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Die Markgrafsoh&ft
Bergkegel, auf dem wenige Mauerreste eine
frühere Burg mehr vermuten als erkennen lassen.
Doch lauschen wir in die Tiefe des Waldes hinein,
so hören wir im Rauschen der Äste und Wipfel
vielleicht die Sage aufklingen vom Töchterlein des
Ritters von Grüneck, das, von einer Hirschkuh
begleitet, dem Flammentode der Ritterfamilie
entging, als es das Hagbrünnlein aufgesucht habe.
Horch! knackt es nicht im Gebüsch, als ob ihr
leichter Schritt den Hang heraufkäme? Wären
wir gar die Glücklichen, die es alle hundert Jahre
zu Gesicht bekommen sollten? Doch nein! es ist
ein scheues Waldtier, das uns erspäht hat und
nun flüchtet; und auch der goldene Glanz dort in
den Büschen ist nicht ein Widerschein von des
Rittermägdleins Goldhaar, sondern ein Sonnenstrahl
, der auf dem Wege tanzt.
Bald erreichen wir, dem schattigen Pfad folgend
, Bürgeln. Das barocke Schlößlein ist wohl
allen Wanderfreunden allzubekannt, als daß man
viele Worte verlieren müßte, es zu rühmen. Doch
wollen wir es in den Rahmen unserer Betrachtung
mit hereinnehmen, denn es erscheint nicht
ausgeschlossen, daß hier an der Stelle der ehemaligen
Benediktiner-Probstei ein vorchristliches
Heiligtum bestanden hat und vielleicht sogar von
einer Verteidigungsanlage umschlossen war, denn
burgilun = kleine Burg = Bürgeln läßt, eine solche
Vermutung durchaus zu.
Doch schon winkt ein neues Ziel. Drüben über
dem Tal ragt ein klotziger Rundturm über die
Wälder empor: die Ruine Sausenburg. Eine kleine
Maueranlage nimmt uns auf, und der Turm
erlaubt uns wieder, den Blick hinausschweifen zu
lassen. Es mag nicht sehr behaglich gewesen sein in
dieser räumlichen Beschränktheit, und die Markgrafen
von Hochberg-Sausenberg werden im Jahre
1315 gerne nach der größeren Burg Rötteln übergesiedelt
sein, als diese durch Erbgang in ihren
Besitz kam. 1246 wird die Sausenburg erstmalig
erwähnt, 1428 noch werden Ausbesserungsarbeiten
vorgenommen; Bauernkrieg und Dreißigjähriger
Krieg vermögen ihr nicht zu schaden,
bis im Jahre 1678 auch hier die französischen
Soldaten ihr Vernichtungswerk vollbringen und
einen Trümmerhaufen zurücklassen.
Sagen kreisen auch um diese Anlage, und
wie fast immer bei Burgen ist es auch hier ein
Burgfräulein, das einen Schatz bewacht, dessen
Finder zugleich zum Erlöser wird. Doch stets
scheitert das Vorhaben an der Unvollkommen-
heit der Schatzgräber, die sich durch Geschwätzigkeit
oder Untreue den sehnsüchtig erhofften
Reichtum entgehen lassen.
Aber wir haben den Bereich der Ortsgruppe
Müllheim - Badenweiler des Schwarzwaldvereins
schon verlassen und wollen zurückkehren. Vielleicht
können wir einen Abstecher machen und
die Erhebung „Ambrenntenbuck" aufsuchen, für
die die Karte einen Ringwall verzeichnet. Den
gleichen Eintrag finden wir auch auf dem Nachbarberg
des Blauen, dem Stockberg, und auf der
Anhöhe „Beim alten Schloß" südlich von Schweighof
. Ringwälle sind bisher stets auf keltischen
Ursprung zurückgeführt worden, doch deutet
man sie neuerdings lieber als Zufluchtsorte, die
die Bevölkerung unserer Gegend in aller Eile
während der Ungarneinfälle etwa des 9. und 10.
Jahrhunderts errichtet haben soll. Eventuell
könnten die Ringwallanlagen, deren Form sich
meist der des Berges anpaßt, noch hölzerne
Unterkünftsmöglichkeiten eingeschlossen haben,
wovon allerdings heute keine Spuren mehr zu
finden sind. Bemerkenswert ist, daß zwei der in
unserem Gebiet liegenden Ringwälle auf Erhebungen
liegen, deren Namen auf frühe Rodung
hinweisen. Ob vielleicht auf den anderen mit
Rodungsvorgängen in Zusammenhang stehenden
Bergnamen („Brandeck", „Rüttekopf") auch einmal
Ringwallanlagen vorhanden gewesen sind?
Erwähnen wollen wir noch eine oft besuchte
und erfreulicherweise neuerdings renovierte
Ruine in unserem Wanderbereich: den Neuenfels.
Hier dürfen wir uns mit dem Hinweis auf das
Büchlein von Dr. E. Scheffelt begnügen, das in
knapper, aber umfassender Form alles Wissenswerte
aus Geschichte und Sage zusammenfaßt.
Es sei dem Heimatfreund wie dem Fremden, der
diese Zeilen liest, wärmstens empfohlen.
Nach Norden wie nach Süden ließe sich die
Reihe der festen Plätze noch weiter fortsetzen,
doch wollen wir heute nicht zu weit hinausgreifen
. Auf eines möchten wir hier nur noch hinweisen
, was dem zünftigen Wanderer sicher
Selbstverständlichkeit ist und dem vernünftigen
Menschen nicht besonders gesagt zu werden
braucht und doch von Zeit zu Zeit ins Gedächtnis
gerufen zu werden verdient: Zeugen früherer
Zeiten wollen die Ruinen sein, und sie sollen es
bleiben. Wie die Natur mit ihrer Schönheit dem
Schutze der Allgemeinheit empfohlen ist, so ist
es auch mit jenen Denkmälern verblichenen
Lebens. Die Menschen sind vergangen — ihre
Werke bestehen fort und in den Werken der
Geist jener Menschen. Daß er unverfälscht
weitergegeben werde, sei jeder Freund unserer
Heimat aufgerufen. Und daß das Wissen um jene
„alti Mure" nicht versinke, dazu möchten diese
Zeilen ihren Teil beitragen. J. Helm
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Die vielen Wanderer, die von Müllheim oder
Badenweiler aus den Belchen besteigen,- betreten
an der Forellenzuchtanstalt Schweighof ein fast
scbluchtartiges Tal, „das Klemm". Ein ansehnlicher
Bach eilt über viele Felsstufen uns entgegen
, seinem Lauf folgt die „alte Klemmstraße"
bergan, während die neue Kunststraße den Südhang
' des engen Tales benützt. Beide Straßen
verlassen den Wald in etwa 950 m Meereshöhe,
grüne Wiesenhänge breiten sich beiderseits aus
und rasch ist das Gasthaus „Zum Auerhahn"
erreicht, das gewissermaßen den Rest eines Dörfchens
„Sirnitz" darstellt, das vor 140 Jahren in
vierzehn Gebäuden noch acht Familien beherbergte
. Eigentümer der Häuser, Köhlerschuppen
und Wiesen war damals schon der Staat, der
seine Wälder bis hinüber nach Fischenberg dem
jeweiligen Pächter (Beständer) des Eisenwerks
Oberweiler überließ. Darum waren die Männer
der Sirnitz-Siedlung Köhler und Holzhauer, sie
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