http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1955-01/0011
Die Markgrafschaft
sehe Truppen. Im Juli 1849 mußten alle Waffen
von Privaten abgegeben werden. Am 19. Juli
1849 mußte die Gemeinde 814 Gulden aufbringen
zur Bildung eines Lebensmittellagers in Lörrach.
„Für Gießen von Kugeln" erhält Georg Haus-
wirth im Juli 1850 aus der Gemeindekasse zwei
Gulden vierzig Kreuzer. Erst 1856 nimmt die
Gemeindekasse an Quartiergeld und Verpflegungsauslagen
die Summe von nur 233 Gulden
und 27 Kreuzern als Entschädigimg aus den
Jahren 1848/49 ein.
Auch der Krieg von 1866 forderte von der
Gemeinde eine Kriegssteuer von 3733 Gulden,
welche bei Ernst Friedrich Krafft in St. Blasien
als Darlehen aufgenommen wurden.
Kaum vier Jahre später riefen die Sturmglocken
zum deutsch-französischen Krieg 1870/71.
Der nahen Grenze wegen wurde sofort eine
Sicherheitswache aufgestellt. Der Kommandant
dieser „Truppe" war August Schaub. Er scheint
aber keine große Freude damit gehabt zu haben,
denn er beschwert sich am 24. Oktober 1870 beim
Gemeinderat darüber, daß zum Wachdienst nur
die Hälfte erscheine, und daß ihm Vorwürfe
gemacht würden „als wie wenn die Mannschaft
für meine persönliche Person zu wachen hätte".
Zu Weihnachten 1870 wurde für die im Felde
stehenden Bürgersöhne Liebesgaben gesammelt.
Jeder erhielt ein Paket mit Tabakwaren, Socken
und dergleichen, sowie 6 Gulden bares Geld. Die
Akten enthalten folgenden Dankbrief: „Werthe
Bürger Auggens! Mit Freude habe ich heute am
Neujahrstag ein Paket mit Tabak, Sigaren und
Socken erhalten, vor acht Tagen einen Brief mit
6 Gulden. Ich war gerade auf einem Berg vor
Vesul auf Vorposten. Ich bin bis jetzt noch gesund
. Wir haben schon viele Gefechte gehabt,
besonders am 18. Dezember unser ltes und 2tes
Grenadierregiment, wo wir die Franzosen siegreich
zurückgeschlagen und 800 Gefangene gemacht
haben, aber auch auf unserer Seite hat es
schwere Opfer gefordert. Heute sind wir bei
Vesul gegen Beifort. Hoffen wir, daß der Friede
bald folgt. Ich spreche hiermit den Einwohnern
Auggens meinen herzlichen Dank aus für das
schöne Christgeschenk, besonders Sigaren und
Tabak ist bei dieser Kälte, und man es jetzt in
Frankreich nicht haben kann, für den Soldaten
etwas köstliches. Ich will nun schließen und
grüße alle vielmals und wünsche allen Glück und
Gesundheit in diesem Jahr, möge es uns Deutschen
einen gesicherten Frieden bald bringen.
Mit bestem Gruß Dietrich Spittler".
Sicher nicht umsonst ist dieser Brief von
vielen als einziger in den Akten aufgehoben
worden. Spricht er nicht uns alle an? Frieden ist
der Wunsch des namenlosen Soldaten auf- Vorposten
, dessen Begeisterung der ersten Kriegstage
einem tiefen Nachdenken und einem ewigen
Sehnen gewichen ist, dem Sehnen nach Frieden!
Die Einquartierungen waren im Herbst 1870
besonders groß. Am 26. September mußten 27
Offiziere, 845 Mann und 57 Pferde untergebracht
werden. Einige Tage zuvor waren im Dorf 337
aus Paris ausgewiesene Deutsche, die bei Neuen-
Fartie am Blauen Foto: Chr. Frenzel, Müllheim
bürg über den Rhein gekommen waren, freiwillig
verpflegt worden. An Kriegssteuer wurden
2106 Gulden gefordert, die wieder als Darlehen
hatten aufgenommen werden müssen. Zu Weihnachten
sammelten auch die hiesigen Einwohner
für die Verwundeten und Kranken in den
Lazaretten. Nach Kehl wurden vier Fäßchen
Wein mit 273 Maas, vier Fäßchen mit 93 Maas
Kirschwasser und Hefenbranntwein und 150 Pfd.
Dörrobst geschickt. Ein herzliches Dankschreiben
liegt vor. An dem Krieg hatten 48 Bürger teilgenommen
, sechs fielen auf dem Felde der Ehre.
Diesem Krieg folgte eine lange, segensreiche
Zeit des Friedens. Der Wunsch des einsamen
Soldaten auf Wache war in Erfüllung gegangen.
/ Über vierzig Jahre Frieden. Bis 1914 die Sturmglocken
die Männer wieder von den Erntearbeiten
weg zu den Waffen riefen. Der Tod fing nun
seine Ernte an. Die Jahre sind uns allen noch in
Erinnerung. Den Zoll, den das Dorf an Opfern
zu zahlen hatte, steht bei der Kirche in Stein
gemeißelt. Und was uns allen der jüngste Krieg
an Elend, Kummer und Leid brachte, wollen wir
an dieser Stelle nicht anrühren.
Was in diesen vielen Kriegstagen seit Jahrhunderten
an Opfern, Blut, Schmerzen, Mut und
Hilfsbereitschaft und an immer wieder neuerwachendem
Arbeitseifer aufgebracht worden
ist, wäre wahrlich wert, daß endlich Frieden
werde, und wenn er ist, daß er bleibe.
Alfred Gugelmeier
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