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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1954-10/0012
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Die Markgrafschaft

13. Lebensjahr das Tal der Jugend verlassen
mußte. Der Vater wurde an die Freiburger
Volksschule versetzt. Fortan war Freiburg der
Schauplatz ihres äußeren Lebens. Aber das
Wiesental trug sie im Herzen ihr Leben lang.
Wie oft dachte sie an das „ferne Tal", an den
„rauschenden Tannwald", an die Gespielen ihrer
Jugend, an die Originale ihrer Dorfheimat, an
die Brücke über den Heimatfluß.

Hedwig Salm hatte in jungen Jahren die
Absicht, Musik zu studieren. Das begonnene
Studium wurde durch eine frühe Heirat unterbrochen
. Nach kaum siebenjähriger Ehe — der

ßk tWenbcütfe

Du alti, graui Wiesebruck!

Wie menggmol denk i an <M zruck!

Du hesch mi in de Chinderschueh scho trait,

un hesch mer allwyl liislig öbbis gsait:

„Gang übere!"

Wie hani myni Schritt so liicht dort gsetzt,
as hütte no mer's Heimweh d'Auge netzt;
dort het mer Liebi d'Haiimet wiedergeh,
un schöner no, as wiße Bluescht im Ghlee —
's isch übere.

Du alti, graui Wiesebruck
traisch mi all wyter no ne Stuck —
Bruuch nümme wandle dort in myne Schueh
en ebig Wasser bruuscht mer's jetze zue:
„Chumm übere!"

Hedwig Salm

(Aus Brunnen am Weg",

Moritz Schauenburg Verlag, Lahr/Schw.)

Mann war, wie der Vater Lehrer — verlor Hedwig
Salm im ersten Weltkrieg den Gatten. Mit
ihren beiden Kindern fand sie im Elternhaus
wieder eine Heimatstätte. In der schweren Zeit
nach dem frühen Tod des Mannes begann sie zu
schreiben. Im künstlerischen Schaffen, in der
Dichtung, überwand sie tapfer das Leid. Sie
schrieb Naturschilderungen, Gedichte und Erzählungen
, zunächst in hochdeutscher Sprache. Im
Jahre 1928 wurde ihr „Freiburger Heimatlied"
preisgekrönt und vertont. Zum Waldkircher
Stadtjubiläum verfaßte sie das Gastspiel.

Verhältnismäßig spät kam sie zur Mundartdichtung
. Sie erzählt selbst (in einer Rundfunksendung
am 18. Juni 1951): „Wohl wünschte ich,
angesichts der beiden großen Vorbilder Johann
Peter Hebel und Hermann Burte auch etwas in
der Sprache meiner Heimat schaffen zu können.
Es wollte mir zunächst nicht gelingen, auch nur
zwei Zeilen zu paaren. Schließlich fegte ein übergroßes
Heimweh alle Hemmungen hinweg. So
entstand aus tiefster Bewegung mein erstes alemannisches
Gedicht". Nun floß der Brunnen, der
Brunnen der Heimat, so entstand der Gedichtband
„Brunnen am Weg". Aus Heimweh ist

Hebel in Karlsruhe zum Dichter geworden; aus
Heimweh wurde Hedwig Salm zur Mundartdichterin
des „Kleinen Wiesentals". Was Reinhold
Schneider von Richard Gäng sagte, gilt auch
für Hedwig Salm: Der im höchsten Sinn
dichterische Geist, der die alemannische Sprache
geschaffen hat in ihrer ursprünglichen und unergründlichen
Bildhaftigkeit, der Macht und Zartheit
ihres Klanges, übermächtigte auch diese
Dichterin. Wie Gäng, so ist auch Hedwig Salm
in jeder Zeile, in jedem Wort ganz dem Alemannischen
treu. Nie findet man bei ihr eine Ver-
irrung ins Hochdeutsche. Wie Gäng bringt sie in
ihrem Schaffen eine Fülle von Wörtern, welche
die Allgemeinheit nicht kennt. So ist es zu begrüßen
, daß dem Gedichtband im Anhang Worterklärungen
beigegeben wurden. Wer wußte,
daß „Bachbummele" Sumpfdotterblumen sind,
„Buusiliblueme" Wollgras, „Guggemöhnli" Heimchen
, „Giggernillis" Kleinkram, um nur einige
Beispiele zu nennen. Sie lebt und dichtet ganz
im Geist des alemannischen Volkstum, aber auch
der heimatlichen Natur. Wie schön malt sie in
einem Frühlingsgedicht die wilde Clematis, die
Waldrebe, die im Oberland „Liene" heißt:

„Im Wald in spinnt die wildi Liene
vom Spötlig her ne flummwiß Dach.
Der Holde rüstet si alsgmach,
der erst, wo meint, er sött bald grüene".

Der neuen Freiburger Heimat hat sie ein
Denkmal gesetzt in ihren Gedichten über das
„Freiburger Münster", über den „Totentanz" im
alten Friedhof.

Ganz Eigenes schuf Hedwig Salm in ihren
vierteiligen „Sprüchen", die Lebensweisheit in
knappster Form ehthalten. Ein Beispiel:

„Hesch kei Trumpf in dyne Charte,
bscheid di halt un sag: „I paß!"
Gwiifti Spieler chönne warte:
's nächstmol findsch viellicht vier Aß!"

In der Schublade der Dichterin harren noch
zahlreiche hochdeutsche, nicht minder prägnante
„Sprüche" der Veröffentlichung.

Richard Gäng schrieb zu den Gedichten ein
Nachwort. Er begrüßt es, daß in Hedwig Salm
das Einfache, Natürliche, Gesunde, das in der
Musik dem Volkslied entsprechende, zum Durchbruch
und zur Gestaltung kommt, der „immergrüne
junge Wald der Volksdichtung!" Der in
hellgrünes Leinen gebundene „Brunnen am
Weg" wird den Freunden alemannischer Dichtung
manch „freudig Stündli" bringen. Der
Dichterin sagen wir Dank für ihr nimmermüdes
Schaffen und beglückwünschen sie nachträglich
zu ihrem 65. Geburtstag.

Emil Baader

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