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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1955-02/0003
Die Markgrafschaft

Nr. 2 / 7. Jahrgang Monatszeitschrift des Hebelbundes Februar 1955

»

Der Vorstand des Hebelbundes Müllheim hat
in einer Sitzung, an der auch der Präsident des
Hebelbundes Lörrach, Pfarrer Nutzinger, und der
verantwortliche Redakteur der „Markgrafschaft"
teilnahmen, beschlossen, die „Markgrafschaft"
wieder allein herauszugeben. Begründet wurde
der Beschluß damit, daß eine weitere Zusammenarbeit
mit dem Hebelbund Lörrach in diesem
Punkt nicht fnehr möglich sei.

Wie es zu diesem Beschluß kam, sei nachstehend
erläutert, weil wir glauben, daß unsere
Leser ein Recht darauf haben, die äußeren und
inneren Gründe! dieser bedauerlichen Entwicklung
zu erfahren. Diese Mitteilung hat nichts mit
Polemik zu tun. Befürchtungen, die von Lörracher
Seite in dieser Richtung geäußert wurden, treffen
nicht zu. Vielmehr scheint es uns, daß gerade
der Trennungsstrich, der von uns, wie aber auch
von einem Teil des Lörracher Hebel-Präsidiums
als schmerzlich empfunden worden ist, ein Ende
jener Polemik bedeutet, die von unguter Seite
in die Beziehungen zwischen den beiden Herausgebern
getragen worden ist.

In der letzten Generalversammlung des Hebelbundes
Lörrach wurde auch, wie wir der Tagespresse
entnehmen konnten (!), über die Frage
unserer „Markgrafschaft", die ursprünglich vom
Hebelbund Müllheim allein, später dann gemeinsam
mit dem Hebelbund Lörrach herausgegeben
worden ist, diskutiert. Anlaß dazu gab der Kassenbericht
des Hebelbundes Lörrach, dem zu entnehmen
war, daß die Mitherausgabe die Lörracher
Kasse stark belaste. (Dieser leidige Umstand ist,
wie von allen Seiten zugegeben wird, darauf zurückzuführen
, daß der Hebelbund Lörrach nur
in sehr geringem Umfange Anzeigen werben
konnte; dies im Gegensatz zu dem Müllheimer
Herausgeber, der dank des Opfersinns seiner
Mitglieder und der Bezieher der Zeitschrift eine
ausgeglichene Bilanz nachweisen kann.)

Wie wir weiter (durch die Presse) erfuhren,
hat der Schriftführer des Hebelbundes Lörrach
in diesem Zusammenhang empfohlen, mit der
„Badischen Heimat" Verhandlungen wegen einer
Fusion aufzunehmen, da die „Markgrafschaft"
weder innerlich noch äußerlich genüge.

Nun — es sei nochmals wiederholt —, wir
beabsichtigen nicht, wegen dieser Äußerung eine
Polemik zu beginnen, die zu nichts führen würde.
Ob diese Art und Weise als besonders intelligent,
als besonders anständig oder als sonst etwas zu
nennen ist, diese Frage überlassen wir getrost

denjenigen, die im In- und Ausland seit vielen
Jahren treue Leser unserer Zeitschrift sind und
von denen wir wissen, was ihnen] diese unter vielen
persönlichen Opfern herausgegebene Schrift
bedeutet.

Was aber nicht übergangen werden kann und
was schließlich den Vorstand des Hebelbundes
Müllheim zu seinem Schritt veranlaßt hat, das ist
etwas, was am Beispiel der Lörracher- Kritik ganz
offenbar wird: die inneren Auffassungen über die
Pflege des großen literarischen und menschlichen
Erbes von Johann Peter Hebel, so wie sie von
uns vertreten werden, sind nicht in Einklang zu
bringen zu einem gewissen Managertum, das sich
mit scheinbarem Erfolg daran macht,, eine Art
Hebel-Industrie aufzubauen. Was unserem einfachen
Gemüt durch das innere Erlebnis Hebels
eingeht, soll dort durch die Organisation-erreicht
werden. Wir sind keineswegs der absolut unrichtigen
Auffassung, Hebel sei ein „Heimatdichter".
Wir wissen, daß Hebel gerade in der Gegenwart
neu entdeckt wird als ein universaler Geist, der
weit über völkische, ja kontinentale Unterschiede
hinausreicht und hinauswirkt. Aber dies kommt
nicht von ungefähr. Was hier Früchte trägt, ist
tiefer verwurzelt als gewisse Umzugsmethoden,
es wurzelt so tief hinab, daß es von jenen Grundwassern
unserer Erde gespeist wird, die auf dem
Urgrund alles Seins als die stille Strömung jenseits
der Gezeiten gehen und wiedergehen. Hier
bat einer absichtslos und zeitlos seine heimatliche
Flöte geblasen und ganz im Angesicht Gottes.
Hier: das heißt in unserer Heimat, die ihm nicht
zu wenig war, die ihm vielmehr den Kosmos
bedeutet hat.

In dieser unserer Auffassung, die wir im ersten
Heft als Ausgangspunkt unserer Arbeit bezeichnet
haben, lassen wir uns nicht beirren, zumal
nicht durch eine sinnlose Kritik, die aus verdrängten
Komplexen einerseits und andererseits
aus Geltungsdrang entstanden ist.

Wir ziehen es vor, uns selbst treu zu bleiben,
und wir beabsichtigen nicht, den stillen Feldweg
zwischen Hertingen und Tannenkirch zu verlassen,
auf dem wir eh und je dem großartigen Dichter
Johann Peter Hebel, begegnet sind. Wir sehen
nicht den mindesten Grund, denjenigen zu folgen,
die auf den glatten Prachtstraßen eines zeremoniensüchtigen
Prominentenkultes marschieren.
Wir wollen dies nicht, weil wir fürchten, daß uns
in dem so glänzend organisierten Tschingderasa-
bum eben jenes Flötenspiel verloren geht, dem
zuzuhören uns immer noch eine reine und tröstliche
Freude bedeutet. L.B.


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