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Die Markgrafschaft
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Hochblauen, Sirnitz und Belchen waren mit
ewigem Schnee bedeckt und in kurzen Sommern
rauschten starke Bäche in die Täler. Diese trugen
keineswegs einen grünen Wiesenteppich mit Obst-
und Nußbäumen, sondern waren erfüllt mit Moos
und Sumpfpflanzen. Da, wo heute Reben stehen,
wuchsen Weiden und Flechten, und statt unserer
Wälder gab es nur unzusammenhängende Gruppen
von Birken, bestenfalls kümmerliche Fichten
und Erlen.
Der Leser wird schon gemerkt haben, daß
wir von der Eiszeit sprechen* In dieser fernen
Zeit lebten schon Menschen, primitive Jäger
ohne feste Wohnsitze. Sie jagten die eiszeitlichen
Tiere oder fingen sie in Fallgruben. Reste solcher
Tiere finden sich im badischen Oberland nicht
selten. Ziemlich häufig scheint das Mammut
gewesen zu sein, eine riesige, mit Haarpelz bekleidete
Elefantenart, von der man einen 1,85 m
langen Stoßzahn bei Buggingen fand. Andere
Reste des Mammut (Backzähne, Knochen) lieferten
die Gemarkungen Müllheim, Auggen, Wyh-
len usw. Vom wollhaarigen Nashorn fand sich
ein Knochen bei Müllheim; Moschusochse, Höhlenbär
und Riesenhirsch würden auch die Jäger von
heute zu froher Pirsch reizen. Als das Klima dem
Pflanzenwuchs etwas günstiger wurde, stellten
sich große Mengen von Wildpferden und Rentieren
ein, der braune Bär und der Wolf traten
auf, das Mammut wich nach Norden zurück.
Der Mensch dieser „älteren Steinzeit" besaß
Steinwerkzeuge, zuerst plumpe Faustkeile und
beilartige Stücke, dann kleineres Gerät wie Messer
, Bohrer, Schaber, Pfeilspitzen. Bei Britzingen
im Eckfeld wurde ein solcher
Gegenstand gefunden, Pfeilspitzen bei Badenweiler
und Niedereggenen, ein ganzes Lager von
Steingerät bei Bollschweil. Bei Munzingen am
Tuniberg entdeckte man auch Waffen und Werkzeug
aus Rentierknochen und -geweihen.
Das Klima wurde milder, unsere Berge bedeckten
sich mit lichten Beständen von Birken,
Fichten, Erlen und Haselstauden; Kiefer, Eiche
und Linde folgten zögernd. Die bisher unzugängliche
Rheinebene wurde trockener, ein kleinwüchsiger
Menschenschlag stellt jetzt zierliche
Harpunen und Pfeile her und erlegt damit Fische
und Vögel. Die Zeit dieser Kleingeräte nennt
man „mittlere Steinzeit" und stößt auf deren
Hinterlassenschaft bei Feuerbach, im Eggener
Tal, bei Liel und Schliengen, Müllheim und Zun-
zingen. Reich an Funden ist der Kaiserstuhl, aber
selbst droben auf der Egerten und im Klemm
haben Leute der mittleren Steinzeit ihre Jaspis-
Geräte verloren.
Die Jungsteinzeit, die große Kulturfortschritte
brachte, kann zeitlich ziemlich genau eingeordnet
werden, sie füllte nämlich das Jahrtausend zwischen
3000 und 2000 vor Christi Geburt annähernd
aus. Leitform ist das geschliffene und
teilweise durchlochte Steinbeil; Knochen und
Holz werden natürlich auch verarbeitet, der
Mensch ist seßhaft und kennt die Töpferkunst.
An die Stelle des Einsammelns von Beeren und
Wurzeln tritt der Anbau von nahrhaften Pflanzen
, der Pflug wird erfunden, an Haustieren gibt
es das Rind, Schwein, Pferd, Schaf und den Hund
(eine Art Spitz). Aus dem schweifenden Jäger ist
ein Bauer geworden. Er bewohnte fast ausschließlich
die Lößlandschaften, die sich als ein
Geschenk der Eiszeit um unsere Gebirge legen.
Es ist unmöglich, hier alle Fundstellen der
Jungsteinzeit im Markgräflerland aufzuzählen,
doch muß gesagt werden, daß gerade der nördliche
Teil des Landkreises Müllheim noch keine
Belegstücke aus dieser Menschheitsepoche erbracht
hat, während das Eggener Tal in Fachkreisen
berühmt ist. Dort, über Niedereggenen,
erhebt sich der „Hagschutz", eine Höhensiedlung,
die im Lauf der Jahrhunderte von Angehörigen
zweier Völker bewohnt war. Der Feuerstein oder
Jaspis wurde bergmännisch gewonnen bei Klein-
kems und von dort weiter verhandelt.
Ums Jahr 2000 vor Christi Geburt lernt der
Mensch das erste Metall kennen, das Kupfer.
Bald darauf schmilzt er Kupfer und Zinn zusammen
und stellt so die Bronze her. Damit beginnt
ein wichtiger Abschnitt in der Geschichte der
Menschheit: die bis etwa 800 vor Chr. währende
Bronzezeit. Die Menschen sind meist Ackerbauer
und Viehzüchter, sie verbrennen ihre Toten und
bergen die Asche zunächst in Hügelgräbern, später
in Flachgräbern. Man setzt die Aschenurnen
ziemlich dicht zusammen, umpackt sie oft mit
Steinen und deckt sie mit einem flachen Stein ab.
Meist stehen kleine Gefäße daneben, sie sind
geschmackvoll geformt und verziert. Schöner
Schmuck, elegant geschweifte Messer und selbst
Musikinstrumente finden sich. Über den Hausbau
der Bronzezeit ist wenig bekannt. In B r i t -
zingens Nähe sind beachtliche Funde gemacht
worden: ein schönes Schwert in Heitersheim, ein
Schwert in Liel, Armreifen und ein Gefäß bei
Müllheim, Einzelfunde bei Seefelden, Staufen
und andere. Das Klima dieser Zeit ist mild, die
Wälder licht und leicht begehbar. Ohne Kämpfe
zwischen einzelnen Stämmen und Völkern ging
es in der Bronzezeit nicht ab, ziemlich friedlich
hingegen mutet uns die folgende Periode an, die
Hallstattzeit. Der Name kommt aus Österreich,
wo bei Hallstatt im Salzkammergut besonders
viele Funde dieser „älteren Eisenzeit" gemacht
worden sind. Schmuck und Gerät werden ijach
wie vor aus Bronze gefertigt, die Waffen "aus
Eisen. Die Toten werden verbrannt oder als
Leichen beigesetzt, in voller Kleidung, mit Waffen
und Schmuck. Zum Schutz des Grabes wird
ein mächtiger Erdhügel aufgewölbt, der aber den
Nachteil hatte, Grabräuber späterer Zeiten auf
die Stelle zu lenken, wo vielleicht ein Häuptling
mit kostbaren Grabbeigaben ruht. So sind die
Grabhügel bei Schlatt und Niedereggenen frühzeitig
geplündert worden. Ein einfacheres Grab
fand sich bei Hach.
Außerordentlich wichtig für unsere Gegend
ist die jüngere Eisenzeit, die Zeit der Kelten.
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