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Die Markgraf Schaft
sehen Landschaft ist. Rings von Mauern umgeben
steht sie wie eine Gottesburg auf Bergeshöh.
Unter dem Wappenschild gold-rot-gold lesen wir
über dem Eingang des Gotteshauses:
. ich. . marggrav .
. ruodolf . macht .
. disi . kirchen . in .
. dem . iar . do . man .
. zalt . von . gotes .
gebvrt . vierzechen .
. hvndert . dar . vnd .
. ein . iar .
Über 550 Jahre alt ist das Kirchlein, das im
Jahre 1401 von dem Markgrafen Rudolf III. erbaut
und im Jahre 1903 stilvoll erneuert wurde.
Tief beeindruckt uns die Gruftkapelle des alten
Gotteshauses. Hier ruht auf einem großen goldrot
-goldenen Schild der tote Markgraf, der im
Alter von 85 Jahren im Jahre 1428 gestorben ist.
Um ihn trauerte das Volk wie um einen Vater.
Seine Regierungszeit bildete einen Höhepunkt in
der Geschichte der Sausenbergischen Markgrafschaft
. Seine Mutter, eine Gräfin von Tierstein,
starb 1385 in Basel. Sie' ist im Münster beigesetzt.
Markgraf Rudolf war zweimal vermählt: in
erster Ehe mit Adelheid von Lichtenberg, in
zweiter mit Anna, einer Tochter des Grafen Egon
von Freiburg und Welsch-Neuenburg. Sie liegt
in der gleichen Gruft bestattet wie der Markgraf.
Von Künstlerhand plastisch wiedergegeben,
ruhen die beiden in der Tracht ihrer Zeit in der
stillen Kapelle.
Erhalten ist der Ehevertrag der, beiden. Die
Gräfin brachte 12 000 Gulden mit in die Ehe; als
Witwengabe verschrieb ihr der Markgraf 6 000
Gulden. Sieben Söhne und sechs Töchter gingen
aus der Ehe hervor. Schweres hatte das Markgräfliche
Haus im Jahre 1420 zu erdulden, da die
Pest umging. Drei Töchter, die als Nonnen im
Kloster St. Clara zu Basel lebten, sowie ein Sohn
fielen der Pest zum Opfer. Gebeugt von schwerem
Leid, machten der Markgraf und seine Gemahlin
große Stiftungen zu Gunsten der Armen,
der Kirchen und der Klöster in vielen Orten der
Markgrafschaft und der Stadt Basel. Vierundsechzig
Jahre hatte Markgraf Rudolf regiert. Er
ist unvergessen. So repräsentiert die Rötteler
Kirche auf Bergäshöh ein Stück oberrheinische
Geschichte, wie die Burg Rötteln, die wir nun
besuchen.
Von 1315 bis ins 17. Jahrhundert war sie
Residenz und vorübergehender Wohnort der
Markgrafen von Hochberg-Sausenberg und später
derer von Baden-Durlach. Bis zum Jahre 1678,
wo die Burg nach tapferer Gegenwehr von den
Franzosen erstürmt und verbrannt wurde, war
sie Sitz der markgräflichen Verwaltung.
Beim Anblick dieser Burg fallen uns Verse
von Hebel ein:
„Siehsch dort vorne 's Röttier Schloß — verfalleni Mure?
In vertäflete Stube, mit goldene Liste venblendlet
Hen sust Fürste gwohnt, und schöni fürstligi Fraue,
Here und Here-Gsind, und d'Freud isch z'Röttle deheim
Aber jez isch alles still. [gsi.
Wildi Tube niste dort uf mosige Bäume".
Über Kandern fahren wir weiter durch die
sommerliche Markgrafschaft. Am Fuß des Blauen,
im Tal von Obereggenen, grüßen wir den guten
Geist der Landschaft, die alemannische Dichterin
Lina *Kromer in den duftenden Matten beim
Heuen. Emil Baader
7ecg unb 5i'e Sertengäfte
Jetz isch Lebe gsi ufern Hof! D' Feriegäst sin
achu us der Stadt, zwei Buebe derbi. Grad für
d'Buebe hen doch d'Ferie ufern Land ihri extra
Bedütig: kei Schuel un spiele vu morge bis
nacht ufern Hof, in Gärte, Feld un Wald. Weniger
het sich zwar der Jörg gfreut. Der het amel
vorher scho gsait: „Ich cha mi numme ärgere.
Wenn mir schinde un schaffe müen, chönne die
Stadtfräck spaziere laufe!" Daß Chopfarbet au e
Arbet isch, seil het er nie begriffe. Doch wenn
ihm sone „Stadtfrack" emol e gueti Zigarre
gschenkt het, no isch guet Wetter gsi, un er het
glacht übers ganz Gsicht.
Der chleiner Bueb isch e blunde lockige, blauäugige
gsi. Was het's für de z'luege un z'stune
ge! Un het er der Treff no so arg an sine Hoor
zöge und zauslet, so isch doch der bal nümmi
vum Büebli eweg gange un het's an de Hösli
zöge, wenn's noch zuem Bach het welle. An dem
Büebli het au der Jörg si Freud gha. Er isch vu
einer Chueh un vu eim Chalb zuem andere gange
mit ihm, het's uf d'Roß gsetzt un ritte lo. Das
isch e Freud gsi für beidi.
Au im ältere Bueb, im Hermann, het er
d'Zügel amel in d'Hand ge un het ihm stolz
zeigt, wie me fahrt. „Gell, wenn ihr in der Stadt
au meine, ihr chönne alles, so soll mir 's Fahre
einer vormache!"
Der Hermann us der Stadt, der Ältst vum
Bur, der Willi, un 's Nochbers Dölfi hen sich bal
verbündet gha un hen zemme triebe, was verböte
gsi isch, un halt bsunders der Jörg hen si
g'ärgeret. Eimol hen si ihm Charesalbi an der
Geißlestecke gschmiert oder an MistgablestieL
E andermol hätte si solle Heu abemache. Was
hän si gmacht? Zwee Bose Strauh hen si ihm
abekeit un sin verduftet. „Dunder un Doria!
Jetz hen mir die dunderwetters Buebe der ganz
Spaltchlotz mit Nägel vernaglet!" het er ame
schöne Tag gschimpft. Sellimols isch's lang gange,
bis der Jörg de Buebe wieder italienisch pfiffe
het. Das isch eso gsi. Werne gsait het: Jörg, pfiff
doch italienisch, un 's isch em grad drum gsi, so
het er mit der linke Hand ei Naseloch zueghebt
un vu der rechte Hand het er zwei Finger ins
Muul gsteckt un het so wunderschön pfiffe in
alle Donarte, daß die große un chleine Buebe
umen umme danzt sin, wie wenn si e Neger-
danz uffüehre wotte, un do het der Jörg e
gwaltige Stolz gha uf si Chunst.
Emol chunnt der Hermann au zuenem in der
Stall. Der Jörg hockt grad untere Chueh un
milcht.
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