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Die Marl^gra^schaft

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Schauen wir uns in unseren noch
bestehenden Volksbräuchen um, so
ist es, als sei der mächtige Herrgottsbaum
des Christentums immer
noch festgehalten und genährt von
den knorrigen, knorblichen Wurzeln
, tief ins Heidentum versenkt,
und als nistqten in seinem Gezweig
lustig zwitschernd wie pfiffige
Vöglein, alljährlich wiederkehrende
Bräuche, aus jener kuriosen Zeit
von vor zweitausend Jahren.

Aber, zuerst sei's gesagt: Brauchtum
ist eben nur dort noch zuhause,
wo Mensch und Natur eng zusammenwohnen
, wo noch Sonne, Mond
und Sterne, Sturm und sanfte
Winde das Jahr in Jahreszeiten
gliedern und nicht etwa der Abreißkalender
Tag um Tag das Jahr
zerpflückt.

Mit Weihnachten fängt es an.
Das ist des Lichtes Geburtstag. Ihm
gehen geheimnisvoll düstere Schatten
voran, Nebel und diesige Tage,
Schnee und Frost. Das sind des
Menschen schreckende Geister, denn
sie bringen Krankheit und gedrückte
Stimmung mit sich. Wenn erst die
Tage wieder längen! Bis dahin
haben dunkle Gewalten Macht über
Mensch und Vieh! Sie müssen vertrieben
werden, durch Zauber und
allerhand Orakelei.

Bei den Uralten zogen mit dem
dem Wiederaufstieg der Sonne gütige
Gottheiten segenbringend durch
das Land. Lichte Frauengestalten
folgten dem Zuge der Götter,
Berchta, die Segnende, Holda, die
huldvoll Gütige. Wir denken dabei sofort an das
Christkindel, das im weißen Kleide, mit Goldflitter
behangen, seine schönen Gaben verteilt
und an den bärtigen, buckeligen Hanstrapp, der
das Böse rügt und straft.

Der Glaube, daß um Weihnachten überirdische
Geister ihr Wesen treiben, Tote das Recht haben,
wiederzukehren, Das wilde Heer, Hexen und
böse Geister, nach christlichem Glauben die Teufel
also, ihr besonderes Wesen treiben, finden
wir heute noch in den buntesten Sagen „im
Gebirg", das heißt in den Vogesen. Wer in die
Mitternachtsmesse geht und bei der Wandlung
unter dem linken Arm vom Chor aus in das
Schiff hinunterschaut, der erkennt sofort die
Hexen, nur für ihn sichtbar, an dem Stück
Rasen, das sie auf dem Kopfe tragen. Wie bunt
zeigt sich hier die Phantasie des Volkes!

Aber kehren wir zu der Berchta zurück.
Schauen wir zu, was von ihr verblieben ist. Der
elsässische Schulmeister Konrad von Dangkrotz-
heim (| 1444) nennt in seinem „heiligen Namenbuch
" eine „milte bechte", die in den Weihnachtstagen
umzieht. Bis in unsere Zeit hat sich, unbewußt
, die dunkle Erinnerung an diese heid-

Am Heiligen Abend

Holzschnitt von Bodo Zimmermann

nische Göttin des Haushaltes bewahrt. Im ober-
elsässischen Dorfe Niedersept kam noch in
unserer „guten alten Zeit" die gespenstige
Hechelfrau zu den Spinnerinnen, die bis zum
Weihnachtsabend ihre neun Stränge Garn nicht
gesponnen hatten. Ähnliches erzählt man auch
im Sundgau von der „Hechelgauklere". Geiler
von Kaysersberg läßt sich recht über diesen Aberglauben
aus in seinem Predigtzyklus „Die Emeis".
Da heißt es in einer seiner Predigten: Die vor
der Zeit sterben, ehe Gott es ihnen zugedacht
hatte, wie jene, die in den Krieg ziehen und
erstochen werden, die müssen also noch lange
nach ihrem Tod umgehen (lauffen) bis das Ziel
kommt, das Gott ihnen gesetzt hat, wie es sein
göttlicher Wille ist. Und die, die also umgehen,
die gehen allermeist in den Fronfasten um, insbesondere
in den Fronfasten vor Weihnachten,
das ist die heiligste Zeit!

Man erzählt besonders gerne von Geistern,
die in der Weihenacht umgehen, weil sie eine
Pflicht versäumt haben, so die Priester, die ihre
drei ihnen auferlegten Messen nicht gelesen
haben. Versunkene und vergrabene Glocken

(Fortsetzung S. 10)


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