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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1954-10/0009
Die Markgrafschaft

Unfre Keggetjager

2lnn fc'^unne un an b'Oterne bettet
DrüeUjt an be 3erg ber e&el Wxi,
un '6 fdjafft e fU&tg Dolf in (Jtjre
un tjet [\ JHoog un mueß [\ toetjre
un '0 7ol)t Dur toad) un glaCdifg fy.

'0 fln 0orged)lnöer, unfrt Hebe,
tofe ?ippertrynll pn (t faft
@ jeöe Obe, jeöe Worge
tjän unfn 3ute Kebeforge
un Hjri gmelfni ©rtjuur un Haft

Z>od) ffd) 5er ©ummer überftanbe
un fc'Kebe träge Uräbeldjrön^
vom Trebel gdjodjt, ber €5unne brote,
\[d) fn bem etnbe alles grote,
un b'3ure dilüsle: jo, mer tjänn'öl

CStong, lueg emol, toenn ab ber TTrotte
ber ebü Keggetjager lauft I
Do (tetJfdJ btgölber tjeltf <3&flrt)ter,
benn feil! 2lrt #etjt golöni ®tD(d)ter,
ffet) üo ber ©unne bfunber0 tauft

Un toenn er rumplet ufern Hager
un buet 00 toär^em s'eng Im $a$~,
no ftellt ber Kebbur befbi Otjre,
b(e ©orte t)öct er gern rumore,
be ^erü madigem bfunbre ©pa(j.

Un pfuuft er enbü bur ber Küber
00 Sebretöf^e tn ber CJtjrueg, - -
no paß mer uf, be di\a\b tjet (Brille,
ums ummeluege btfrfj^em s'tKKUe,
brum tjalt bf Wäß, '0 ifdj roenfg gnuegl

Z)odi fdjo um Uöietjnädjt ffrf) er müber,
un tjerlig lauft er bur^e Iftalö.
@ Kab U0 flerle otjni €>peid)e,
ber dtjralledjran?, ba0 ffcij |t ?e(dje,
|t UEJappe, ©nieder, bftfjau'ö un btjalt'0!

©ott btjüetfs unfre Keggetjager!
Z)o barf M €>tedj un flanfetjer bra!
00 0olUen fein mit Waflzv ftretfe,
mir töänn Im Wü no b'Öunne ftfjmecPe
un au fi Örbguu toämvmer t)a!

Sdtj HJolfsberger

und gläubig, volkseinig, volksinnig, volksnahe
wie keiner, mit jedermans Geheimnis vertraut
und jedem verständlich, wie ein lieber Vater
oder guter Kamerad, als die männlichste und
reifste Verkörperung des besten Schweizergeistes, '
als der größte der Eidgenossen.

Dieser außerordentliche Mann lebte vor aller
Augen, durchsichtig und offenbar, ein arbeitsreiches
Leben in Amt und Pflicht, und schuf
dabei in wenigen Jahren ein Gesamtwerk, dem
zwar die niederen landläufigen Züge der
„Poesie" fehlen, aber alle Merkmale einer unvergänglichen
großen Dichtung eingeprägt sind.

Langsam aber stetig trat sein Werk in das
Bewußtsein seines Volkes und der Völker ein.
Die meisten seiner Landsleute fassen ihn zu enge,
zu nahe, zu stofflich und parteiisch.

Aber die Bauern Gotthelfs wiegen so schwer
wie die Könige Shakespeares, ob um Nüsse oder
Kronen, um Äcker oder Provinzen gestritten
wird, ist menschlich und künstlerisch gleichgültig
; Alt-Bern als Schauplatz bietet an Fülle,
Kraft und Leben so viel wie Alt-England; Elsi,
die seltsame Magd, wirkt so königlich wie Des-
demona; der Hagelhans stammt irgendwie aus
dem Nibelungenlied; die schwarze Spinne überstrahlt
den Kohlhaas; der Handwerksgeselle
Jakob ist in seiner Menschwerdung lebiger, vorhandener
, bedeutsamer als der zerfließende
Wilhelm Meister; das schwarze und weiße Huhn
der Großmutter Käthi haben mehr Wesen in sich
als die deklamatorischen Gliederpuppen vieler
Olympe. — Uber das Tier bei Gotthelf allein
ließe sich eine üppige Abhandlunng schreiben!
— Ein Heer von Gestalten, alle volkhaft, wahrhaft
, und doch nicht nur natürlich, sondern

bedeutsam gesteigert, in das Reich der beflügelten
Dinglichkeit erhoben, — zu Staat, Sitte,
Kirche, Gott und Schicksal in Bezug gesetzt! —
ist dem Pfarrer von Lützelflüh aus den Händen
gegangen und — lebt!

Nicht zu erschöpfen ist dieser Mann und sein
Werk; nur ehrfürchtiges Andeuten und Danken
ist möglich; noch fehlt die erfassende Würdigung
Gotthelfs aus den blitzenden platonischen Gedanken
heraus, die sein Wesen entdeckt und entfaltet
; noch bleibt auf Jahre hinaus das Sachliche
zu leisten.

*

Wer Gotthelf, den Gewaltigen, wirklich und
wesentlich darstellen will, muß ihm in den
Gründen verwandt und ähnlich sein. Einzelne
Schilderungen des Mannes und des Werkes durch
Literaten sind philisterhaft und kleben am Stoff,
ohne ihn zu formen. Andere Schreiber über
Gotthelf wenden moderne Methoden an, für die
der gesunde, gerade Mann ganz ungeeignet ist;
an seiner vollkommenen Mannheit und Menschlichkeit
prallen die psychoanalytischen Tricks ab,
ohne ihn zu erdringen.

Unterdessen aber hat der Bund, das heißt der
schweizerische Staat, das beste getan: er gab das
Gesamtwerk seines großen Sohnes in schönen
Bänden mit genauen Texten heraus, jedem Volksgenossen
zur Hand.

Gotthelf bleibt ein schlagendes Beispiel dafür
, daß der Volksgeist auf die Dauer stärker
ist als der sogenannte Zeitgeist. Nicht umsonst
steht auf seinem Grabstein das herrliche Wort
der Schrift: „Ein wahrhaftiger Mund bestehet
ewiglich!" Hermann Burte


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