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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1955-08/0006
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Die Markgrafschaft

dem mit intensiver Weinkultur nun fast restlos verschwunden
. Bei uns dürfte dazu die Rebsorte Heimisch
zu rechnen sein, die sich als einzige bis in unsere Zeit
hinein stellenweise erhalten hat. In Ländern, die mehr
abseits vom Strom der Neuzeit liegen, wie zum Beispiel
im Wallis und seinen Seitentälern, findet man dagegen
noch mehrere nur dort vorkommende Sorten, wie Reze,
Humagne, Arvin, Rouge du Pays. Auch im Riesling
vermutet man einen Sämling aus deutscher Erde entsprossen
, denn in anderen Ländern kommt er ursprünglich
nicht vor, und wenn er in südlichere Länder verpflanzt
wird, gibt er einen gegen den deutschen Ries-
, ling zurückstehenden Wein. Wahrscheinlich dürfte eine
ganze Reihe französischer, italienischer und spanischer
Rebsorten sich ebenfalls von dort vorkommenden Wildreben
ableiten. Mit der Annahme der Entstehung unserer
Rebsorten aus einheimischen Wildreben ließe sich auch
die in viele Tausende gehende Sorten-Aufspaltung der
Vitis vinifera erklären, die unverständlich bleibt bei der
Annahme der Einfuhr der Reben vom Süden her und
nachheriger vegetativer Vermehrung; denn es ist nicht
vorstellbar, daß alle die vielen Sorten, die heutzutage in
Mittel- und Westeuropa angepflanzt werden, durch die
Phönizier zu uns gekommen sind. Wenn das der Fall
wäre, müßten in Mitteleuropa, in Italien, Frankreich,
Spanien usw., die gleichen Sorten vorhanden sein, während
doch in Wirklichkeit jedes Land eine ganze Anzahl
eigener Rebsorten aufweist.

Die von den Erbforschungen der letzten Jahrzehnte
noch unberührte Anschauung über die Entstehung unseres
Weinbaues ging allerdings andere Wege. Man nahm
in diesen Kreisen allgemein an, hauptsächlich fußend
auf der im Jahre 1870 durch Hehn auf sprachvergleichende
Forschungen gestützten Ansicht, die ersten
Kulturreben unserer Vitis vinifera seien nach Mitteleuropa
eingeführt worden. Als deren Heimat werden die
asiatischen Gebirge zwischen Turkestan und Afghanistan
angesehen, also der Hindukusch, ein Gebiet, in welchem
sowohl die europäische Wildrebe (Vitis silvestris) die

Ostgrenze ihrer Verbreitung findet, als auch zahlreiche
ostasiatische Wildreben ihre westliche Verbreitungsgrenze
. Von hier soll auch die Kunst der Weinbereitung
und im Zusammenhang damit die Weinkultur selbst
stammen. Im Laufe vieler Jahrtausende seien hier aus
Wildreben Kulturreben gezüchtet worden. Schon 5000
Jahre vor Ghristi Geburt kannten die Ägypter Weinbau
und Weinbereitung. Von ihnen lernten es die Griechen
und die Römer. Durch die Phokäer (Phönizier) wurde
600 v. Chr. die griechische Kolonie Massalia, das römische
Massilia und heutige Marseille, gegründet. Es ist
deshalb wahrscheinlich, daß die Gründer auch einheimische
Reben mitbrachten.

Von Südfrankreich soll dann diese Kulturreibe durch
Menschen immer weiter nach Norden und durch die
Burgunder Pforte auch nach Oberdeutschland, zumal
nach dem heutigen Elsaß, nach Oberbaden und an die
Mosel gelangt sein.

Wenn aber im Rheintal, in Frankreich, Spanien,
Italien usw. von jeher Wildreben, ebenso wie im Hindukusch
, vorhanden waren, ist nicht einzusehen, warum
nicht auch aus den west- und mitteleuropäischen Wildreben
Kulturreben im Laufe der Jahrtausende herangezüchtet
worden sein sollen. Baden kann sich rühmen,
den ältesten Menschenfund der Erde zu besitzen (Homo
heidelbergensis von Mauer bei Heidelberg), der nach
allgemeiner Ansicht aus der Frühdiluvialzeit stammt, die
schon über eine halbe Million Jahre zurückliegt. Auch
aus späterer Zeit sind im Rheintal Funde von Mensehen-
siedlungen bekannt. Das Rheintal war mindestens seit
50 000 Jahren (Magdalenien-Kulturstuf e) von Menschen
besiedelt. Deshalb ist eine Entwicklung von Kulturreben
aus Wildreben auch bei uns sehr wahrscheinlich, und die
Importtheorie von Hehn ist nicht nötig, ium die Entstehung
unseres mittel- und westeuropäischen Weinbaus
zu erklären. Sie ist auch nicht imstande, das frühere
Vorkommen so vieler Rebsorten in unserem Lande
verständlich zu machen.

jöae Warfgcäflec OTembaugebi'et

Das Markgräfler Weinland umfaßt
etwa 1967 ha Rebfläche, wovon auf die Weinbaugemeinden
des Landkreises Freiburg 535 ha, auf
die Gemarkungen des Landkreises Müllheim
1Ö55 ha und auf die Orte des Landkreises Lörrach
377 ha entfallen. Die Rebfläche des Mark-
gräflerlandes ist wohl keine geschlossene, sie erstreckt
sich aber vom Basler Knie, das heißt schon
von Herten am Oberrhein über Wyhlen, das
' Grenzacher Horn bis vor die Tore der Breisgaustadt
Freiburg, und es reiht sich auf dieser etwa
70 km langen Strecke Weinort an Weinort.

Auf den den Schwarzwaldvorbergen vorgelagerten
Hügeln stehen vorwiegend auf der Süd-
und Südwestseite Reben und der sich bei Schallstadt
aus der Rheinebene erhebende Batzenberg
kann für sich in Anspruch nehmen, daß er allseits
mit Reben bepflanzt ist. Eine Reihe alter
Urkunden beweist, daß der Weinbau im Mark-
gräflerland mindestens 1200 Jahre alt ist und daß
Sorten und Kultur im Laufe der Jahrhunderte
gewechselt haben. Das Markgräfler Weinbaugebiet
hatte bis jetzt eine Eigenart aufzuweisen,

die anderswo kaum anzutreffen ist, und zwar
einen einheitlichen Charakter des Weines, der dadurch
bedingt wird, daß die vqr etwa 150 Jahren
in größerem Umfange zur Anpflanzung gekommene
Rebsorte, der Gutedel, den Hauptteil des
Rebbestandes bildet. Das im weinbaulichen Sinne
gemeinte Markgräflerland ist nicht gleichbedeutend
mit den Gebieten der ßinst regierenden
Markgrafen, aber der Markgräfler Wein kennt
keine Grenzen zwischen den einstigen Hoheitsgebieten
, und wer Markgräfler Wein verlangt,
denkt hierbei nur an-die mundigen milden und
harmonischen Gutedelweine, gleichgültig ob sie
in der Nähe Freiburgs oder in der Nähe von
Basel gewachsen sind. Neben der Sorte Gutedel
wurde früher noch in größerem Umfange die
Sorte Elbling teils in gemischten, teils in reinem
Satz besonders in den höher liegenden Gemarkungen
und in den Gemeinden mit leichteren
Lößböden und auch vorwiegend da angebaut, wo
auf dj.e Qualität weniger Wert gelegt wurde. In
sehr/ warmen und sonnenreichen Jahren war bei
der, früheren Kellerwirtschaft der säurereichere


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