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Die Markgrafschalt
13
Ullmcinn
Wandern, das heißt Sehnsucht tragen
nach der Sonne und nach Sonnenhöh'n,
nach den Bergen, die in Wolken ragen,
nach den Murmelquellen und den stillen Seen,
nach den Bäumen, die in blaue Lüfte greifen,
nach den Feldern, die zur Ernte reifen,
nach dem Grillenzirpen und dem Finkenschlagen:
Wandern, das heißt Sehnsucht tragen.
Wandern, das heißt Schönheit sehen,
mit beglücktem, Auge Wunder schauen,
wenn die Sonne glutet, wenn die Winde wehen,
wenn der Regen rieselt und die Nebel brauen, •
in der heü'gen Stille einer Sternennacht,
in des Morgenrots erhab'ner Pracht,
in des müden Tag's Vergehen:
Wandern, das heißt Schönheit sehen.
Wandern, das heißt stille halten
vor des Schöpfers hehrer Spur,
beten und die Hände falten
im Erfüllen der Natur,
die in tausend Wundern preist
Gottes Güte, Gottes Geist,
Gottes heiliges Schöpferwalten:
Wandern, das heißt stille halten.
Wandern, das heißt vorwärts streben,
frohen Muts nach Zielen gehen,
an dem Alltag sich erheben
und in lichte Fernen sehen,
Widrigkeiten überwinden,
stark und frei zur Höhe finden
und Vollbringerstolz erleben:
Wandern, das heißt vorwärts streben.
Wandern heißt die Welt entdecken,
in verborgene Winkel finden,
alter Gassen, stiller Flecken
Friedensseligkeit empfinden,
Ehrfurcht vor dem Alten hegen,
und das 'Vätererbe pflegen,
Freude auch aus Kleinstem wecken:
Wandern heißt die Welt entdecken.
Wandern, das heißt Güte üben,
hilfreich und barmherzig denken,
Baum und Halm und Würmlein lieben
und kein karges Leben kränken.
Wandern heißt den Treubund schließen
ich mit dir und wir mit andern,
daß von Liedern überfließen
unsre Herzen: das heißt wändern.
umgehen und an die Nachfolgenden denken,
sollst sauber und aufgeräumt die Hütte verlassen
, sie sorgsam verschließen und sollst auch
nicht • vergessen, ehrlich die Hütten-, und Holzgebühren
zu bezahlen.
7.
Du sollst nicht stehlen! Sollst anderen nicht
die Ruhe und den Bergfrieden stehlen und nicht
die Einsamkeit. Aber auch nicht Skistöcke, Skiriemen
, Markierungszeichen; auch nicht Blumen,
die der liebe Gott für alle Menschen hat wachsen
lassen, die aber trotzdem, wie Edelweiß und
Alpenrose, Enzian und Kohlröserl, Türkenbund
und so weiter, die Behörde durch Gesetze vor
dem Raub durch Deinesgleichen schützen muß.
Du sollst überhaupt die Blumen und die Felder
und die Bäume und das Gras schonen und auch
das Vieh und das Wild nicht beunruhigen. Du
sollst den Ameisenhaufen nicht zerstören, auch
nicht aus „Wissensdrang", und sollst, in Schnek-
ken, Blindschleichen und Fröschen nicht wilde
Tiere sehen, die ausgerottet werden müssen. Du
sollst die Berge als das Paradies betrachten, in
das Gott Dich Adam - Mensch gesetzt hat und
sollst helfen, seine Ursprünglichkeit und Heiligkeit
zu erhalten.
*
8.
Du sollst nicht lügen, prahlen, aufschneiden!
Auch die schwerste Bergfahrt ist ein Geringes,
wenn Du sie an anderen menschlichen Leistungen
mißt. Du sollst nicht anmaßend sein und
auch andere auf ihre Weise selig werden lassen.
Du sollst nicht fluchen und nicht schimpfen aufs
Wetter, Unterkunft oder Mitmenschen. Du sollst
Politik nicht in die Berge tragen. Du sollst
Glaube, Sitte und Brauch des Bergvolkes nicht
bewitzeln und bekritteln. Du sollst nicht vergessen
, daß Du nur Gast bist an des Bergvolks
Stätten, in den Bergen — und auf dieser Welt.
9.
Du sollst die Ehre Deines Vereines wahren,
nicht nur die des Vereins, dessen Zeichen Du
trägst, sondern auch die Ehre der großen Gemeinschaft
, die Dir die Berge erschloß, die einer
großen Idee und nicht nur Deiner Bequemlichkeit
dient, die für die Allgemeinheit schafft und
der anzugehören, an sich eine Ehre sein soll. Sei
stolz, Teil dieses Ganzen zu sein und dieses Gut
mit pflegen und verwalten zu dürfen. Und auch
die darfst du ruhig ehren und kannst vor ihnen
den Hut abnehmen, die das geschaffen, Dir das
geschaffen haben, die Meister, die einst den
ersten Weg zum Gipfel erkämpften, und die
Männer, die den letzten Stein in das Gebäude
der Bergerschließung einsetzten.
10.
Du sollst die Berge nicht durch Rekordsucht
entweihen, Du sollst ihre Seele suchen!
(Auszug aus dem Buch „Meine Berge" von Luis Trenker)
Der Weinort Laufen Fritz Kaiser
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