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Die Markgrafschaft
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Wenn die Trauben in den einsam gewordenen
Weinbergen ihrer vollen Reife entgegengehen,
beginnt für viele Bauernbuben des Markgräfler-
landes eine beglückende Zeit. Kühe und Kälber
werden aus der Enge der Ställe befreit und hinaus
auf die Herbstweide geführt. Hirte und Herde
beginnen hier aufzuatmen, und man ist versucht,
dem Leben und Treiben nachzuspüren, das sich
die Herden im Zaun eine übersteigbare Stelle
gelassen wurde.
Da sich aber die Weidezeit, im Gegensatz zu
heute, nicht auf wenige Herbstwochen beschränkte
und die teilweise gemeinsamen Weideplätze
fleißig genutzt wurden, blieben Reibereien zwischen
den Hirten der verschiedenen Gemeinden
und ihren Vögten nicht aus, und mehr als einmal
Federzeichnung von Hermann Burte
hier alljährlich neu entfaltet. Doch das kann nicht
die Aufgabe dieses Beitrags sein. Hier soll einmal
versucht werden, ein Bild über Art und
Umfang des Weideganges in früheren Jahrhunderten
zu zeichnen.
Der Brauch, das Vieh auf die Weide zu schik-
ken, ist uralt und es steht außer Zweifel, daß
bereits die ersten Viehzüchter sich dieser bequemen
Fütterungsmethode bedienten. Unerschöpfliche
Weidegründe standen damals zur Verfügung
, so daß die gezähmten Tiere sich ihre Nahrung
selbst suchen konnten. Je dichter nun aber
im Verlaufe der Jahrhunderte die Besiedlung
wurde, desto enger zogen sich die Grenzen um
den Bann. Um den Übertritt des Viehs auf
fremde Gemarkungen zu vermeiden, hagte mail
die Weidefläche ein, so wie es heute noch auf
dem Schwarzwald anzutreffen ist. In der Ebene
sind die lebenden oder künstlichen Zäune längst
verschwunden und nur Flurnamen, wie „Krotten-
haag" und „Creutzhaag" weisen auf sie hin. Auch
der Flurname „Stiegelen" hängt mit der Weide
zusammen. Er bezeichnet den Ort, an dem für
mußte der Burgvogt zu Badenweiler schlichtend
eingreifen.
Ein uns bekannter Vergleich über Weidgangsrechte
der Gemeinden Neuenburg, Müllheim und
Hügelheim stammt aus dem Jahre 1400. In ihm
geloben die damaligen Vögte der drei Gemeinden
, „daß sie mit allen ihren Herden, die von
Rechts wegen auf Müllheimer Matten fahren, von
nun an alle Jahr acht Tage vor St. Georgen Tag
(23. April) von den Matten fahren wollen und
danach nicht wieder darauf, bis auf den Matten
alles geheuet und geöhmdet ist". Wer dieses
Gebot übertrat, mußte, wenn es bei Nacht geschah
, ein Pfund Rappen Pfennig und bei Tag
zehn Schilling Rappen Pfennig bezahlen. Wie
wir daraus ersehen, war es um diese Zeit üblich,
vom Spätsommer bis zum Frühjahr zu weiden,
wobei die Nachtweide keine geringe Rolle spielte.
Wie wäre man sonst dazu veranlaßt worden, sie
ausdrücklich unter Strafe zu stellen. Den großen
Schafherden wies man ein besonderes Revier zu.
Es berührt uns eigentümlich, daß sogar vor dem
Weiden in den Reben gewarnt werden mußte.
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