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Die Markgrafschaft
9
06 tuar einmal.. .
Unsere Erstkläßler müssen sich mit ihrem
vielseitigen Lesebuch, ihrem Rechenbuch und
ihrer biblischen Geschichte wie kleine Professoren
vorkommen, wenn man dagegen das unscheinbare
, dünne Heftlein von 16 Seiten Oktavformat
betrachtet, das vermutlich einem der ersten
Schweighöfler ABC-Schützen als einzige Unterrichtshilfe
auf den Weg mitgegeben wurde. Allem
Anschein nach besteht die Schule in Schweighof
seit dem Jahre 1757. Vorher gingen die Kinder
nach Badenweiler. Anno 1759 verehrte „den
25. Debcember" der Vater oder der Götti seinem
Kind das 1755 erschienene „ABC-Büchlein, samt
dem Vater unser, dem Christlichen Glauben, den
zehen Gebotten, der heil. Taufe und dem
H. Abendmahl des HErrn, neben anderen schönen
Gebetern, so man des Morgens aufstehet, vor
und nach dem Essen, und wann man Abends
schlafen gehet; Für die anfahende Schul-Jugend
der untern u. obern Marggravschaft Baden-Dur-
lach". Der diesbezügliche Eintrag auf der letzten
Seite des Büchleins lautet: „Dießes Neue ABC-
Büchlein gehört Hanß Jacob Bantzer Im Schweig-
hoft. Gott sterke dich jm Glauben".
öffnet man nun das Büchlein, so finden sich
auf der zweiten Seite Übersichten über das kleine,
dann das große Alphabet in verschiedenen
Druckgrößen. Das mag ein mühsames Buchstabieren
gewesen sein, bis die Buben und Mägdlein
alle sicher benennen konnten. Wieviel bequemer
haben es da heute unsere Kinder. Was hören sie
wohl von „Vocalen" und ,,stummen Buchstaben"?
Wie manche Träne mag da gerollt sein, bis das
Vrenele oder der Hansjörg das Alphabet vor-
und rückwärts (so schreibt es das Büchlein vor)
Spenden für den Marktplatzbrunnen
können unter der Bezeichnung „Marktbrunnen" auf unser
Girokonto Nr. 655 bei der Bezirks-Sparkasse Müllheim
einbezahlt werden.
*
Für die von Frau Keller-Stiefvater, Basel, eingesandte
Bmnnenspende danken wir herzlich.
ein cütee ©djulbudj
hersagen konnte!? Seite 3 Folgen die SYlben":
systematisch zusammengestellt stehen sie neben-
und untereinander:
Ab eb ib ob ub
Ac ec ic oc uc
Ad ed id od ud
usw usw.
bis zur letzten Konsequenz:
Za ze zi zo zu
— sinnlos und ohne Zusammenhang. So werden
sie gepaukt worden sein, bis auch dieses Pensum
„saß".
Daran schließen sich endlich — alphabetisch
geordnet — die Wörter an von „Abt — Ach —
Äff... bis Zorn — Zucht — Zung".
Waren die kleinen Lernbeflissenen glücklich
mit Mühe und Not dahingebracht, wurde ihnen
als erster geschlossener Lesetext „Das Va ter
un ser" geboten. Wie entgegenkommend und
human der sicherlich hochgelehrte Verfasser des
Büchleins sich hier erweist! Die mehrsilbigen
Wörter werden getrennt gedruckt, um sie lesbarer
zu machen, also: „Ge hei Ii get wer de
Dein Na me". Dieses Verfahren wird auch beim
Glaubensbekenntnis und bei den „zehen Gebotten
GOttes" beibehalten. Die Abschnitte aber, die
dann „Von der heiligen Taufe" und „Vom heiligen
Nachtmahl" handeln, sind wohl schon für
die Fortgeschrittenen bestimmt, denn sie bringen
den Text in normaler Druckweise.
Abschließend folgt ein kurzer Vierzeiler mit
der Überschrift „Die Forcht des HErrn ist der
Weisheit Anfang", der den ganzen Autoritätskreis
jener dörflichen Welt von, vor zweihundert Jahren
zusammenfaßt, den man auch unserer Jugend zuvorderst
ins Stammbuch einschreiben möchte:
„Ruf GOtt in allen Nöthen an,
Er wird dich gewislich nicht verlahn:
Dein Eltern ehr mit ganzem Fleis:
Die Obrigkeit, dein Meister, preis".
Johannes Helm
Um ein 2f*ürgm:edjt in Dögi'ötjeim
Die Aufnahme in das Bürgerrecht einer Gemeinde
war seit eh und je ein wichtiges Ereignis.
Die Neuzeit freilich hat auch hier, besonders in
den Städten, viel Abbruch getan. Aber an manchen
Orten muß der Bürgerrechtsuchende von
der angegangenen Gemeinde auch heute noch vielen
Fragen standhalten können, ehe er zu seinem
Ziele kommt. Und Gemeinden, die noch Bürgernutzen
zu vergeben haben, sind sehr vorsichtig,
ehe sie dieses Recht einem Gesuchsteller übertragen
. In manchen Gemeinden ist die Zahl der
Bürger sogar genau festgelegt, und nur der Tod
eines Bügers läßt den nächsten nachrücken. Diese
Ordnung trifft man hauptsächlich in Gemeinden
mit Waldbesitz, weil es dort heute noch zu den
Rechten eines Bürgers gehört, daß ihm alljährlich
das sogenaryjfcß Burgerholz unentgeltlich von
der Gemeinde offeriert wird. Welche Voraussetzungen
aber vor zweihundert Jahren zu erfüllen
waren, wird dem geneigten Leser aus nachstehendem
Beispiel ersichtlich:
Man schrieb das Jahr 1762, als Pfarrer Johannes
Gebhard von Hügelheim dem damaligen
Markgrafen Carl Friedrich „die unterthänigste
Bitte" zu Füßen legte, er möchte dem Pfarrer noch
zu dessen Lebzeiten helfen das Bürgerrecht von
Vögisheim zu erlangen. „Ich habe von meiner
seligen Mutter ein geringes Bauerngüthlein von
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