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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1955-09/0006
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Die Markigrafschaft

die von Westen, vom Rhein, herkommende
Stadtmauer auf die in Nord-Süd-Richtuhg verlaufende
Wehrmauer stieß. Auf alten Stichen
kann man an dieser Stelle einen bescheidenen
Bau mit einem Dachreiter erkennen. Es wird,
sich hierbei wohl um die ehemalige Franziskanerkirche
handeln. Im Generallandesarchiv zu
Karlsruhe befindet sich eine Urkunde aus dem
Jahre 1464; in ihr wird festgehalten, daß Kaspar
von I^euenfels und seine Hausfrau, Anna Weiß-
lin, drei Paar Engel, ein Paar in das Münster,
ein Paar in die Barfüßerkirche und eines nach
St. Johann stifteten, außerdem je ein Pfund
Stebler, „daß man wax kouffe und die ampel
beluchte, so man das sacrament ufheben will in
der hl. meß". Erwähnt wird die Kirche noch in
vielen Anniversärstiftungen, die vor dem Jahre
1500 gemacht wurden. Es ist als sicher anzunehmen
, daß sie nicht nur eine Kapelle, sondern
eine geräumige Kirche war. Dies geht aus der
Tatsache hervor, daß sie 1527 zur Pfarrkirche
erhoben wurde, nachdem das große Münster
durch die reißenden Wasser des Rheines in einer
gewaltigen Überschwemmung hinweggerissen
worden war mit dem westlichen schönsten Teil
der Stadt, sowie die im Vorland gelegene Vorstadt
. Altäre, die früher im Münster gestanden
waren, z. B. der Alexanderaltar, wurden hierher
verbracht. Da die Franziskanerkirche nunmehr
die Stelle der Hauptkirche einnahm, wurde sie
auch öfters „Münster" genannt. 1527 wurde sie
der Mutter Gottes geweiht, wie einst das Münster
und wie es mit allen Kirchen geschah, die
später noch auf dem gleichen Platze errichtet
wurden. Das Kirchweihfest wurde am Sonntag
nach Maria-Himmelfahrt begangen. 1675 wurde
sie im Holländischen Kriege mit der ganzen
Stadt durch die Franzosen zerstört. Vier Kirchen
wurden nach ihr noch auf dem gleichen Platze
erbaut. Die letzte und schönste wurde erst 1954
geweiht. Um die Kirche befand sich in jener Zeit
ein Friedhof, ursprünglich nur als Klosterfriedhof
benutzt, später aber auch für die Mitglieder
des III. Ordens des hl. Franziskus aus dem Weltstande
. Von 1527 an wurde er allgemeiner Friedhof
. Nach dem Dreißigjährigen Kriege war er
nur noch den eigentlichen Stadtbürgern vorbehalten
. Bei dem Aushub für das Fundament der
neuen Kirche wurde ein Grab angeschnitten, in
dem man eines der Pestgräber aus der Zeit des
Dreißigjährigen Krieges sehen muß. Die Gebeine
lagen in mehreren Schichten wirr aufgehäuft.
Vom Kloster selbst ist nur noch das mächtige
Kellergewölbe vorhanden, auf dem das heutige
Pfarrhaus errichtet wurde. Der Platz vor der
Kirche wurde heute zur Erinnerung Franziskanerplatz
benannt.

Was im allgemeinen das Wirken der Franziskaner
kennzeichnet, gilt auch für ihre Tätigkeit
in Neuenburg. Da sie manche päpstliche Privilegien
besaßen, die in die Rechte der Weltgeistlichen
eingriffen, z. B. das Recht überall zu predigen
und Beichte zu hören oder das Beerdigungsrecht
auch über nicht Ordensleute, waren
die Weltgeistlichen über dieses Wirken wenig
erfreut. Baur schreibt im Frb. Diöz. Arch. NF 2/20:
„Daß aber das Volk die neuen Mönche freudig

aufnahm, läßt sich begreifen, wenn man bedenkt,
daß die Franziskaner die Volksmissionen, die
Pastoralien, die Predigt, das Beichthören, mit
einem Worte: das Wirken unter dem Volk sich
zur Aufgabe genommen haben". Vor den Toren
der Stadt lag das Frauenkloster Gutnau. Es
unterstand der Regel des hl. Benedikt. Auch hier
waren die Franziskaner eingesetzt. „An den
Hauptfesten hatte der Prior von Bürgeln oder
ein anderer von St. Blasien beauftragter Klosterbruder
und außer diesen nur ein Beichtvater aus
dem Cisterzienserorden oder dem der niederen
Brüder zu funktionieren". Die Franziskaner fanden
in Neuenburg Beschützer und Freunde an
den Adels- und Patriziergeschlechtern. Zahlreiche
Schenkungsurkunden beweisen dies. Stadtpfarrer
David schreibt in seinen Aufzeichnungen
über die Geschichte der Stadt Neuenburg: „Die
Franziskaner waren 200 Jahre lang (1300—1500)
die eigentlichen Seelsorger hier; die alten Anniversarstiftungen
sind fast alle bei ihnen gemacht.
In den Kirchenordnungen für die Kapläne hier
ist vor 1527 immer nur die Rede von Residenzpflicht
und Chorgottesdienst. Die Franziskaner
haben die Seelsorge (Sakramentspendung, religiöse
Unterweisung, Predigt) ausgeübt. Deshalb
standen sie auch beim Volk in Achtung". Ein
Vermerk über eine der zahlreichen Stiftungen
sei hier angeführt: „1466, am Dienstag nach
Lichtmeß, vergaben Konrad Hesing des Rats und
seine Frau Ennelin, diese unter Beistand ihres
Vaters Hans Hase, in die Hände des Guardians
des Neuenburger Barfüßerklosters, Hans Weyscheide
, ihre Güter zu Schmidhofen und Gallenweiler
, die von Klevin Heseler zu Schmidhofen
um 14 Mutt Roggen jährlich gebaut werden, auf
daß alljährlich für sie, ihre Eltern Konrad und
Margareth Hesing und alle ihre Vodern und Verwandten
viermal im Jahr eine Jahrzeit mit Vigil
und Amt und hl. Messen durch alle Priester des
Convents gehalten und dies vorher von der Kanzel
verkündet werde, wobei sich aber K. Hesing
die Hälfte des jährlichen Zinses für seine Lebzeit
vorbehält, alles dies vor Bürgermeister und Rat
zu Neuenburg'4.

Diese Anniversarstiftungen wurden zum Teil
der Stadt selbst übergeben, weil der Orden kein
Eigentumsrecht besaß. Die Stadt setzte einen
eigenen ,, Pf leger*' ein, einen Rechner des Barfüßerklosters
. Im Jahre 1435 war es der oben
angeführte Konrad Hesing. Teilweise erfolgten
diese Stiftungen auch in die „Geraite", einen
Stiftungs- und Almosenfond. Die Brüder lebten
wegen ihrer Armutsverpflichtung im allgemeinen
vom Almosen der Bürgerschaft. Alle Freitag
wurde es von den Brüdern gesammelt. Auch die
Stadt spendete ihnen regelmäßig jeden Freitag
,,zwenzig Körner-Brotlin". Als nach Aufhebung
des Klosters die Pfarrgeistlichen diese Spende
für sich verlangten, da sie von da an die Seelsorgearbeit
des Ordens leisten mußten, wurde es
ihnen vom Stadtrat verweigert.

Sonst ist über die stille, unermüdliche Tätigkeit
der Franziskaner in Neuenburg nichts überliefert
. Als im 14. Jahrhundert König Ludwig
der Bayer vom Papst in Avignon mit dem Bann
belegt wurde, hatten die oberdeutschen Franzis-


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