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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1955-08/0005
Die Markgrafschaft

ein Rückschlag in zweihäusige Formen statt.
Die Wildreben sind dagegen, wie erwähnt, in
der Hauptsache zweihäusig, nur vereinzelt zwitterig
. Man hat aus diesem Umstände geschlossen
, unsere Kulturreben könnten nicht von
unseren einheimischen Wildreben abstammen.
Dieser Rückschluß ist aber falsch, denn Bronner
stellte ausdrücklich fest, daß auch zwitterige
Wildreben vorkamen. Ferner ist aus
seinen Untersuchungen herauszuheben das Vorkommen
auch von grüntraubigen Wildreben,
neben den verbreiteren blaubeerigen.

Da aber nur zwitterige Reben regelmäßig
Trauben ansetzen, männliche Reben natürlich
gar keine und weibliche nur, wenn Blütenstaub
liefernde Sorten in der Nähe wachsen, kamen
selbstverständlich nur zwitterige Sorten zum
Ausgangspunkt von Züchtungen in Frage.
Durch Selbstaussaat und Übertragung der
Traubenbeeren durch Vögel konnten aus Sämlingen
neue Rebsorten mit anderen Eigenschaften
entstehen. Sofern solche Sorten bessere
Trauben hervorbrachten, fielen sie sicher den
Bewohnern des Rheintals auf, ide schon vor
10 000 bis 15 000 Jahren an einzelnen Stellen
in der Rheinebene, zum Beispiel bei Munzingen
und am Öliberg bei Ehrenstetten, als Jäger
lebten, als der Schwarzwald noch vergletschert
war.

Aus den keltischen ■ Namen der meisten
Flüsse, zahlreicher Städte und Berge in Baden
und aus zahlreichen keltischen Funden im
Rheintal und seinen Nebentälern, wo zum Beispiel
das schon in der Bronzezeit besiedelte
Tarodunum, zwischen Kirchzarten und Himmelreich
gelegen, eine ihrer letzten Festungen darstellt
, unter anderem erkennt man die jahrhundertelange
, schon verhältnismäßig dichte Besiedlung
des Landes durch diesen Volksstamm,
der bis zu Tacitus' Zeiten in Baden lebte.

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Blick aus den Müllheimer Reben auf den Blauen

Foto: Chr. Frenzel, Müllheim

Diese Ureinwohner werden die ihnen von der Natur
gebotenen Trauben der Wildreben nicht verschmäht
haben. Sicher dienten sie schon in der Bronzezeit, also
vor etwa 4000 Jahren, den Menschen als Nahrung, denn
in .dem Abfallschutt der aus jener Zeit stammenden
Pfahlbauten in den Seen am Nordrand der Alpen (Bodensee
bei Steckborn, Neuenburger See bei St. Blaise) wurden
Rebkerne der Wildrebe festgestellt. Als die Bevölkerung
seßhaft wurde und sich der landwirtschaftlichen
Bebauung der Felder widmete, also spätestens zur
Keltenzeit, wird man eine so wertvolle Frucht vielleicht
auch schon in Kultur genommen haben, denn das Sammeln
der Trauben auf den Baumgipfeln war damals
eine ebenso gefährliche und oft aussichtslose Sache wie
zu unserer Zeit, als die Wildreben in den Auwäldern am
Rhein noch in großer Zahl gediehen.

Ursprünglich diente die Wildrebe nur zu Eßzwecken.
Es ist aber nicht von der Hand zu weisen, wie Baron
Riston ausgeführt hat, daß auch der Frühzeitmensch
bei uns durch Zufall die Herstellung eines alkvjholischen
Getränkes, des^Wemss aus Wildtrauben, kannte. Eine
solche Kenntnis würde dann erst recht die Kultur der
Wildrebe «äIs wünschenswert erscheinen lassen, peshalb
ist es möglich, wenn auch vorläufig nicht zu beweisen,
daß die Kelten auch bei uns schon einen primitiven
Weinbau in geringem Umfange betrieben haben. />^ller-

dings wurden bisher in prähistorischen Schichten immer
nur vereinzelte Rebkerne gefunden und nicht Ansammlungen
, wie sie beim Wegwerfen von Trestern vorhanden
sein müßten. Wenn allerdings die Trester als Dung
Verwendung fanden, werden die Traubenkerne im Laufe
der Zeit in Verwesung übergegangen sein. Die Angabe
von Tacitus (98 n. Chr.), die am rechten Ufer des
Rheines wohnenden Germanen kauften den Wein vom
linksseitigen Rheingebiet, im übrigen tränken sie vergorenen
Gersten- und Weizensaft, also eine Art Bier,
das bis zu einem gewissen Grade dem Wein ähnelte,
widerspricht dieser Vermutung. Man kann aber ebenso
gut annehmen, daß Tacitus das rechtsrheinische Gebiet
doch zu wenig genau gekannt hat, als daß allen seinen
Angaben unbedingt Glauben geschenkt werden müßte.
Nachweisen läßt sich also vorrömischer Weinbau in
Baden bisher nicht.

Die Kulturrebe

Wenn wir annehmen, daß sich unsere Kulturreben
durch natürliche Kreuzung und Aufzucht von Sämlingen
aus unseren einheimischen Wildreben im Laufe der
Jahrhunderte entwickelt haben, erklärt sich das Vorkommen
der großen Zahl von Rebsorten und das Auftreten
gewisser Sorten nur in einzelnen Ländern zwanglos
. Allerdings sind diese Ur-Rebsorten in den Län-


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