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Die Markgrafschaft
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f>ebelö Ofoburtötag
Es war für mich ein schönes Erlebnis, als ich
vor wenigen Wochen dem Hebelhäuschen in
Hausen einen Besuch abstatten durfte. Nicht
ohne Rührung setzte ich mich auf die Bank auf
der sorgfältig gepflegten kleinen Laube, zu der
man vom Hof über eine schmale Treppe gelangt
und sonnte mich an dem Gedanken, daß hier
vor ungefähr 185 Jahren unser lieber Dichter
als unscheinbares Wälderbüblein mit seinem
Müetterli zusammen wohl vielmal gesessen haben
mochte. Und ich sann über die Wege nach, die
die Vorsehung benutzte, um diesem anfänglich
so unbedeutenden Leben einen so großartigen
Durchbruch zu gewähren.
viele Ehren annehmen. In seinem Innern blieb er
jedoch das Wälderbüblein von Hausen, das sich
seiner Herkunft nie geschämt hat und dem sein
Mütterlein durch das ganze Leben der helle
Stern geblieben ist, von dem ihm in allen Lebenslagen
Licht und Kraft zuflössen.
Mit hellen Kinderaugen, denen die Welt im
goldenen Duft der Morgenröte zum Märchen
wurde, blickte Hebel zurück in sein Heimattal und
verwandelte und beseelte die ganze Natur. ,,Jedes
Wesen, jeder Gedanke verwandelt sich unter
seinen Zauberhänden in eine Person, und alle
diese Personen leben, denken und fühlen, fühlen
wie die Landleute an der Wiese . . . " ,,Aber auch
Mit Ehrfurcht betrat ich auch das heimelige
Stübli, das jetzt die Gemeindeschwester bewohnt
und von ihr mit großer Liebe gepflegt und gehegt
wird. Meine Gedanken sprangen wie ein
junges Roß auf der Weide in der niedrigen Stube
hin und her, und die Schwester hatte alle Mühe,
den ungestümen Frager zufrieden zu stellen.
Von hier aus also, so dachte ich, ging jenes
helle, freundliche Licht in die Welt hinaus, vor
allem in die alemannische Welt, dessen Schein
und Wärme bis in unsere Tage angehalten und
— will's Gott — noch vielen Generationen unseres
Volkes leuchten und sich als eine Kraft erweisen
wird, die immer wieder die Herzen und
Gemüter für das Werk des Dichters und die
Sache unserer Heimat zu entzünden vermag.
Schlicht und einfach hat das Leben des Dichters
seinen Anfang genommen und schlicht und
einfach war es auch in seinen Höhepunkten
geblieben. Hebel wurde Badens erster Prälat,
aber auch als Dichter seiner Heimat durfte er
die kleinsten Gegenstände, die Blumen, die Bienen
, die Vögel usw. sind personifiziert, wie er
auch das Jahr und seine Gezeiten vermenschlicht
hat", sagt Ernst Keller in seiner Hebelausgabe
und führt dann weiter aus, daß ,,der Schöpfung
Seele eben nur das Sonntagskind schaut, und
wenn Hebels treue Bauernaugen die Geister alle
erschauen sollen, dann muß er aus der Wiese
trinken, ähnlich wie Friedrich Preller die Einöde
Skandinaviens brauchte, wenn seine Kunst gedeihen
sollte: Ich muß Gottes Hauch im Sturme
wieder fühlen und darin neues Leben für die
übrige Zeit holen, sonst werde ich schlaff".
,,Hebel besitzt", sagt Ernst Keller weiter,
,,jene künstlerische Reife, jene höchste Simplizität
, die Schiller mit Recht an Bürgers Gedichten
vermißte. Wie bei Homer bewegen und unterreden
sich himmlische, menschliche, tierische, ja
leblose Wesen untereinander; sie sind selbstverständlich
alle unseresgleichen".
Hebel hat seine Gedichte im Auftrag und
aus der Tiefe seines Herzens geschrieben. Die
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