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Die Markgrafschaft

>öie 2!5äcenbuben treiben ben Hörntet: am

Ein alemannischer Frühlings brauch

In einem Seitental der Wutach liegt das im
Jahre 850 in St. Gallischen Urkunden erstmals
genannte Dorf Lausheim; „Lusheim" hieß es damals
. Im Volksmund wird es „Luse" genannt.
Das mittelhochdeutsche Wort „Luz" bedeutet so
viel wie Versteck. Die abseitige Lage des ehemals
St. Blasischen Ortes mag schuld daran sein, daß
sich hier bis zum heutigen Tag ein alter Frühlingsbrauch
erhalten hat: das Winteraustreiben
durch die Bärenbuben.

In einem Gumpen wird der „Bär", das Symbol
des Winters, ertränkt. Schon am Vormittag des
Sonntags Lätare, auch Mittfastensonntag genannt,
wird der Mühlenbach gestaut. Kaum ist der
Nachmittagsgottesdienst beendet, so ziehen die
Dorfbuben, genannt die „Bärebuebe", die Dorfstraße
herunter. In einem ,,Karree" kommen sie
daher. Jeder Bub trägt eine lange Rute. Inmitten
des Karrees läuft die Hauptfigur des Tages, der
„Bär". Er wird dargestellt von einem Knaben der
obersten Volksschulklasse. In Weißtannenreis
eingebunden, gleicht er einer wandelnden Weiß-
tannenreiswelle. Er ist gefesselt; um den Leib
wird ihm ein Strick gebunden, an dem ihn zwei
Buben festhalten und führen. Hinter ihm geht
der größte und stärkste der Schulbuben. Er muß
den Widerstand leistenden Bären vorwärtsschieben
. Indes die Schar durchs Dorf zieht, wird
aus Leibeskräften gesungen:

„Welle, welle, will zum Bäre go,

der leit Wißtannhose'n a, .hallo, hallo!"

Am Dorfende angelangt, stellen sich die Bärenbuben
um den gestauten Gumpen auf. Über diesen
wird als Brücke ein Brett gelegt; auf das
Brett wird der widerstrebende Bär geschoben.
Nachdem man die Bänder, welche die Tannenzweige
zusammenhielten, zerschnitten hat, so daß
der Bär seine Umhüllung von sich werfen kann,
wird abermals das Bärenlied gesungen: „Welle,
welle, will zum Bäre go, der leit Wißtannhose'n
a, hallo, hallo!" Schon beim ersten Hallo ist der
Bär in den Gumpen gesprungen. Er sucht, so
schnell wie möglich, dem nassen Element zu entkommen
. Unter dem Geschrei der Bärenbuben
entflieht er in das nächstgelegene Haus, wo er
sich der nassen Gewandung entledigt.

Nun kommt der zweite Zug durchs Dorf. Dieser
hat ein anderes Aussehen. Die Buben tragen
kleine Schmalzpfannen, Mehl- und Eiersäckle,
auch hölzerne Salztrögle. Man zieht von Haus zu
Haus. Nach altem Brauch werden die Bärenbuben
mit Schmalz, Eiern und Mehl beschenkt. Ist der
Rundgang durch das Dorf beendet, so versammeln
sich die Bärenbuben im „Elternhaus des
Bären". Dort werden Eierkuchen gebacken und
verzehrt. Das Backen besorgen die Buben selbst.

Seit Menschengedenken ist der Brauch üblich.
Vor fünfzig Jahren machte ein Ortsgeistlicher die
ersten Aufzeichnungen darüber. Bis zum heutigen
Tag wird der Brauch noch im derselben Forrn
ausgeübt. Der Sinn ist eindeutig. Der Bär ist ein
Sinnbild des Winters; er wird zum Ort hinausgetrieben
und ertränkt. Zum Lohn dafür erhalten
die Bärenbuben ihre Gaben. Baader

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Es ist nicht besonders verwunderlich, daß vor
zweihundert Jahren in Britzingen ein Knäblein
geboren wurde namens Johannes Dörflinger. Mag
über den Stammhalter auch Freude geherrscht
haben im Elternhaus, in der Wirtschaft „Zur
Krone", lauter und allgemeiner war die Freude
in Karlsruhe, als gleichzeitig, nämlich am 14. Februar
1755, dem Landesfürsten, dem Markgrafen
Karl Friedrich, der erste Sohn geboren wurde. Er
hieß Karl Ludwig. Die Mutter dieses Erbprinzen
war die geb. Prinzessin Karoline Luise, Tochter
des Landgrafen Ludwig von Hessen. Sie war
damals 32 Jahre alt und mußte eine Amme für
ihr Söhnlein suchen. Die fürstliche Wahl fiel auf
die junge Frau Barbara Dörflinger geb. Schmidtin
aus Britzingen. Es war gewiß eine Ehre für das
ganze Dorf, als Frau Barbara, vom Burgvogt
Erhardt geleitet, in einer Staatskutsche landab
fuhr, Ihr wird die Trennung von dem kleinen
Johannes schwer geworden sein, doch er wuchs
gesund auf und verheiratete sich später nach
Auggen.

Es wuchsen zwei Schwestern mit ihm auf,
Rosina Barbara, die den Schmied Welchlin von

Britzingen heiratete, und Anna Maria, die Frau
des Bäckers Jakob Friedrich Grether von Badenweiler
wurde.

Der Milchbruder des Johannes Dörflinger, also
der Erbprinz, verheiratete sich mit der Prinzessin
Amalie Friederike von Hessen-Darmstadt, als er
19V2 Jahre alt war. Fünf seiner Töchter kamen
durch ihre Heiraten an andere europäische Fürstenhöfe
. Eine wurde Königin von Bayern, eine
Kaiserin von Rußland, eine Königin von Schweden
, die jüngeren Herzogin von Braunschweig
und Großherzogin von Hessen. Der Sohn, der
spätere Großherzog Karl, spielte in Badens Geschichte
keine sehr rühmliche Rolle. Der Vater
aber, der Erbprinz Karl Ludwig, * verunglückte
bei einer Schlittenfahrt in Schweden, als er von
einem Besuch in Petersburg kommend seine
Tochter in Stockholm besuchen wollte.

„Rebschaffner" Johannes Dörflinger, der Vater
des Johann, der nach Auggen zog, starb 1796.
Seine Witwe, die Amme, und ihre Kinder teilen.
Die „Behausung", das heißt die „Krone", wird
auf 2000 Gulden geschätzt. Anna-Maria und ihr
Bäcker-Gatte wollen sie erwerben und die übri-


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