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Die Markgrafschaft
2luggen in btn VBimn bzv Stiege feit 1686
Das Schicksal eines Dorfes an der Grenze
(Schluß.)
Bis 1819 war die Kriegssteuer schuld an das
Oberamt Rötteln, mit dem Auggen zu dieser Zeit
nichts mehr zu tun hatte, auf 6107 Gulden angelaufen
, deren Tilgung noch große Schwierigkeiten
machte. Am 26. Februar 1814 wurden die ersten
hiesigen Einwohner zur Landwehr-Reserve eingezogen
. Es waren dreizehn Mann. Nicht alle
waren gerne Soldat. Das geht aus einer Verordnung
Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs
hervor, der für entflohene Söhne mehr oder
weniger die Sippenhaft einführte. Die ganze
Rekrutierung scheint auf große Schwierigkeiten
gestoßen zu sein. Auf dem Rathaus mußte die
laufend berichtigte Liste der zum Militärdienst
heranstehenden Bürger bereitliegen.
Am 10. September 1814 wurde der ledige
Johann Jakob Läubin als Tambour zum leichten
Jäger-Regiment nach Freiburg eingezogen. Im
März 1815 wurden neunzehn Männer der Gemeinde
eingezogen.
Nach der Drei - Kaiser - Schlacht im Oktober
1813 mußten die siegreichen Majestäten auch
ihre eroberten Gebiete persönlich in Augenschein
nehmen.
Im Januar 1814 mußte Auggen vierzehn gute
und angeschirrte Pferde zur Poststelle nach
Müllheim schicken, um damit die Reisewagen des
russischen Großfürsten zu bespannen, der das
besiegte Frankreich besichtigen wollte und hier
vorbei kam. Zwei Monate später waren „Ihro
kayserlichen Hoheiten die jüngeren Brüder Ihrer
Majestät des Kaisers von Rußland" ebenfalls auf
der Reise nach Frankreich. Wieder mußte Auggen
dazu sechs, und Feldberg vier gute Pferde zur
Posthalterei nach Müllheim abstellen.
Belustigend ist ein Blick! in die „Conscriptions-
Tabelle", in der die Militärpflichtigen aufgeführt
waren. In Spalte „Bemerkung" waren deren
„Bresten" skizziert, wie: „hat eingebogene Knie,
X-Beine", „ist engbrüstig", „hat ein blödes Gesicht
", „hat dicken Hals und Plattfüße" usw.
Es war schon mehrfach die Rede von der
Schuld an das Oberamt Rötteln. Einer Bittschrift
des hiesigen Gemeinderats aus dem Jahre 1840
an die höchste Landesstelle in Karlsruhe entnehmen
wir zusammenfassend: Im Jahre 1796,
als die österreichischen Truppen die geschlagene
französische Armee nach Westen verfolgte, hatte
die Burgvogtei Rötteln eine Summe von über
70 000 Gulden aufgenommen, um ihren Gemeinden
, wozu damals noch Auggen gehörte, die
Kriegslasten zu erleichtern. Auf Auggen umgelegt
ergab es eine Schuld von 4789 Gulden. Schon
sieben Jahre später schied Auggen aus diesem
Oberamt aus und kam 1803 zum Amt Schliengen
und 1809 zum Amt Müllheim. Von den Unterstützungen
aus dieser oberamtlichen Kasse verspürte
unser Dorf nie etwas. 1810 aber wurde
dem Ort von dem sehr geschäftstüchtigen Steuer-
einzieher des Oberamts Rötteln eine Rechnung
mit Zins und Zinseszins in Höhe von zirka 6000
Gulden präsentiert. Die Gemeinde zahlte was in
ihren Kräften stand. Erst allmählich kam man
darauf, daß diese Steuer von Auggen zu Unrecht
erhoben wurde. Auggen machte in der besagten
Eingabe mit Recht geltend, daß es von allen
Gemeinden des Oberamts Rötteln durch seine
Lage an der Landstraße am ärgsten betroffen
worden sei. Keine andere habe so viel Durchmärsche
, Plünderungen, Abgaben und Einquartierungen
gehabt. Auch waren in jener Zeit
mehrere Auggener Bürger durch die Soldateska
umgebracht worden. Der Bericht schließt: „Die
Folgen uns aber schwer drücken und durch
Menschenalter hindurch noch merklich und fühlbar
seyn werden". Getreide, Wein, Vieh, Futter
war geraubt, Felder und Wiesen verwüstet,
Häuser angezündet und die Rebpfähle waren
verbrannt worden. Durch Frohndarbeiten und
Geldtributte war das Dorf ruiniert. Der kleine
Gemeindewald hat der hohen Kriegskosten wegen
ganz abgeholzt werden müssen. Altersmäßig
deckt sich der jetzige Bestand mit dieser Zeit.
So sah es in den dreißiger Jahren des vergangenen
Jahrhunderts in unserem Dorf aus, das sich
von den Folgen des verheerenden Dreißigjährigen
Krieges noch nicht wieder voll erholt gehabt
hatte. Dieser Bittschrift wurde an höchster Stelle
nicht voll entsprochen. Es blieb eine Schuld von
3000 Gulden, die durch Pfändung von Vieh,
Fässern, Wein, ja sogar Pflügen, Wagen und
Eggen schonungslos eingetrieben wurde. Ein
Paar Ochsen kostete damals 100 Gulden, eine
Kuh 50 fl. Der Wein galt damals 12—14 Gulden
das Ohm. Im Schutze von Gendarmen mußten
die gepfändeten Gegenstände abgefahren werden.
Zu allem hin kamen 1841 die Remontierungs-
kommissionen ins Dorf, um die militärdiensttauglichen
Pferde aufzunehmen. Zu dieser Zeit
waren vierzehn Pferde im Dorf, zehn Jahre
später waren es wieder 59.
Um der Not, die überall herrschte, zu steuern,
wurden sogenannte Suppenküchen eingerichtet,
in der die Ärmsten verpflegt wurden. Es hat
damals im Ort viele Arme gegeben.
Als die fremden Kriegswirren etwas nachgelassen
hatten, kamen die Aufstände von 1848/49.
Auch hier fing es an zu gären. Zur Aufrechterhaltung
der Ordnung und zur Sicherung des
Eigentums wurde im März 1848 zur Bildung
einer örtlichen Bürgerwehr aufgerufen. Die Ausrüstung
war mehr als dürftig. Es wurde daher
eine Sammlung zur Beschaffung von Waffen für
diese Wehr durchgeführt, die 558 fl. ergab. Damit
wurden 84 Gewehre, fünf Säbel und sieben
Patronentaschen angeschafft. Am Rhein standen
Wachen, da Einfälle von Fabrikarbeitern aus
dem Elsaß befürchtet wurden. Die Folgen dieses
Aufstandes waren wieder Einquartierungslasten
durch hessische, württembergische und preußi-
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