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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1955-07/0008
Die Markgrafschaft

Wirtschaft, eine gemütliche große Stube in der
Südwestecke des Schlosses, geschlossen und Bürgeln
hörte auf, beliebtes Wanderziel zahlloser
Ausflügler zu sein. Der' vorher nach Osten offene
Bau wurde durch neue Räume abgeschlossen.

Im Sommer 1920 war das Anwesen wieder
verkäuflich und rasch entschlossen griffen einige
Gemeinden des Markgräflerlandes zu, indem sie
sich zum „Bürgelnbund" vereinigten, dem auch
einige Private beitraten. Besondere Verdienste
um die Erwerbung Bürgelns haben sich die Gemeinden
Obereggenen und Badenweiler erworben
. Doch zur Instandsetzung und Unterhaltung
der Gebäude fehlten dem Bund die Mittel, deshalb
wurde Bürgeln an den Kommerzienrat Sichler
verpachtet, einen kunstsinnigen Mann, der
seiner Verpflichtung, das Schloß zu unterhalten,
in großzügiger Weise nachkam. Er hat aus Bürgeln
ein Schmuckkästlein gemacht, das in deutschen
Landen seinesgleichen sucht. Richard Sichler
hat es in sechsjähriger Bauzeit verstanden,
die richtigen Männer an den richtigen Platz zu
stellen. Unser Vaterland hat damals schon
schwere Zeiten mitgemacht, es mußte die Erschütterungen
der Inflation über sich ergehen
lassen, es herrschte Mangel an Material und an
Fachleuten. Und doch ist es der Beharrlichkeit
und dem Opfersinn des Pächters gelungen, eine
Tat zu vollenden, die in der kulturellen und
künstlerischen Entwicklung Deutschlands beispielhaft
dasteht. Sichler gewann für die äußere
Ausgestaltung des Schlosses den Aachener Professor
Theodor Veith, für die Innengestaltung
den Berliner Maler und Architekten Erich M.
Simon, während Gartenbaudirektor Kampke die
Gartenanlagen neu schuf.

Ein barockenes Eichentor, ein Meisterwerk
Veiths, führt in das Innere des Hofes, wo uns
die Fassade des Hauptgebäudes in hellgelbem
Ton warm entgegenleuchtet. Bis hinab ins Mark-
gräflerland und selbst hinüber ins Elsaß zeigt
die helle Schloßfront das Gesicht unserer alten
Propstei. Ganz herrlich wirkt die Freitreppe mit
ihrem kostbaren, schmiedeeisernen Geländer. Im
Innern lassen wir die Atmosphäre des reichen,
aber nicht überladenen Barocks auf uns wirken.
Stuckdecken, Panelierungen, Beleuchtungskörper,
Türen und Fenster sind eine künstlerische Einheit
und versetzen uns ins 18. Jahrhundert zurück
, in die Zeit, in der das Bruchsaler Schloß
und die Würzburger Residenz erbaut worden

sind. Beim Betreten der Kapelle will es uns nicht
in den Sinn, daß hier' vor kurzem ein moderner
Künstler tätig war, um all die Köstlichkeiten zu
schaffen, die so eindrucksvoll und andachts-
stärkend auf uns wirken. In den übrigen Gemächern
des weiten Baues bewundert man stilechte
alte Möbel, die Eigentum Dr. Sichlers bezw. seiner
Erben sind, dann die alten Bilder der fürstlichen
Klostergönner und Wohltäter, ferner Porzellan
, Öfen und Bücher. Dabei hat man keineswegs
den Eindruck, in einem Museum zu sein.
Liebevoll ist alles zusammengetragen, stilvoll
zusammengestimmt und mit dem Vorgefundenen
glücklich vereint.

Nicht unerwähnt sollen die Gärten bleiben
mit ihrer herrlichen Sicht über die Dörfer und
Reben des Markgräflerlandes hinweg nach Basel,
zu den Vogesen, zum Jura und zu den Berner
Alpen. An Stelle früherer unschöner Ökonomiegebäude
finden wir jetzt eine gemütliche Schloßwirtschaft
, die von Fräulein Fehrenbach aufs
Beste geführt wird, nachdem die Familie Graf
von Obereggenen dem Betrieb von 1928 bis 1948
erfolgreich vorgestanden hat.

Nach vollendeter Bauzeit ist das Schloß am
19. und 22. September 1926 (Hebels 100. Todestag
) im Beisein vieler Gäste aus dem ganzen
Land feierlich eröffnet worden. Im April 1948
sind einige Räume des Anwesens erholungsbedürftigen
Liobaschwestern des Klosters Günterstal
bei Freiburg überlassen worden.

• Die Anhänglichkeit des Markgräflers an Bürgeln
ist groß. Die Wurzeln dieser Anhänglichkeit
liegen vielleicht schon, wie oben angedeutet, in
vorchristlicher Zeit, sicherlich aber in den Jahrhunderten
, da Bürgeln kirchlicher Mittelpunkt
der Landschaft war. Möge nie die Zeit kommen,
in welcher unser Bürgeln den Umwohnern entfremdet
wird. Zwei Kriege haben uns viel genommen
, haben uns Leid und Enttäuschung gebracht
, aber die Liebe zur Heimat konnten sie
uns nicht rauben. Auch Bürgeln hat einen kurzen
Feindbeschuß verspürt, jetzt steht es aber wieder
stattlich, gastlich und mütterlich über dem
Land uns ist uns eine liebe Erinnerug an alte,
friedliche Zeiten. Möge es immer so bleiben,
mögen viele Wandersleut, Einheimische und
Fremde, dort Ruhe und Entspannung finden!

Dr. E. Scheffelt

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Am 3. Juli dieses Jahres waren es 250 Jahre, daß
dem Ochsenwirt Michel Grether von Oberweiler die
Urkunde der Schildgerechtigkeit von Markgraf Friedrich
Magnus von Baden-Durlach verliehen wurde.

Es war eine unruhige Zeit damals. Am 20. April 1704
gab der französische Marschall Tallard den Befehl zur
vollständigen Zerstörung Neuenbürgs, und am 3. Juli
des gleichen Jahres kam aus Breisach, dem Hauptquartier
der Franzosen, der Befehl an die Herrschaft Badenweiler
, daß sie hundert Mann als Schanzarbeiter nach
Breisach bestimmen sollte. Dazu kam im Herbst eine

Anordnung des Markgrafen Friedrich, die oberen Vog-
teien des Amtes Badenweiler sollten ihm tausend Klafter
Brennholz in der Frohn schlagen und nach Basel
führen, wo er über die Kriegszeit seine Wohnung genommen
hatte. — Auch das Jahr 1705 war recht schwer.
Am 10. Oktober trafen französische Reiter in der Herrschaft
ein, und die Kontributionen und Schanzrbeiten,
wobei es nicht immer ohne Exekution abging, drückten
das Land sehr.

Das Jahr 1709 brachte unserem Land und unserem
Tal insbesondere vermehrte Drangsal. Es gerieten in


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