben, verschwenderische Wirtschaft mit
dem reichen Erbgut, leichtsinnige Schulden-
macherei, nicht selten sogar ein Verfahren, das
wenig dem Gebot ritterlicher Ehre entsprach,
begegnet ui*s auch hier. So ging 1633 Arbogast
von Andlau seiner Lehen verlustig, weil er einen
Unterthan widerrechtlich um 100 Kronen gestraft
, dessen Weib gefangen gesetzt und die
wohlverdiente Zurechtweisung der Regierung
unbeachtet gelassen hatte. Diese leichtfertige
Herrenwirtschaft übte auch, auf die Gemeinde
einen vielfach nachteiligen Einfluß aus. Die
zahlreiche Aufnahme neuer Ansiedler, die Erleichterung
der Heiraten Mittelloser vermehrte
die Einwohnerzahl und damit das der Herrschaft
zufallende Kopf- und Schutzgeld, aber die nur
etwa 800 Juchart große Gemarkung reichte für
die wachsende Bevölkerung nicht mehr aus, die
Armut mußte reißend überhand nehmen. So
stand es um 1770. Mißjahre, Ausfall der Weinernte
, Überschwemmungen, zwei Feuersbrünste,
welche den ganzen Ort zerstörten, der unablässig
von der Gemarkung fortreißende Strom — dies
alles zusammen mußte die arme Gemeinde zu
Grunde richten. Der Ackerboden, welcher den
geringeren Teil des Bannes ausmacht, war so
unergiebig, daß 8 Juchart Herrschaftsgut nur
3 Gulden Zins abwarfen. Wenige Bürger ernte-
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